Leitsatz (amtlich)

Ist eine Person am Besitzunternehmen als stiller Gesellschafter und am Betriebsunternehmen in der Rechtsform einer Kapitalgesellschaft als Gesellschafter in unterschiedlicher Höhe beteiligt, so fehlt es im allgemeinen an der für die Annahme einer Betriebsaufspaltung erforderlichen Gleichheit der Beteiligten an beiden Unternehmen.

 

Normenkette

GewStG § 2

 

Tatbestand

Der Revisionsbeklagte (Steuerpflichtige) betrieb ursprünglich auf einem eigenen Fabrikgrundstück die Herstellung von Küchenmöbeln und Wohnzimmerschränken. Im Jahr 1952 verpachtete er das gesamte bewegliche und unbewegliche Anlagevermögen an eine neu gegründete GmbH, an der er selbst mit 45 v. H., seine Ehefrau mit 35 v. H., seine Tochter mit 10 v. H. und sein Schwager mit 10 v. H. beteiligt waren. Der Revisionskläger (FA) nahm einen Fall der Betriebsaufspaltung an und zog den Steuerpflichtigen mit den aus der Verpachtung des Betriebsvermögens erzielten Einkünften zur Gewerbesteuer heran.

Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Auf die Berufung hin, die außerdem die Bilanzierung von Pachtanlage-Erneuerungsansprüchen und die Hinzurechnung der Anteile des Steuerpflichtigen an der GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen betraf, hob das FG die Gewerbesteuermeßbescheide für die Streitjahre 1956 bis 1960 und die Einspruchsentscheidung ersatzlos auf. Das FG hat die Rechtsprechung des BFH über die Betriebsaufspaltung abgelehnt, weil in ihr ein unzulässiger Durchgriff durch die Rechtsform der juristischen Person liege. Die Selbständigkeit der Kapitalgesellschaft führe nicht nur zur Anerkennung von vertraglichen Beziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschaftern, vielmehr dürfe auch die Beurteilung der Einkunftsart nicht durch die finanzielle Beherrschung der Gesellschaft durch den Gesellschafter beeinflußt werden. Die Rechtsprechung des BFH lasse sich auch nicht mit Art. 3 GG vereinbaren. Ein Steuerpflichtiger, der Vermögen an eine von ihm beherrschte Kapitalgesellschaft verpachte, werde steuerlich stärker belastet als ein Steuerpflichtiger, der einen solchen Pachtvertrag mit einer natürlichen Person oder mit einer von ihm nicht beherrschten juristischen Person abschließe. Selbst wenn man aber der Auffassung des BFH folgen wollte, würde das im Streitfall nicht zur Gewerbesteuerpflicht des Steuerpflichtigen führen. Denn dieser beherrsche die GmbH nicht. Die ernsthaft gewollten und auch durchgeführten Beteiligungen der Ehefrau und der Tochter des Steuerpflichtigen könnten dem Steuerpflichtigen nicht zugerechnet werden.

Mit der Revision hält das FA an der Rechtsprechung des BFH über die Gewerbesteuerpflicht bei Betriebsaufspaltung fest. Die Voraussetzungen für die Anwendung dieser Rechtsprechung seien im Streitfall erfüllt. Der Steuerpflichtige beherrsche die GmbH, weil die Anteile seiner Ehefrau und seiner Tochter bei ihm zu berücksichtigen seien.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die einheitlichen Gewerbesteuermeßbeträge wie folgt festzusetzen:

für 1956 auf 1 263 DM,

für 1957 auf 1 117 DM,

für 1958 auf 1 362 DM,

für 1959 auf 1 487 DM,

für 1960 auf 1 664 DM.

Das FA beantragt ferner, den Pachtanlage-Erneuerungsanspruch zu aktivieren und die Anteile des Steuerpflichtigen an der GmbH zum notwendigen Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen mit den Anschaffungskosten hinzuzurechnen.

Der Steuerpflichtige beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Aus den Gründen:

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 4 FGO).

Der BFH hat an der Gewerbesteuerpflicht des Verpächters bei einer Betriebsaufspaltung trotz aller Einwendungen bis in die jüngste Zeit hinein festgehalten (BFH-Urteil I 76/64 vom 24. Januar 1968, BFH 91, 368, BStBl II 1968, 354, mit weiteren Angaben über die Rechtsprechung). Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Rechtsprechung abzuweichen, zumal das BVerfG inzwischen entschieden hat, daß die Rechtsgrundsätze des BFH zur Behandlung der Betriebsaufspaltung im Gewerbesteuerrecht verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind (Beschluß 1 BvR 136/62 vom 14. Januar 1969, BStBl II 1969, 389).

Voraussetzung für die Annahme einer Betriebsaufspaltung ist aber, daß am Besitzunternehmen und am Betriebsunternehmen im wesentlichen dieselben Personen beteiligt sind (BFH-Urteil I 76/64, a. a. O.). Diese Voraussetzung ist im Streitfall nicht erfüllt.

Durch die Beteiligung des Schwagers des Steuerpflichtigen wird die erforderliche wirtschaftliche Gleichheit der Beteiligten an beiden Unternehmen zerstört. Der IV. Senat des BFH hat allerdings in dem Urteil IV 121/59 vom 8. September 1960 (StRK, Gewerbesteuergesetz, § 2 Abs. 1, Rechtsspruch 125) in der Gewerbesteuersache 1952 bis 1955 des Steuerpflichtigen die Beteiligung des Schwagers als kein Hindernis angesehen, eine Betriebsaufspaltung anzunehmen. Dem kann der Senat nicht folgen. Der Schwager war an der GmbH in Höhe von 10 v. H. und, wie der Steuerpflichtige selbst im Schriftsatz vom 14. November 1962 vor dem FG ausgeführt hat und wie sich aus dem einschlägigen Teil des Betriebsprüfungsberichts ergibt, an dem Einzelunternehmen des Steuerpflichtigen als stiller Gesellschafter mit einem Gewinnanteil von 30 v. H. beteiligt. Bereits die Verschiedenheit der Höhe dieser Beteiligungen erweckt Zweifel an der Gleichheit der Beteiligten, weil nur geringfügige Verschiebungen im Beteiligungsverhältnis unbeachtlich sind. Dazu kommt, daß die stille Beteiligung am Unternehmen eines Kaufmanns und der Geschäftsanteil an einer GmbH ihrer Art nach so verschieden sind, daß sie im allgemeinen nicht gleichgesetzt werden können.

Da somit schon die Beteiligung des Schwagers die Gleichheit der Beteiligten an den beiden Unternehmen beseitigt, braucht der Senat nicht zu prüfen, ob die Beteiligungen der Ehefrau und der Tochter des Steuerpflichtigen an der GmbH dem Steuerpflichtigen zugerechnet werden könnten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 68892

BStBl II 1970, 223

BFHE 1970, 522

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