Leitsatz (amtlich)

Die Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Rahmen von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen unterliegt dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 nur insoweit, als sie nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte abrechenbar ist.

 

Orientierungssatz

Ausführungen und Rechtsprechung zum Berufsbild eines Rechtsanwalts und zur berufsmäßigen Tätigkeit des Konkursverwalters und Vergleichsverwalters. Die Tätigkeit des Vergleichsverwalters ist eine der Tätigkeit des Vermögensverwalters ähnliche Tätigkeit, die nicht unter § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG fällt (Anschluß an BFH-Urteil vom 29.3.1961 IV 404/60 U).

 

Normenkette

UStG 1967 § 12 Abs. 2 Nr. 5; UStG 1973 § 12 Abs. 2 Nr. 5; EStG § 18 Abs. 1 Nrn. 1, 3

 

Verfahrensgang

Niedersächsisches FG (Entscheidung vom 02.06.1978; Aktenzeichen V 40/78)

 

Tatbestand

Der Kläger ist Rechtsanwalt. In den Streitjahren 1973 und 1974 überwogen betragsmäßig seine Umsätze aus der Tätigkeit als Konkursverwalter und als Vergleichsverwalter. Die Bruttoeinnahmen aus dieser Tätigkeit betrugen 1973 156 092,49 DM und 1974 104 459,07 DM. Der Kläger errechnete aus diesen Beträgen die Umsatzsteuer mit dem ermäßigten Steuersatz von 5,5 v.H. Das Finanzamt (Beklagter) vertrat die Auffassung, es handle sich insoweit nicht um Umsätze aus begünstigter freiberuflicher Tätigkeit im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.1 des Einkommensteuergesetzes, sondern um solche aus sonstiger selbständiger Arbeit im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.3 des Einkommensteuergesetzes. Es rechnete demzufolge die Steuer mit dem Steuersatz von 11 v.H. aus den Einnahmen heraus. Dadurch ergaben sich Bemessungsgrundlagen von 140 624 DM (1973) und 94 108 DM (1974).

Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Mit der Klage hat der Kläger die Anwendung des ermäßigten Steuersatzes und die entsprechende Festsetzung der Umsatzsteuer für 1973 und 1974 beantragt. Das Finanzgericht hat der Klage stattgegeben (veröffentlicht in EFG 1978, 516) und die Umsatzsteuer 1973 um 7 331,12 DM auf 10 749,88 DM und die Umsatzsteuer 1974 um 4 906,20 DM auf 10 117,40 DM herabgesetzt. Es war der Ansicht, mit dem ausdrücklichen Anschluß des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 an § 18 Abs.1 Nr.1 EStG habe der Gesetzgeber zum Ausdruck gebracht, die einkommensteuerrechtliche Regelung für das Umsatzsteuerrecht übernehmen zu wollen; einkommensteuerrechtlich werde aber die Konkursverwaltung durch einen Rechtsanwalt Ausübung eines freien Berufs und damit von § 18 Abs.1 Nr.1 EStG erfaßt und nicht von der Auffangregelung des § 18 Abs.1 Nr.3 EStG.

Mit der Revision rügt das Finanzamt Verletzung des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973: Die Vorschrift begünstige nur berufstypische freiberufliche Tätigkeitsarten. Das seien bei einem Rechtsanwalt Beratung und Vertretung in Rechtsangelegenheiten, nicht aber Konkurs- und Vergleichsverwaltungen. Solche würden auch von Angehörigen anderer Berufsgruppen ausgeübt.

Das Finanzamt beantragt, das Urteil des Finanzgerichts aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision des Finanzamts ist begründet. Das angefochtene Urteil war aufzuheben und die Sache an das Finanzgericht zurückzuverweisen (§ 126 Abs.3 Nr.2 FGO).

Gemäß § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 ermäßigt sich die Steuer auf die Hälfte des allgemeinen Steuersatzes für die Lieferungen und sonstigen Leistungen sowie den Eigenverbrauch aus der Tätigkeit als Angehöriger eines freien Berufes im Sinn des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG. Der Senat hat in ständiger Rechtsprechung der Vorschrift zum einen die Voraussetzung der Zugehörigkeit zu einem in § 18 Abs.1 Nr.1 EStG aufgeführten Berufe und zum anderen die Voraussetzung entnommen, daß der begünstigte jeweilige Umsatz als sog. berufstypische Tätigkeit ausgeführt wird (vgl. Beschluß vom 19.Februar 1981 V B 50/79, BFHE 132, 351, BStBl II 1981, 412 mit Nachweisen).

1. Als Rechtsanwalt erfüllt der Kläger die Voraussetzung der Berufszugehörigkeit. § 18 Abs.1 Nr.1 Satz 2 EStG nennt ausdrücklich die selbständige Berufstätigkeit der Rechtsanwälte als eine der freiberuflichen Tätigkeiten.

2. Die weitere Voraussetzung der berufstypischen Tätigkeit ergibt sich aus der Gesetzesformulierung "aus der Tätigkeit als ..." in § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973. Leistungen eines Rechtsanwalts im Rahmen von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen werden somit nur dann nach § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 als freiberufliche Tätigkeit mit dem ermäßigten Steuersatz erfaßt, wenn sie als selbständige berufstypisch Tätigkeiten eines Rechtsanwalts --wie in § 18 Abs.1 Nr.1 EStG angeführt-- erbracht werden. Berufstypisch ist eine Tätigkeit, wenn sie zum Berufsbild eines freien Berufs i.S. des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG gehört (BFHE 132, 351; BStBl II 1981, 412).

a) Das Berufsbild eines Rechtsanwalts hat der Senat bereits in seinen Urteilen vom 4.Dezember 1980 V R 27/76 (BFHE 132, 136; BStBl II 1981, 193 --Rechtsanwalt als Vormund--) und vom 9.April 1981 V R 104/79 (BFHE 133, 234; BStBl II 1981, 545 --Rechtsanwalt als Verbandsgeschäftsführer--) anhand des Berufsrechts nach der Bundesrechtsanwaltsordnung definiert. Der Rechtsanwalt ist Organ der Rechtspflege, er übt einen freien Beruf aus und ist der berufene unabhängige Berater und Vertreter in allen Rechtsangelegenheiten (§§ 1-3 BRAO). Das Berufsbild wird demnach geprägt von der Aufgabe, in allen Rechtsangelegenheiten eigenverantwortlich Rechtsrat zu erteilen und für Rechtsuchende deren Rechtsangelegenheiten zu besorgen (vgl. BGH-Beschluß vom 17.Januar 1977 AnwZ (B) 23/76, BGHZ 68, 62). Der Senat hat im Anschluß an die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGHZ 68, 62) bereits die Auffassung vertreten, daß von den anderen, nicht das Berufsbild prägenden Tätigkeiten eines Rechtsanwalts nicht jede außerjuristische, auch nicht jede kaufmännische (insbesondere auch nicht jede verwaltende) Tätigkeit mit dem Berufsbild des Rechtsanwalts unvereinbar ist (BFHE 132, 136, BStBl II 1981, 193). Ein gewisser Bereich vermögensverwaltender Tätigkeit ist ohnehin vom Aufgabenbereich des Rechtsanwalts unmittelbar erfaßt; seine Zuständigkeit zur Besorgung von Rechtsangelegenheiten ist nicht auf die Erteilung von Rechtsrat beschränkt, sondern umfaßt auch die Übernahme derjenigen Tätigkeiten für den Mandanten, die der Rechtsanwalt für richtig hält (BGHZ 68, 62). Rechtsbesorgung in diesem Sinne ist z.B. auch die Einziehung von Forderungen für einen Dritten oder die Kreditvermittlung, wenn der Rechtsanwalt gerade in dieser Eigenschaft damit beauftragt wurde und sich um die Klärung der rechtlichen Voraussetzungen einer Kreditgewährung kümmern muß (vgl. BGH-Urteil vom 26.Oktober 1955 VI ZR 145/54, BGHZ 18, 340).

b) Die Übernahme von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen ist keine dem Rechtsanwaltsberuf vorbehaltene oder ihn in besonderer Weise charakterisierende Tätigkeit. So kann insbesondere nicht allein aus dem Umstand, daß ein Rechtsanwalt zum Konkurs- und Vergleichsverwalter bestellt wird, geschlossen werden, die --spätere-- Tätigkeit, die während des Insolvenzverfahrens ausgeführt wird, sei insgesamt eine berufstypische anwaltliche Tätigkeit (vgl. bereits BFH-Urteil vom 29.März 1961 IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306 zu § 18 EStG).

Der Konkursverwalter wird vom Amtsgericht als dem Konkursgericht ernannt (§§ 71, 78 Abs.1 und 110 KO). Er erhält die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das zur Konkursmasse gehörige Vermögen anstelle des Gemeinschuldners (§ 6 Abs.2 KO); er ist damit Verwalter eines Sondervermögens.

Der Vergleichsverwalter hat zwar eine andere rechtliche Stellung als der Konkursverwalter (vgl. Böhle-Stamschräder/Kilger, Vergleichsordnung, Kommentar, 10.Aufl., 1982, § 20 Anm.3). Er ist nach der Regelung der §§ 39, 40 VerglO kein Vermögensverwalter im eigentlichen Sinne, sondern überwiegend auf eine Prüfungs- und Überwachungstätigkeit beschränkt. § 40 Abs.2 VerglO sieht Anzeigepflichten des Vergleichsverwalters gegenüber dem Gericht vor, die zu dessen Eingreifen, insbesondere zum Erlaß von Verfügungsbeschränkungen führen können. Zudem ergeben sich aus § 57 VerglO Mitwirkungsrechte des Vergleichsverwalters bei der Vermögensverwaltung des Schuldners, also Eingriffe in dessen Geschäftsführung. Aufgrund dieses Gesamtbildes der Tätigkeit des Vergleichsverwalters - insbesondere auch, weil das Vergleichsverfahren in vielen Fällen die Vorstufe zum Konkursverfahren ist - hat der Bundesfinanzhof bereits im Urteil vom 29.März 1961 IV 404/60 U (BFHE 73, 100; BStBl III 1961, 306) eine der Tätigkeit des Vermögensverwalters ähnliche Tätigkeit angenommen, die nicht unter § 18 Abs.1 Nr.1 EStG falle. Der Senat schließt sich dieser Beurteilung an. Die berufsmäßige Tätigkeit des Konkurs- und Vergleichsverwalters in bezug auf Vermögensmassen hat der Bundesfinanzhof (a.a.O.) als eine "mehr kaufmännisch-praktische Tätigkeit, wenngleich unter Verwertung qualifizierter geistiger Wirtschafts- und Rechtskenntnisse" beurteilt und den Tätigkeiten im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.3 EStG zugeordnet (vgl. Urteile vom 5.Juli 1973 IV R 127/69, BFHE 110, 40, BStBl II 1973, 730, und vom 29.März 1961 IV 404/60 U, BFHE 73, 100, BStBl III 1961, 306). Da die Tatbestandsverweisung des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 nur § 18 Abs.1 Nr.1 EStG, nicht aber auch § 18 Abs.1 Nr.3 EStG (sonstige selbständige Arbeit, z.B. Vermögensverwaltung) umfaßt, kommt der ermäßigte Steuersatz für die "eigentliche" Konkurs- und Vergleichsverwaltertätigkeit als vermögensverwaltende Tätigkeit nicht in Betracht.

Solche "eigentliche" Konkurs- und Vergleichsverwaltertätigkeit wird nicht dadurch zur freiberuflichen Anwaltstätigkeit im Sinne des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG, daß sie während des Insolvenzverfahrens neben berufstypischen Anwaltstätigkeiten ausgeübt wird. Dabei kann offenbleiben, ob sich die begrenzte Tatbestandsverweisung des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 auf § 18 Abs.1 Nr.1 EStG auch auf die Auslegung dieser Vorschrift nach den ertragsteuerrechtlichen Gesetzeszwecken erstreckt (vgl. zur Zurechnung von Einkünften i.S. des § 18 Abs.1 Nr.3 EStG zu denjenigen aus § 18 Abs.1 Nr.1 EStG Herrmann/Heuer, Kommentar zur Einkommensteuer und Körperschaftsteuer, § 18 EStG Anm. 126 f.) oder ob das auf die einzelne Leistung bezogene Umsatzsteuerrecht insoweit eine eigenständige Auslegung verlangt. Denn auch ertragsteuerrechtlich werden bei sog. gemischten Tätigkeiten eines Freiberuflers nur berufstypische Tätigkeiten, d.h. solche, die zum Berufsbild einer der in § 18 Abs.1 Nr.1 EStG aufgeführten Berufe gehören, dieser Vorschrift zugeordnet. Bereits im Urteil vom 16.Februar 1961 IV 235/60 U (BFHE 72, 574, BStBl III 1961, 210) hat der Bundesfinanzhof die Tätigkeiten eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters als Konkurs- und Vergleichsverwalter als wesensmäßig voneinander verschieden angesehen und steuerlich gesondert beurteilt. Die genannten verwaltenden Tätigkeiten sind mit den wirtschaftsprüfenden und steuerberatenden Tätigkeiten nicht so unlöslich verbunden, daß eine Trennung gegen die Verkehrsanschauung verstoßen würde. Übereinstimmend damit sind nach dem Urteil vom 9.August 1983 VIII R 92/83 (BFHE 139, 380, BStBl II 1984, 129, mit Nachweisen) die gewerblichen und freiberuflichen Betätigungen einer natürlichen Person einkommensteuerrechtlich regelmäßig getrennt zu erfassen, auch wenn zwischen den Betätigungen gewisse sachliche und wirtschaftliche Berührungspunkte bestehen, also eine "gemischte Tätigkeit" vorliegt. In dieser Entscheidung hat der Bundesfinanzhof die Tätigkeit eines Steuerberaters zum Nachweis von Interessenten am Erwerb von Eigentumswohnungen und/oder die Vermittlung von Verträgen zum Erwerb solcher Objekte als Tätigkeit beurteilt, die nicht zur Berufstätigkeit eines Steuerberaters gehört und auch nicht Ausfluß der Ausübung des Steuerberaterberufs ist.

3. Somit ergibt sich aus der Anknüpfung an die einkommensteuerrechtliche Vorschrift des § 18 Abs.1 Nr.1 EStG, daß nur solche Leistungen eines Rechtsanwalts im Rahmen von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen als freiberufliche Anwaltstätigkeit mit dem ermäßigten Steuersatz des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 zu erfassen sind, welche (berufstypisch) Besorgung von Rechtsangelegenheiten sind. Da das Finanzgericht den Inhalt der Tatbestandsverweisung des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 verkannt hat, war sein Urteil aufzuheben.

4. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Finanzgericht zurückverwiesen, weil kein Anhalt für die Aufteilung der Tätigkeit des Klägers in für ihn berufstypisch anwaltliche und in eigentliche Konkurs- und Vergleichsverwaltertätigkeit gegeben ist.

Tätigkeit und Vergütung der Rechtsanwälte sind berufsrechtlich weitgehend geregelt. Die in diesen Regelungen enthaltenen Abgrenzungsgrundsätze lassen sich für die hier maßgebliche steuerrechtliche Abgrenzung der begünstigten Anwaltstätigkeit heranziehen. Danach können alle Tätigkeiten eines Rechtsanwalts im Rahmen von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen, die nach der Bundesgebührenordnung für Rechtsanwälte (BRAGO) abrechenbar sind, als umsatzsteuerrechtlich begünstigte freiberufliche Anwaltstätigkeiten eingeordnet werden. Nach § 1 Abs.1 BRAGO bemißt sich die Vergütung des Rechtsanwalts für seine Berufstätigkeit nach diesem Gesetz. Der Bundesgerichtshof grenzt die Berufstätigkeit nach Maßgabe des § 3 Abs.1 BRAO ab (z.B. Urteil vom 17.April 1980 III ZR 73/79, Wertpapier-Mitteilungen 1980, 981 mit Nachweisen) und läßt die Abrechnung nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung demzufolge dann zu, wenn die Aufgabe, rechtlichen Beistand zu leisten, im Vordergrund steht und nicht bei der Durchführung des erteilten Auftrags zurücktritt, als unwesentlich erscheint oder im Ergebnis keine praktische ins Gewicht fallende Rolle spielt. Gegen das Vorliegen einer anwaltlichen Tätigkeit spricht es ferner, wenn die betreffende Aufgabe in der Regel oder mindestens in erheblichem Umfang auch von Angehörigen anderer Berufe wahrgenommen wird (vgl. BGHZ 46, 268, 270 ff.; 53, 394, 396; 57, 53, 56).

§ 1 Abs.2 Satz 1 BRAGO nimmt zwar die Tätigkeit eines Rechtsanwalts als Vormund, Pfleger, Testamentsvollstrecker, Konkurs- und Vergleichsverwalter usw. von den Vorschriften dieses Gesetzes aus. § 1835 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) bleibt aber unberührt (§ 1 Abs.2 Satz 2 BRAGO). § 1835 Abs.2 BGB gewährt im Rahmen der --grundsätzlich unentgeltlich wahrzunehmenden-- Vormundschaft Aufwendungsersatz auch für solche Dienste des Vormunds, die zu seinem Gewerbe oder Beruf gehören. Dem entspricht die Vergütungsregelung in § 85 KO und § 43 VerglO in Verbindung mit der Verordnung über die Vergütung des Konkursverwalters, Vergleichsverwalters, der Mitglieder des Gläubigerausschusses und der Mitglieder des Gläubigerbeirats vom 25.Mai 1960 (BGBl I 1960, 329) --VergütVO-- zur Abgeltung der spezifischen Konkurs- und Vergleichsverwaltertätigkeiten.

§ 1 Abs.2 Satz 1 BRAGO führt nicht dazu, daß die gesamte Tätigkeit eines Rechtsanwalts im Rahmen von Konkurs- und Vergleichsverwaltungen nicht als anwaltliche Berufstätigkeit gilt. Typische anwaltliche Tätigkeiten sind unbeschadet des § 1 Abs.2 BRAGO vielmehr nach diesem Gesetz abrechenbar. Das gilt nicht nur für die Prozeßtätigkeit eines Konkursverwalter- Rechtsanwalts vor Gericht (BGH-Urteil vom 17.Dezember 1970 VII ZR 39/69, BGHZ 55, 101), sondern auch für außergerichtliche Tätigkeiten (vgl. Gerold/Schmidt, BRAGO, Kommentar, 8.Aufl., 1984, § 1 Anm.20; Schmidt, Konkurs-, Treuhand- und Schiedsgerichtswesen - KTS - 1982, 591). Dieser Anspruch des Konkursverwalter-Rechtsanwalts auf eine zusätzliche Vergütung für seine Berufstätigkeit als Rechtsanwalt wird § 1 Abs.2 Satz 2 BRAGO entnommen, der § 1835 BGB ausdrücklich unberührt läßt (vgl. Gerold/Schmidt, a.a.O.).

Nach den bereits dargestellten Abgrenzungskriterien der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist Anwaltstätigkeit des Konkurs- und Vergleichsverwalters in der Regel dann anzunehmen, wenn ein Konkurs- oder Vergleichsverwalter, der nicht Rechtsanwalt ist, einen Rechtsanwalt zuziehen würde. Schmidt (a.a. O.) weist zu Recht darauf hin, daß insofern eine Einschränkung zu machen ist, als ein Konkursverwalter dem Berufsbild nach eine wirtschaftlich und rechtlich einigermaßen erfahrene Person ist oder sein sollte.

Diese Beurteilung der nach der Bundesrechtsanwaltsgebührenordnung abrechenbaren Tätigkeit als freiberufliche Anwaltstätigkeit im Sinne des § 12 Abs.2 Nr.5 UStG 1967/1973 i.V.m. § 18 Abs.1 Nr.1 EStG steht nicht in Widerspruch zur Entscheidung zum Rechtsanwalt-Vormund (BFHE 132, 136, BStBl II 1981, 193). Diese Entscheidung hat die Vergütung des Vormunds durch den Verzicht auf die dem Anwalt an sich zustehende Gebühr als ausgeglichen angesehen; der Rechtsanwalt war als Vormund vornehmlich rechtsberatend und rechtsgestaltend tätig geworden.

 

Fundstellen

BStBl II 1986, 213

BFHE 145, 248

BFHE 1986, 248

BB 1986, 653-655 (ST)

DB 1986, 626-627 (ST)

DStR 1986, 446-447 (ST)

HFR 1986, 279-279 (S)

NJW 1986, 1194

NJW 1986, 1194-1194 (S)

DStZ/E 1986, 159-159 (S)

UStR 1986, 66-68 (ST)

BRAK-Mitt 1986, 161-161 (S)

DVRdsch 1986, 192-192 (S)

ZIP 1986, 176

ZIP 1986, 176-177 (ST)

Rbeistand 1986, 74-76 (ST)

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