Entscheidungsstichwort (Thema)

Notwendige Beiladung bei Streit über Veräußerungsgewinn eines ausscheidenden Gesellschafters

 

Leitsatz (NV)

1. Bei Streit über Entstehung und Höhe eines Veräußerungsgewinns eines ausscheidenden Gesellschafters ist der den Anteil übernehmende Gesellschafter notwendig beizuladen.

2. Zum Veräußerungspreis gehört auch der Wert privater Verbindlichkeiten, von denen der erwerbende den ausscheidenden Gesellschafter freistellt.

3. Zur Ermittlung des Veräußerungsgewinns, wenn endgültige Vereinbarungen über seine Höhe nach dem Veranlagungszeitraum der Entstehung des Gewinns dem Grunde nach getroffen werden.

 

Normenkette

FGO § 60 Abs. 3; AO 1977 § 175 Abs. 1 Nr. 2, § 360 Abs. 3; EStG §§ 4-5, 12, 16

 

Tatbestand

Die Klägerin war Kommanditistin einer KG. Sie schied aufgrund ihrer Kündigung zum 31. Dezember 1975 aus der KG aus. Ihr Anteil ging zu je ‹ auf ihre beiden ebenfalls als Gesellschafter beteiligten Geschwister R und E über. Als Stamm hielten R und E danach wie zuvor zusammen mit der Klägerin insgesamt 1/3 der Anteile an der KG. Die beiden übrigen Stämme, die ebenso wie der Stamm der Klägerin aus den Abkömmlingen der Firmengründer bestanden, hielten ebenfalls insgesamt je 1/3 der Anteile der KG.

Nach dem Gesellschaftsvertrag vom 1. Januar 1958 erhielt ein ausscheidender Gesellschafter ein Ausscheidungsguthaben in Höhe seiner Kapitalkonten und etwaiger sonstiger buchmäßiger Guthaben zuzüglich des Anteils am Handelsbilanzgewinn des letzten Geschäftsjahrs. Außerdem sollten die stillen Reserven in den Buchansätzen abgeschriebener Wirtschaftsgüter berücksichtigt werden. Das Ausscheidungsguthaben war, soweit es nicht ausgezahlt wurde, vom Tage des Ausscheidens an zu verzinsen.

Im Zusammenhang mit dem Ausscheiden der Klägerin kam es nach längeren Auseinandersetzungen um die Höhe des Auseinandersetzungsguthabens zu Vereinbarungen zwischen der Klägerin und ihren beiden Geschwistern und zwischen der Klägerin und der KG.

In dem Vertrag zwischen der Klägerin und ihren beiden Geschwistern vom 10. Februar 1978 verpflichteten sich die Geschwister der Klägerin im Hinblick auf deren Ausscheiden aus der KG, die Klägerin ab 1. Januar 1976 aus ,,allen Verpflichtungen aus dem Übertragungsvertrag vom 23. Oktober 1971 zu befreien, insbesondere die vereinbarte lebenslängliche Unterhaltsrente an ihre Eltern von diesem Stichtag an gemeinsam, im Innenverhältnis also je zur Hälfte, zu bezahlen". Die Klägerin wurde gleichzeitig mit Zustimmung ihrer Eltern aus dem Übertragungsvertrag entlassen. Als ,,Gegenleistung" für die Befreiung aus der Verpflichtung übertrug die Klägerin aus ihren Auseinandersetzungsansprüchen gegen die KG und gegenüber den verbliebenen Gesellschaftern an ihre beiden Geschwister ,,zu gleichen Anteilen a) die Ansprüche an den stillen Reserven an abgeschriebenen Wirtschaftsgütern gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrags vom 1. 1. 1958 und b) die etwaigen Ansprüche an den seit dem am 1. 1. 1976 erfolgten Ausscheiden schwebenden Geschäften". Der Vertrag vom 10. Februar 1978 wurde als ,,Nachtrag zum Übertragungsvertrag vom 23. 10. 1971" bezeichnet. In diesem Übertragungsvertrag hatte der Vater der Klägerin dieser und ihren beiden Geschwistern aus Alters- und Gesundheitsgründen seinen Anteil an der KG zu je 1/3 übertragen. Dagegen übernahmen die Klägerin und ihre Geschwister die Vermögensabgabeschuld des Vaters und verpflichteten sich außerdem zur Zahlung einer (wertgesicherten) Leibrente in Höhe von monatlich mindestens . . . DM, die beim Tode des Vaters in Höhe von 60 v. H. an die Mutter bis zu deren Tode weiter zu zahlen war. Dazu heißt es im Vertrag weiter: ,,Bei Anfall von Arzt-, Apotheker-, Krankenhaus- und sonstigen besonderen Aufwendungen (z. B. für Diätverpflegung etc.) kann von den Berechtigten ein höherer Betrag verlangt werden. Die Höhe der Rente darf aber den Betrag von monatlich . . . DM im Innenverhältnis pro Kind also . . . DM monatlich nicht übersteigen." Im Vertrag vom 10. Februar 1978 gingen die Klägerin und ihre Geschwister, ohne daß davon die Rechtswirksamkeit des Vertrags berührt sein sollte, davon aus, daß die abgetretenen Ansprüche untereinander in etwa gleichwertig seien. Ferner wurde festgestellt, das der Klägerin ,,im übrigen noch zustehende Ausscheidungsguthaben" werde ,,entsprechend dem Gesellschaftsvertrag vom 1. 1. 1958 nach den Buchwerten (Kapitalkonten I und II) entsprechend der finanzamtlich geprüften und berichtigten Steuerbilanz zum 31. 12. 1975 berechnet".

In dem Vertrag zwischen der Klägerin und der KG sowie deren Gesellschaftern vom 18. Mai 1978 heißt es, zur Abfindung des Ausscheidungsguthabens der Klägerin werde ein ,,pauschaler Restbetrag in Höhe von . . . DM, zahlbar am 30. Juni 1978, vereinbart". Die Zahlung des Abfindungsguthabens erfolgte durch die KG.

Zu der Vereinbarung vom 18. Mai 1978 liegt eine Aktennotiz des Steuerberaters der KG vom 6. September 1978 vor, erstellt, nachdem die Klägerin wegen der sich für sie aus der Vereinbarung ergebenden steuerrechtlichen Folgen Bedenken geltend gemacht hatte. Danach war das Abfindungsguthaben der Klägerin zum 30. April 1978 unter Berücksichtigung insbesondere zwischenzeitlicher Entnahmen und bereits erfolgter Teilzahlung mit . . . DM ermittelt und waren die Zinsen für die Zeit von 1976 bis zur Auszahlung des Abfindungsrestbetrags pauschal mit je . . . DM für 1976 und 1977 und . . . DM für 1978, zusammen . . . DM, festgelegt worden. Alle Änderungen durch eine finanzamtliche Betriebsprüfung sollten die den Anteil der Klägerin übernehmenden Geschwister treffen; die Klägerin sollte davon weder positiv noch negativ betroffen sein. Aus dem Vergleich zwischen der Summe aus Guthaben zum 30. April 1978 und Zinsen einerseits und dem vereinbarten Abfindungsrestbetrag ergab sich eine ,,Minderzahlung" von . . . DM.

Die KG ermittelte den Barwert der abgelösten Rentenverpflichtung, gestützt auf ein versicherungsmathematisches Gutachten, mit . . . DM. Dem rechnete sie den Wert der von den Geschwistern der Klägerin übernommenen Vermögensabgabe hinzu. Nach Abzug der Minderzahlung von . . . DM errechnete sie hieraus einen Veräußerungsgewinn der Klägerin in Höhe von . . . DM. In dem gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (A0 1977) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheid 1975 vom 5. Oktober 1979 wurde ein entsprechender Veräußerungsgewinn festgestellt und der Klägerin zugerechnet.

Mit dem Einspruch dagegen machte die Klägerin geltend, die Übertragung der stillen Reserven auf ihre Geschwister sei unentgeltlich erfolgt; jedenfalls habe der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Gegenleistung zu hoch festgesetzt. Während des Einspruchsverfahrens erging aufgrund einer Betriebsprüfung bei der KG am 26. Oktober 1981 ein gemäß § 164 Abs. 2 AO 1977 geänderter Feststellungsbescheid 1975, in dem der Veräußerungsgewinn der Klägerin auf . . . DM festgestellt wurde. Die Änderungen gegenüber dem bisher festgestellten Veräußerungsgewinn ergaben sich aus einem verringerten Ansatz für den Barwert der Rentenverpflichtung, aus einer Erhöhung der ,,Minderzahlung" infolge Erhöhung des Kapitalkontos der Klägerin, aus dem Abzug von in den Jahren 1976 bis 1978 von der Klägerin verausgabten Kosten als Veräußerungskosten und der Berücksichtigung von Mehrsteuern der Klägerin aufgrund der Mehrgewinne lt. Betriebsprüfung. Bei den als Veräußerungskosten abgezogenen Beträgen handelte es sich um Gerichts- und Anwaltskosten, die der Klägerin im Zusammenhang mit der Geltendmachung ihres Auseinandersetzungsanspruchs entstanden sind, insbesondere um die Kosten einer vom LG im Hinblick auf eine gesellschaftsvertraglich vereinbarte Schiedsgerichtsklausel als unzulässig abgewiesene Klage auf Erstellung einer Abschichtungsbilanz und auf Bucheinsicht. Die Klage diente der Durchsetzung der Abfindungsansprüche der Klägerin. Die Gerichts- und Anwaltskosten waren bei den unter Nachprüfungsvorbehalt gemäß § 164 Abs. 1 AO 1977 ergangenen gesonderten und einheitlichen Gewinnfeststellungen 1976 bis 1978 als nachträgliche Sonderbetriebsausgaben der Klägerin außerbilanzmäßig abgezogen worden; sie wurden nunmehr im Änderungsbescheid vom 26. Oktober 1981 als Veräußerungskosten berücksichtigt. Die Klägerin legte gegen die geänderten Bescheide erneut Einspruch ein, der jedoch durch Einspruchsentscheidungen vom 11. Dezember 1981 und vom 5. April 1982 als unbegründet zurückgewiesen wurde.

Die Klage, mit der insbesondere geltend gemacht wurde, die Anteilsübertragung sei unentgeltlich erfolgt, jedenfalls sei der Veräußerungspreis zu hoch ermittelt worden, im pauschalen Abfindungsbetrag seien Zinsen nicht enthalten und die streitigen Gerichts- und Anwaltskosten seien keine Veräußerungskosten, blieb im wesentlichen ohne Erfolg. Das Finanzgericht (FG) hat die KG gemäß § 60 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO) beigeladen.

Dagegen richtet sich die vom FG gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zugelassene Revision der Klägerin, mit der Verletzung materiellen Rechts gerügt wird.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG und die Feststellungsbescheide 1975 bis 1978 aufzuheben, den Veräußerungsgewinn 1975 der Klägerin auf 0 DM festzusetzen und die in den Jahren 1976 bis 1978 angefallenen Prozeß- und Rechtsanwaltskosten der Klägerin zum Abzug als nachträgliche Betriebsausgaben zuzulassen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Das Urteil des FG war aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen, da das FG die notwendige Beiladung der Gesellschafter R und E unterlassen hat.

1. a) Sind an dem streitigen Rechtsverhältnis Dritte derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann, so sind sie gemäß § 60 Abs. 3 FGO beizuladen (notwendige Beiladung). Die Beiladung ist notwendig, wenn die Entscheidung nach Maßgabe des materiellen Steuerrechts notwendigerweise und unmittelbar Rechte oder Rechtsbeziehungen des Dritten (Beizuladenden) gestaltet, bestätigt, verändert oder zum Erlöschen bringt, insbesondere also in den Fällen, in denen das, was den einen Prozeßbeteiligten begünstigt oder benachteiligt, notwendigerweise umgekehrt den Dritten benachteiligen oder begünstigen muß (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Februar 1969 IV R 263/66, BFHE 95, 148, BStBl II 1969, 343).

b) Das FG hätte danach die Gesellschafter R und E beiladen müssen, so wie das FA diese Gesellschafter auch zum Einspruchsverfahren gemäß § 360 Abs. 3 AO 1977 hinzugezogen hat, und zwar aus folgenden Gründen: Streitig ist, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin 1975 einen Veräußerungsgewinn erzielt hat. Da der Klägerin von der KG nicht einmal der volle Buchwert ihrer Kapitalkonten vergütet wurde, konnte sich, wovon auch die Beteiligten ausgehen, ein Veräußerungsgewinn nur ergeben, wenn die Übernahme von Verpflichtungen der Klägerin durch deren Geschwister, insbesondere die Übernahme der Leibrentenverpflichtung gemäß Vertrag vom 10. Februar 1978 als Teil des von der Klägerin erzielten Veräußerungspreises anzusehen wäre. Veräußerungsgewinn bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils ist nämlich nach § 16 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) der Betrag, um den der Veräußerungspreis nach Abzug der Veräußerungskosten den nach § 5 EStG zu ermittelnden Buchwert des veräußerten Anteils übersteigt. Die Klägerin bestreitet die Entstehung eines Veräußerungsgewinns und macht geltend, es habe sich um die unentgeltliche Übertragung eines Mitunternehmeranteils (§ 7 Abs. 1 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV -) gehandelt; sie macht hilfsweise außerdem Einwendungen hinsichtlich der Höhe des Veräußerungsgewinns geltend. Bei dieser Sach- und Rechtslage kann darüber, ob und ggf. in welcher Höhe die Klägerin einen Veräußerungsgewinn erzielt, gegenüber der Klägerin und ihren den Anteil übernehmenden Geschwistern nur einheitlich entschieden werden. In Höhe des bei der Klägerin anzusetzenden Veräußerungspreises liegen nämlich bei den ihren Anteil übernehmenden Gesellschaftern zusätzliche Anschaffungskosten vor (BFH-Urteil vom 12. Januar 1983 IV R 180/80, BFHE 137, 481, BStBl II 1983, 595), die, falls nicht ein sofortiger Abzug unter dem rechtlichen Gesichtspunkt der Abfindung eines lästigen Gesellschafters in Betracht kommt, in einer steuerlichen Ergänzungsbilanz auszuweisen und, soweit sie auf abnutzbare Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens entfallen, im Wege der Absetzung für Abnutzung (AfA) nach § 7 EStG, im übrigen bei Veräußerung oder Verbrauch der Wirtschaftsgüter nach § 4 Abs. 4 EStG gewinnmindernd abzuziehen sind. Läge hingegen entsprechend dem Vortrag der Klägerin eine unentgeltliche Anteilsübertragung vor, so hätte der Vorgang keinen Einfluß auf die Höhe des Gewinns der Anteilsübernehmer. Die Entscheidung, ob und in welcher Höhe bei der Klägerin ein Veräußerungsgewinn entstanden ist, konnte somit auch gegenüber den Gesellschaftern R und E nur einheitlich ergehen, so daß diese, da sie selbst nicht Klage erhoben haben (§ 48 Abs. 1 Nr. 2 FGO), gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig beizuladen waren; zur Notwendigkeit der Beiladung, wenn die Entscheidung sich auf die Ergänzungsbilanz von Mitunternehmern der Personengesellschaft auswirkt vgl. auch BFH-Urteil vom 13. November 1980 IV R 86/79 (BFHE 132, 186, BStBl II 1981, 272). Wegen des engen sachlichen Zusammenhangs der Streitfragen des Jahres 1975 und der der Jahre 1976 bis 1978 gilt dies auch für letztere.

2. Aus Gründen der Prozeßökonomie bemerkt der Senat zu den streitigen Fragen, ohne das FG für seine erneute Entscheidung binden zu können, folgendes:

a) Zutreffend hat das FG entschieden, daß die Klägerin ihren Anteil an der KG entgeltlich an R und E veräußert und dabei einen Veräußerungsgewinn i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG erzielt hat.

aa) Zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören nach § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG auch Gewinne, die bei der Veräußerung eines Mitunternehmeranteils an einer Personengesellschaft erzielt werden. Auch beim Ausscheiden eines Gesellschafters aus einer Personengesellschaft gegen Zahlung der dem Ausscheidenden nach dem Gesellschaftsvertrag zustehenden Abfindung handelt es sich um eine Anteilsveräußerung in diesem Sinne; dabei ist der Veräußerungsgewinn im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der Gesellschaft realisiert (BFH-Urteil vom 26. Juli 1984 IV R 10/83, BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786).

Im Streitfall ist, wovon auch alle Beteiligten ausgehen, die Klägerin aufgrund ihrer Kündigung zum 31. Dezember 1975 aus der KG ausgeschieden, so daß der Veräußerungsgewinn im Veranlagungszeitraum 1975 entstanden ist.

bb) Zutreffend hat das FG als Teil des erzielten Veräußerungspreises auch den Barwert der Verpflichtung berücksichtigt, die die Erwerber mit Vertrag vom 10. Februar 1978 übernommen haben. Gegenleistung und damit Teil des Veräußerungspreises ist auch eine Verpflichtung zur Freistellung von einer privaten nicht bilanzierten Schuld des Veräußerers gegenüber einem Dritten durch befreiende Schuldübernahme, z. B. der Anspruch, daß der Erwerber private Steuerschulden des Veräußerers übernimmt oder den Veräußerer von einer privaten Leibrentenverpflichtung freistellt (vgl. BFH-Urteil vom 28. September 1967 IV 288/62, BFHE 90, 324, BStBl II 1968, 76, für die Übernahme der Vermögensabgabe nach dem Lastenausgleichsgesetz - LAG -, und Urteil in BFHE 137, 481, BStBl II 1983, 595, für die Übernahme einer Verpflichtung zur Zahlung wiederkehrender Bezüge).

cc) Dieser Beurteilung steht im Streitfall auch nicht entgegen, daß die Anteilserwerber Geschwister der Klägerin waren und daß die übernommenen Verpflichtungen teilweise, nämlich soweit es sich um die Verpflichtung zu Versorgungsleistungen an die Eltern und die Übernahme der Vermögensabgabe handelte, von der Klägerin im Jahre 1973 im Rahmen einer als unentgeltlich anzusehenden Anteilsübertragung durch den Vater übernommen worden waren. Verträge zwischen nahen Angehörigen sind nach ständiger Rechtsprechung des BFH auch steuerrechtlich jedenfalls dann anzuerkennen, wenn sie auf klaren und eindeutigen Vereinbarungen vor Beginn des Leistungsaustausches beruhen und wenn sie nach Inhalt und Durchführung dem zwischen Fremden Üblichen entsprechen (BFH-Urteil vom 13. November 1986 IV R 322/84, BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121, m. w. N.). Dem liegt die Erwägung zugrunde, nur auf diese Weise könne sichergestellt werden, daß die Vertragsbeziehungen und die auf ihnen beruhenden Leistungen tatsächlich dem betrieblichen und nicht, z. B. als Unterhaltsleistungen, dem privaten Bereich (§ 12 Nrn. 1 und 2 EStG) zuzurechnen sind (Urteil in BFHE 148, 168, BStBl II 1987, 121). Im Streitfall hat diese Erwägung entgegen der Auffassung der Revision keinen Raum. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist die Klägerin nach Meinungsverschiedenheiten mit den übrigen Gesellschaftern aufgrund eigener Kündigung aus der Gesellschaft ausgeschieden, hat alsdann ihr Auseinandersetzungsguthaben eingefordert, zu diesem Zweck Klage beim Landgericht erhoben und - nach Verweisung auf das im Gesellschaftsvertrag vorgesehene Schiedsgericht - versucht, in langwierigen, schließlich im Jahre 1978 abgeschlossenen Verhandlungen ihre Ansprüche durchzusetzen. Daß hierbei private Erwägungen keine Rolle gespielt haben und die Klägerin sich ausschließlich von dem Bestreben leiten ließ, die ihr nach ihrer Auffassung zustehenden Ansprüche durchzusetzen, liegt auf der Hand. Dies gilt auch für die Vereinbarung vom 10. Februar 1978. Sie stellt, wie sich schon aus der Bezugnahme auf das Ausscheiden der Klägerin aus der KG und dem Hinweis ergibt, das der Klägerin im übrigen noch zustehende Ausscheidungsguthaben werde nach den Buchwerten der Kapitalkonten berechnet, eine die Vereinbarung vom 18. Mai 1978 ergänzende bzw. vorbereitende Regelung dar. Dieser innere Zusammenhang ergibt sich schließlich auch daraus, daß die Klägerin mit dem Vertrag vom 10. Februar 1978 im Ergebnis eine über den Buchwert ihres Kapitalvermögens hinausgehende Beteiligung am Gesellschaftsvermögen, nämlich an stillen Reserven und Gewinnen aus schwebenden Geschäften durchsetzte. Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, daß die Bewertung der Verpflichtung gegenüber den Eltern mit Schwierigkeiten verbunden war und auch die stillen Reserven nicht zahlenmäßig festgestellt worden sind. Zutreffend hat das FG insoweit dargelegt, es sei angesichts der Umstände, insbesondere nach Abweisung der Klage durch das Landgericht und angesichts der Ungewißheiten hinsichtlich des Ausgangs eines Schiedsgerichtsverfahrens, nicht unwahrscheinlich, daß sich auch ein fremder Dritter mit einer derartigen Abgeltung gesellschaftsrechtlicher Ansprüche zufrieden gegeben hätte. Zutreffend hat das FG es auch abgelehnt, aus der Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung vom Vater auf die Klägerin und deren Geschwister im Jahre 1973 die Unentgeltlichkeit der Anteilsübertragung von der Klägerin auf deren Geschwister herzuleiten. Der Senat hat es schon in dem Urteil in BFHE 137, 481, BStBl II 1983, 595, 597 abgelehnt, aus der Unentgeltlichkeit des privaten Erwerbs eines Mitunternehmeranteils Schlüsse im Sinne einer Unentgeltlichkeit auch der Veräußerung dieses Anteils zu ziehen, weil das Veräußerungsentgelt (teilweise) in der Übernahme einer anläßlich des unentgeltlichen Erwerbs begründeten Leibrentenverpflichtung bestand. Im Streitfall wollte die Klägerin, wie dargelegt, für die Übertragung ihres gesamten Anteils, auch soweit er ihr 1973 vom Vater unentgeltlich zugewendet worden war, eine höchstmögliche Abfindung erzielen. Zu diesem Zweck hat sie nicht nur mit der KG, sondern auch mit ihren Geschwistern, auf die ihr Anteil übergehen sollte, verhandelt und so eine weitere Gegenleistung für die Übertragung ihres Anteils durchgesetzt.

dd) Der Erfassung des Veräußerungsgewinns im Streitjahr 1975 steht nicht entgegen, daß die Vereinbarungen über die Höhe des Veräußerungspreises erst nach längeren Auseinandersetzungen im Jahre 1978 zustande gekommen sind. Der Veräußerungsgewinn der Klägerin war, wie bereits dargelegt (vgl. Buchst. a), mit dem Ausscheiden der Klägerin aufgrund ihrer Kündigung am 31. Dezember 1975 entstanden; er stand zu diesem Zeitpunkt lediglich der Höhe nach nicht fest. Wie der Senat bereits mehrfach entschieden hat (vgl. Urteil in BFHE 141, 488, BStBl II 1984, 786), müssen nachträgliche Ereignisse, die die Höhe des Veräußerungsgewinns beeinflussen, auf den Zeitpunkt der Übertragung zurückbezogen werden; sie beeinflussen die Steuerschuld dieses Jahres. Das hat, sofern für das Veräußerungsjahr bereits ein Steuerbescheid ergangen ist, zur Folge, daß dieser Bescheid mit Eintritt des rückwirkenden Ereignisses gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO 1977 zu ändern ist. Dementsprechend sind die Vereinbarungen vom 10. Februar und vom 18. Mai 1978 zutreffend auch schon von Anbeginn an bei der Feststellung des Veräußerungsgewinns berücksichtigt worden, zunächst im Bescheid vom 5. Oktober 1979, später - unter Berücksichtigung der Änderungen lt. Betriebsprüfung - im Bescheid vom 26. Oktober 1981.

b) Auch die Ausführungen des FG zur Höhe des Veräußerungsgewinns, soweit diese in der Revision noch streitig ist, lassen Rechtsfehler nicht erkennen.

aa) Die Frage, ob und ggf. in welcher Höhe in der vereinbarten pauschalen Abschlußzahlung ein Zinsbetrag enthalten ist, ist vornehmlich nach der hierzu ergangenen Vereinbarung der Parteien zu beantworten. In diesem Zusammenhang ist von Bedeutung, daß nach dem Gesellschaftsvertrag das Auseinandersetzungsguthaben, soweit nicht ausgezahlt, vom Tage des Ausscheidens an zu verzinsen war. Nach den tatsächlichen Feststellungen des FG ist auch über die Verzinsung des Guthabens verhandelt worden. Da die Klägerin keine Veranlassung hatte, auf ihr zustehende Ansprüche zu verzichten, entspricht die Annahme des FG, in dem Abfindungsbetrag sei auch ein Zinsanteil enthalten, sowohl den getroffenen Feststellungen wie auch der Lebenserfahrung. Unerheblich ist, daß auch die Höhe der Zinsen nicht detailliert, sondern pauschal ermittelt worden ist.

bb) Dem FG kann im Ergebnis auch darin zugestimmt werden, daß die in den Streitjahren 1976 bis 1978 verausgabten Rechtsanwalts- und Gerichtskosten zu den den Veräußerungsgewinnen mindernden Veräußerungskosten i. S. des § 16 Abs. 2 EStG gehören. Veräußerungskosten in diesem Sinne sind nach der Rechtsprechung des BFH die Aufwendungen, die in unmittelbarer sachlicher Beziehung zum Veräußerungsvorgang stehen (BFH-Urteil vom 12. Juli 1984 IV R 76/82, BFHE 141, 522, BStBl II 1984, 713, m. w. N.). Die Rechtsanwalts- und Gerichtskosten sind nach den Feststellungen des FG angefallen, weil die Klägerin Prozesse mit dem Ziel geführt hat, mit Hilfe einer von der KG aufzustellenden Abschichtungsbilanz und gestützt auf die begehrte Bucheinsicht das ihr zustehende Abfindungsguthaben zu ermitteln und einzufordern. Die Prozeßführung und die damit verbundenen Kosten waren somit unmittelbar durch den Veräußerungsvorgang, nämlich den kündigungsbedingten Übergang des Anteils der Klägerin veranlaßt. Dem Abzug der Kosten als Veräußerungskosten steht auch nicht entgegen, daß sie erst in den Streitjahren 1976 bis 1978 verausgabt worden sind. Ob allgemein Kosten, die in einem Veranlagungszeitraum nach dem Veranlagungszeitraum der Betriebsveräußerung angefallen sind, sachlich aber in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Veräußerungsvorgang stehen, als Veräußerungskosten zu behandeln sind oder ob auch für Veräußerungskosten das Prinzip der Abschnittsbesteuerung gilt (vgl. hierzu Bödinghaus/Klevermann, Der Betrieb - DB - 1987, 120; Rödder; DB 1988, 151, und Urteil des FG München vom 23. Mai 1985, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1986, 23, für den Fall des Anfalls von Kosten in einem Veranlagungszeitraum vor dem Anfall der begünstigten Erträge), kann dahinstehen. Im Streitfall sind nämlich, wie dargelegt, jedenfalls die Ereignisse, die nachträglich und rückwirkend die Höhe des Veräußerungspreises bestimmt haben, nämlich die Vereinbarungen vom 10. Februar 1978 und vom 18. Mai 1978, bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns zu berücksichtigen. Dann ist es aber geboten, auch die Kosten, die im Vorfeld dieser Vereinbarungen angefallen sind, in demselben Jahr zu erfassen. Andernfalls käme es zu einer nicht gerechtfertigten Begünstigung, da die Veräußerungskosten nicht den begünstigten Veräußerungsgewinn, sondern nicht begünstigte Einkünfte anderer Veranlagungszeiträume mindern würden.

cc) Zu Recht hat das FG auch die Übernahme der Krankheitskosten bei der Bemessung des Veräußerungspreises berücksichtigt. Besteht das Entgelt für die Veräußerung eines Betriebs oder eines Mitunternehmeranteils nicht in Geld, sondern in einer Sachleistung oder, wie im Falle des Urteils in BFHE 137, 481, BStBl II 1983, 595 in der Befreiung von einer Verbindlichkeit zur Leistung wiederkehrender Bezüge, so ist, wie sich mittelbar aus § 16 Abs. 3 Satz 3 EStG ergibt, für die Ermittlung des Veräußerungsgewinns insoweit vom gemeinen Wert (§ 9 des Bewertungsgesetzes - BewG -) der Gegenleistung auszugehen (BFH-Urteil vom 19. Januar 1978 IV R 61/73, BFHE 124, 327, BStBl II 1978, 295). Zutreffend ist das FG für die Wertermittlung demnach auch von der Regelung des § 15 Abs. 3 BewG ausgegangen, nach der bei Leistungen, die ihrem Betrag nach ungewiß sind oder schwanken, als Jahreswert der Betrag zugrunde zu legen ist, der in Zukunft im Durchschnitt der Jahre voraussichtlich anfallen wird. Die insoweit erforderlichen Berechnungen und Schätzungen liegen vornehmlich im Bereich der Tatsachenfeststellung, die dem FG obliegt. Die Revision hat insoweit lediglich vorgetragen, die in der Vergangenheit angefallenen Krankheitskosten seien niedriger als die vom FG geschätzten Kosten. Diesem Hinweis kommt schon deshalb keine Bedeutung zu, weil bei zunehmendem Alter mit erfahrungsgemäß höheren Krankheitskosten zu rechnen ist. Auch der Hinweis der Revision auf § 6 BewG führt nicht zu einem anderen Ergebnis. Wird eine Verbindlichkeit übernommen, so kommt es für deren Berücksichtigung als Teil des Veräußerungspreises i. S. des § 16 EStG nur darauf an, ob sie einen feststellbaren gemeinen Wert hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 62385

BFH/NV 1990, 31

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