Entscheidungsstichwort (Thema)

Schenkungsteuerrechtliche Behandlung unbenannter - ehebedingter- Zuwendungen - subjektiver Tatbestand der freigebigen Zuwendung

 

Leitsatz (amtlich)

Sogenannte unbenannte (ehebedingte) Zuwendungen sind nicht deswegen von der Schenkungsteuer ausgenommen, weil sie --wegen ihres spezifisch ehebezogenen Charakters-- nach herrschender zivilrechtlicher Auffassung keine Schenkungen i.S. der §§ 516 ff. BGB darstellen. Die Schenkungsteuerpflicht unbenannter Zuwendungen beurteilt sich --nicht anders als bei sonstigen Zuwendungen-- nach den allgemeinen Voraussetzungen des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974. Die danach unter anderem erforderliche objektive Unentgeltlichkeit der Leistung kann nicht allein deswegen verneint werden, weil der unbenannten Zuwendung besondere ehebezogene Motive zugrunde liegen, etwa dahingehend, daß die Zuwendung dem "Ausgleich für geleistete Mitarbeit" des bedachten Ehegatten oder dessen "angemessener Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" dienen soll (teilweise Abkehr vom BFH-Urteil in BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159).

 

Orientierungssatz

Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974 entfällt, wenn der Zuwendende seine Leistung --wenn auch irrtümlich-- als unentgeltliche ansieht. Allerdings schließt nicht jeder Irrtum des Zuwendenden über die Unentgeltlichkeit den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung aus. Bei der "(Un-)Entgeltlichkeit" handelt es sich um einen komplexen normativen Begriff, dessen exakter Sinngehalt sich nur durch umfangreiche und komplizierte rechtliche Wertungen und Subsumtionen erschließt. Für die zu treffende --irrtumsausschließende-- Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsinhalt "nach Laienart" zutreffend erfaßt; eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich.

 

Normenkette

ErbStG 1974 § 7 Abs. 1 Nr. 1; BGB §§ 516ff, 516

 

Tatbestand

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) und ihr Ehemann sind seit 1961 verheiratet. Sie haben drei gemeinsame Kinder und leben im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Bei Beginn der Ehe verfügte die Klägerin über geringfügiges Vermögen. Am 1. Januar 1982 betrug ihr aus einer Erbschaft resultierendes Vermögen (Wertpapiere, Beteiligungen, Kapitalforderungen) ca. 2 Mio DM. Der Ehemann der Klägerin war zu Beginn der Ehe an der A-Gesellschaft beteiligt. Diese Beteiligung besaß am 1. Januar 1962 nach Angaben der Klägerin einen Wert von 135 000 DM. Daneben besaß der Ehemann ein Einfamilienhaus, das er 1966 für 330 000 DM verkaufte.

In den Jahren 1980 bis 1985 erzielten die Klägerin und ihr Ehemann Einkünfte in folgender Höhe:

Gesamtbetrag der Ehemann Ehefrau

Einkünfte lt.

Betriebsprüfungs-

bericht (abgerundet)

1980 7 830 000 DM 7 766 200 DM 63 800 DM

1981 24 813 000 DM 24 750 820 DM 62 180 DM

1982 28 905 000 DM 28 841 650 DM 63 360 DM

1983 56 667 000 DM 56 523 560 DM 143 440 DM

1984 40 769 000 DM 40 613 850 DM 155 150 DM

1985 31 328 000 DM 31 159 170 DM 168 830 DM

Der Vermögensteuerbescheid auf den 1. Januar 1982 weist ein steuerpflichtiges Gesamtvermögen in Höhe von 84 335 000 DM aus. Bis auf den genannten Betrag von ca. 2 Mio DM gehörte das Vermögen dem Ehemann der Klägerin.

Am 10. Februar 1982 erwarb die Klägerin Anleihen im Nennwert von 1 Mio DM. Über das Depot war auch der Ehemann der Klägerin verfügungsbefugt. Der Kaufpreis von 997 355 DM zuzüglich Stückzinsen in Höhe von 5 145 DM wurde von dem Ehemann der Klägerin bezahlt.

Mit dem angefochtenen Schenkungsteuerbescheid vom 29. März 1989 unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --FA--) diesen Vorgang der Schenkungsteuer.

Mit der nach erfolglosem Einspruch erhobenen Klage begehrte die Klägerin, den angefochtenen Schenkungsteuerbescheid ersatzlos aufzuheben. Sie meint, die Übernahme der Kosten für die 1982 angeschafften Wertpapiere durch ihren Ehemann stelle keine steuerpflichtige Schenkung, sondern eine unbenannte Zuwendung dar.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts. Es beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

II. Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs.3 Nr.1 der Finanzgerichtsordnung --FGO--). Die Zuwendung des Geldbetrages in Höhe von 1 002 500 DM durch den Ehemann der Klägerin an diese stellte eine freigebige Zuwendung i.S. von § 7 Abs.1 Nr.1 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsteuergesetzes (ErbStG) 1974 an die Klägerin dar.

1. Die Zuwendung erfüllt den objektiven Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974. Nach dieser Bestimmung gilt als Schenkung unter Lebenden "jede freigebige Zuwendung unter Lebenden, soweit der Bedachte durch sie auf Kosten des Zuwendenden bereichert wird". Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung verlangt daher, daß die Leistung zu einer Bereicherung des Bedachten auf Kosten des Zuwendenden führt; sie muß (objektiv) unentgeltlich sein.

Nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung und der herrschenden Zivilrechtslehre, denen grundsätzlich auch für das Schenkungsteuerrecht zu folgen ist, "ist der Erwerb eines zugewendeten Gegenstandes, auf den kein Rechtsanspruch besteht, unentgeltlich, wenn er nicht rechtlich abhängig ist von einer den Erwerb ausgleichenden Gegenleistung des Erwerbers. Dabei kommen als rechtliche Abhängigkeit, welche die Unentgeltlichkeit ausschließt und die Entgeltlichkeit begründet, Verknüpfungen sowohl nach Art eines gegenseitigen Vertrages als auch durch Setzung einer Bedingung oder eines entsprechenden Rechtszwecks in Betracht" (Urteil des Bundesgerichtshofs --BGH-- vom 27. November 1991 IV ZR 164/90, Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1992, 564, m.w.N.).

Nach diesen Grundsätzen erfolgte die hier zu beurteilende Geldzuwendung objektiv unentgeltlich. Die Klägerin hatte auf diese Leistung weder einen Rechtsanspruch noch war die Zuwendung ihres Ehemannes im o.g. Sinne --d.h. synallagmatisch, konditional oder kausal-- mit einer Gegenleistung der Klägerin verknüpft.

a) Eine Gegenleistung im vorgenannten Sinne kann zunächst nicht mit der Erwägung begründet werden, daß die Klägerin in Zukunft (weiterhin) unentgeltlich den gemeinsamen Haushalt führe, die gemeinsamen Kinder betreue und ihren Ehemann bei dessen geschäftlichen Aktivitäten unterstütze. Denn solche unentgeltlichen Tätigkeiten des mit der Zuwendung bedachten, keiner eigenen Erwerbstätigkeit nachgehenden Ehegatten können schon deshalb keine Gegenleistungen für eine Zuwendung des anderen Ehegatten sein, weil es sich dabei um ohnehin dem anderen Ehegatten geschuldete Beiträge zum Familienunterhalt handelt (vgl. §§ 1360, 1360a des Bürgerlichen Gesetzbuches --BGB--), die nach § 1360b BGB im Zweifel auch dann nicht zu vergüten sind, wenn sie über das übliche Maß hinausgehen (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re.Sp. f.). Selbst wenn der Ehegatte im Unternehmen des anderen mitarbeitet, erfolgt dies grundsätzlich unentgeltlich, sofern nicht die Ehepartner --was im Streitfall nicht in Betracht kommt-- etwas anderes --etwa durch Abschluß eines Arbeitsvertrages-- vereinbart haben (vgl. z.B. BGH-Urteil vom 13. März 1978 VIII ZR 241/76, BGHZ 71, 61, 67, m.w.N.).

b) Aus denselben Gründen kann eine Gegenleistung für eine Zuwendung entgegen der von der Klägerin vertretenen Ansicht auch nicht darin gesehen werden, daß sie die unter a) beschriebenen unentgeltlichen Leistungen in der Vergangenheit (während eines langen Zeitraums) erbracht hat. Zwar ist nicht zu verkennen, daß der Zuwendung des Ehemannes angesichts dieser "Vorleistungen" der Klägerin (zugleich) der Charakter einer Anerkennung (Belohnung) zukam. Jedoch ging es dabei nicht um die Bezahlung (Entlohnung) von Leistungen, nämlich um die für den Geschäftsverkehr bestimmte Ebene, auf der Leistung und Gegenleistung rechtlich miteinander verknüpft werden. Vielmehr ist in dieser Anerkennung eine Haltung des Ehemannes zu sehen, die den Schenker einer belohnenden (remuneratorischen) Schenkung kennzeichnet (BGH-Urteil in NJW 1992, 564, 565).

c) Eine (rechtliche) Verpflichtung des Ehemannes der Klägerin zur Zahlung des genannten Geldbetrages ergab sich auch nicht aus einem Anspruch der Klägerin auf Zugewinnausgleich; denn ein solcher Anspruch existierte im Zeitpunkt der Zuwendung nicht.

Der Anspruch auf Zugewinnausgleich entsteht --wenn nicht ausnahmsweise, was hier nicht in Betracht kommt, die Voraussetzungen für einen vorzeitigen Zugewinnausgleich vorliegen (§§ 1385 f. BGB)-- erst mit der Beendigung des gesetzlichen Güterstandes (§ 1363 Abs.2 Satz 2 BGB). Bis zu diesem Zeitpunkt können sich im übrigen unter Umständen noch gravierende Veränderungen dahingehend ergeben, daß eine Zugewinnausgleichsforderung in der Person des Zuwendungsempfängers entweder überhaupt nicht oder nicht in der im Zeitpunkt der Zuwendung erwarteten Höhe entsteht oder daß der Zuwendungsempfänger umgekehrt sogar Schuldner einer Zugewinnausgleichsforderung wird (vgl. auch Schotten, NJW 1990, 2841, 2846, re.Sp.).

Aus denselben Gründen läßt sich auch nicht annehmen, der zuwendende Ehegatte erhalte für seine Zuwendung deshalb eine Gegenleistung, weil er für den Fall einer ihn später evtl. treffenden Zugewinnausgleichsverpflichtung diese Schuld gemäß § 1380 Abs.1 BGB um den Wert der Zuwendung kürzen könne. Daß dieser Aspekt nicht geeignet ist, die Erfüllung des Tatbestands der freigebigen Zuwendung auszuschließen, belegt überdies auch § 29 Abs.1 Nr.3 ErbStG 1974. Hätte der Gesetzgeber den sog. vorweggenommenen Zugewinnausgleich für nicht steuerbar gehalten, so verlöre die Korrekturvorschrift des § 29 Abs.1 Nr.3 ErbStG 1974 ihren Sinn (s. auch Gebel, Deutsche Steuer-Zeitung --DStZ-- 1993, 451, 455).

d) Eine (objektive) Entgeltlichkeit der streitigen Zuwendung kann auch nicht auf die Erwägung gestützt werden, mit ihr sei der Ehemann der Klägerin seiner Verpflichtung zum Vorsorgeunterhalt nachgekommen.

Einen ausdrücklich geregelten Anspruch auf Vorsorgeunterhalt sieht das Gesetz nur für den geschiedenen und --nach Rechtshängigkeit des Scheidungsverfahrens-- für den getrenntlebenden Ehegatten vor (vgl. § 1578 Abs.3, § 1361 Abs.1 Satz 2 BGB). Diese Regelungen gewähren dem begünstigten Ehegatten einen --zweckgebundenen-- Anspruch auf Versicherungsbeiträge, primär zur gesetzlichen Rentenversicherung (vgl. z.B. Wacke in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch --MünchKomm--, 3.Aufl., § 1361 Rdnr.23, und Richter in MünchKomm, § 1578 Rdnr.43 ff.).

Der Senat kann offenlassen, ob ein entsprechender Anspruch auf Vorsorgeunterhalt gemäß § 1360 BGB auch bei intakter Ehe besteht. Jedenfalls deckt ein evtl. bestehender Anspruch des bedachten Ehegatten auf Vorsorgeunterhalt nicht die bereits gegenwärtige Übertragung von Vermögensgegenständen ab.

e) Der objektive Tatbestand der freigebigen Zuwendung läßt sich bei Zuwendungen unter Ehegatten im gesetzlichen Güterstand auch nicht mit der pauschalen Begründung verneinen, die "potentielle Ausgleichspflicht des während der Ehe erzielten Vermögens (begründe) ein gemeinsames Familienvermögen" (so Willemer, Der Betrieb --DB-- 1985, 1254, 1257), innerhalb dessen Vermögensverschiebungen zwischen den Ehegatten nicht zu Be- und Entreicherungen führen könnten. Es mag zwar sein, daß auch nicht in Gütergemeinschaft lebende Ehegatten nicht selten von der (laienhaften, eher von einer faktischen und wirtschaftlichen Betrachtung geprägten) Vorstellung eines gemeinschaftlichen Ehevermögens ausgehen (vgl. Lieb, Die Ehegattenmitarbeit im Spannungsfeld zwischen Rechtsgeschäft, Bereicherungsausgleich und gesetzlichem Güterstand, 1970, 123). Das BGB entspricht jedoch dieser Vorstellung nur bei der Gütergemeinschaft und auch dort nur in bezug auf das Gesamtgut.

f) Die (objektive) "Entgeltlichkeit" der Leistung des Ehemannes kann auch nicht darauf gestützt werden, daß eine sog. unbenannte ("ehebedingte", "ehebezogene") Zuwendung an die Klägerin vorgelegen habe.

aa) Dem FG ist darin beizupflichten, daß es sich im vorliegenden Fall um eine solche unbenannte Zuwendung im Sinne der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung handelt. Nach der ständigen Rechtsprechung des BGH sind Zuwendungen unter Ehegatten in der Regel nicht als Schenkungen i.S. der §§ 516 ff. BGB, sondern als "unbenannte Zuwendungen" zu qualifizieren. Eine unbenannte (ehebedingte) Zuwendung ist nach der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung anzunehmen, wenn der Leistung die Vorstellung oder Erwartung des zuwendenden Ehegatten zugrunde liegt, daß die Ehe Bestand haben werde, oder wenn die Zuwendung (sonst) um der Ehe willen oder als Beitrag zur Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung der ehelichen Lebensgemeinschaft erbracht wird und darin ihre Geschäftsgrundlage hat (vgl. z.B. BGH-Urteil in NJW 1992, 564, re.Sp., m.w.N.). Dazu gehören nicht nur solche Leistungen, die sich als "Ausgleich für geleistete Mitarbeit oder als angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" erweisen (vgl. Senatsurteil vom 28. November 1984 II R 133/83, BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159). Vielmehr rechnen hierzu auch diejenigen Zuwendungen, "die ein Ehegatte dem anderen im Interesse einer haftungsmäßig günstigen Organisation des Familienvermögens, etwa durch dessen Verlagerung auf den betrieblich nicht haftenden Ehegatten macht" (BGH-Urteil vom 17. Januar 1990 XII ZR 1/89, Zeitschrift für das gesamte Familienrecht --FamRZ-- 1990, 600, 601) oder deren Zweck ganz allgemein auf die "Vermögensbildung in der Hand des begünstigten Ehegatten" gerichtet ist (BGH-Urteil vom 15. Februar 1989 IVb ZR 105/87, FamRZ 1989, 599, 600). Angesichts dieses weiten Verständnisses vom Begriff der "unbenannten Zuwendung" besteht im Streitfall kein Zweifel, daß die Leistung des Ehemannes der Klägerin eine solche darstellte.

bb) Dem FG kann indessen nicht darin gefolgt werden, daß die streitige Zuwendung deshalb (objektiv) entgeltlich gewesen sei, weil sie sich zivilrechtlich als unbenannte Zuwendung darstellt; denn dies besagt nicht, daß für die Zuwendung ein Rechtsgrund besteht, sondern stellt (lediglich) eine besondere Bezeichnung für Zuwendungen im Rahmen der Ehe dar. Allein mit der Feststellung, daß sich eine bestimmte Leistung als "unbenannte Zuwendung" im oben (unter aa) beschriebenen weiten Sinne erweist, ist daher für die Auslegung des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974, namentlich für die Beurteilung der objektiven Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung, nichts gewonnen. Die objektive Entgeltlichkeit oder Unentgeltlichkeit der Zuwendung beurteilt sich vielmehr ausschließlich nach den oben (II. 1., vor a) dargelegten Grundsätzen. Für die Frage der (Un-)Entgeltlichkeit der unbenannten Zuwendung kommt es deshalb entgegen der Auffassung des FG nicht darauf an, ob die Leistung des Ehemannes --was das FG bejaht hat-- einen "Ausgleich für geleistete Mitarbeit" der Klägerin oder deren "angemessene Beteiligung an den Früchten des ehelichen Zusammenwirkens" bewirken sollte und bewirkt hat. Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 142, 511, BStBl II 1985, 159 hierzu einen anderen Standpunkt eingenommen hat, hält er daran nicht mehr fest.

Zwar liegt --wie schon dargelegt-- einer unbenannten Zuwendung die Vorstellung oder Erwartung zugrunde, daß die Ehe bzw. eheliche Lebensgemeinschaft Bestand haben werde. Diese ehebezogene Motivationslage (Geschäftsgrundlage) bildet jedoch keine "causa" (keinen Rechtsgrund) im Sinne des Vertragsrechts, die einen (eigenständigen) Leistungsanspruch begründet. Sie bildet vielmehr lediglich einen --im Falle der Scheidung u.U. entfallenden-- Rechtsgrund (eine "causa" im weiteren Sinne) für das "Behaltendürfen" einer ohne Rechtspflicht erbrachten unbenannten Zuwendung. Die Ehe als solche kann ohne zusätzliche vertragliche Vereinbarung nur solche Leistungsansprüche "begründen", zu denen die Ehegatten bereits kraft Gesetzes (z.B. gemäß § 1360 BGB) verpflichtet sind. Die Begründung darüber hinausgehender Ansprüche bedarf einer besonderen --vertraglichen-- Grundlage (ausführlich Sandweg, NJW 1989, 1965, 1967, re.Sp. f., m.w.N.). Niemand ist also nur deswegen zur Übertragung von Teilen seines Vermögens auf seinen Ehegatten verpflichtet, weil eine Ehe (eheliche Lebensgemeinschaft) besteht. Eine völlig andere Frage ist es, ob und unter welchen Voraussetzungen der durch eine freigebige (d.h. ohne rechtliche Verpflichtung erbrachte) Zuwendung begünstigte Ehegatte den Zuwendungsgegenstand bzw. dessen Wert auf Verlangen des Zuwender-Ehegatten wieder "herausgeben" muß.

cc) Die Richtigkeit der hier vertretenen Auffassung wird nicht dadurch in Frage gestellt, daß die für das Ehegüterrecht zuständigen Senate des BGH bisweilen angenommen haben, unbenannte Zuwendungen seien nicht als unentgeltliche anzusehen (vgl. z.B. BGH-Urteile vom 24. März 1983 IX ZR 62/82, BGHZ 87, 145, 146, und vom 5. Oktober 1988 IVb ZR 52/87, FamRZ 1989, 147, 149). Die diesen Urteilen zugrundeliegenden Fälle betrafen ausschließlich vermögensrechtliche Streitigkeiten in Ehescheidungssachen, also Sachverhalte, in denen es allein um einen sachgerechten Interessenausgleich im Verhältnis der (geschiedenen) Ehegatten untereinander ging. In diesem ehegatten-internen Konfliktbereich hielt es der BGH für sinnvoll und notwendig, Zuwendungen unter Ehegatten während der intakten Ehe im Regelfall nicht als unentgeltliche Verfügungen i.S. der §§ 516 ff. BGB zu qualifizieren, um sie insbesondere den regelmäßig "nicht passenden" (BGH-Urteil vom 7. Januar 1972 IV ZR 231/69, NJW 1972, 580), weil zu engen und starren Vorschriften der §§ 528, 530 BGB zu entziehen und um sie in den (umfassenden) güterrechtlichen Ausgleich (vgl. z.B. §§ 1372 ff. BGB) einbeziehen und/oder dem auf § 242 BGB basierenden Rechtsinstitut des Wegfalls der Geschäftsgrundlage, das Raum für eine billige Abwägung der Umstände des Einzelfalles bietet, unterstellen zu können (grundlegend: BGH-Urteil in NJW 1972, 580).

Diese auf die besondere eherechtliche Konfliktlage für den Bereich der §§ 516 ff. BGB abstellende Interpretation des Begriffs der (Un-)Entgeltlichkeit ist für die steuerrechtliche Auslegung des objektiven Tatbestands des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 nicht maßgebend. Das folgt bereits daraus, daß jeder gesetzliche Tatbestand aus sich selbst heraus --nach seiner eigenen, spezifischen Teleologie-- auszulegen ist. Dies gilt schon innerhalb des Normengefüges des BGB und des übrigen Zivilrechts. So hat der BGH unbenannte Zuwendungen namentlich dort als unentgeltliche Leistungen qualifiziert, wo die Lösung von Interessenkonflikten zwischen den Ehegatten bzw. einem von ihnen einerseits und dritten Personen andererseits geboten war (vgl. BGH-Urteile in NJW 1992, 564, betr. "beeinträchtigende Schenkungen" i.S. von § 2287 BGB; in BGHZ 71, 61, betreffend die "Schenkungsanfechtung" nach § 32 Nr.2 der Konkursordnung --KO--; vom 28. Februar 1991 IX ZR 74/90, NJW 1991, 1610, betreffend "Schenkungsanfechtung" nach § 3 Abs.1 Nr.4 des Anfechtungsgesetzes --AnfG--). Um so mehr gilt dies dann, wenn --wie hier-- die Auslegung von Tatbestandsmerkmalen in solchen Gesetzen in Betracht kommt, die ganz verschiedenen Teilrechtsordnungen (hier: Zivilrecht, dort: Steuerrecht) angehören.

2. Die hier zu beurteilende Zuwendung des Ehemannes der Klägerin erfüllt auch den subjektiven Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats genügt zur Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung der (einseitige) Wille des Zuwendenden zur Unentgeltlichkeit. Ein auf die Bereicherung des Empfängers gerichteter Wille im Sinne einer Bereicherungsabsicht ("animus donandi") ist nicht erforderlich (Urteile des Bundesfinanzhofs --BFH-- vom 5. März 1980 II R 148/76, BFHE 130, 179, BStBl II 1980, 402, 403; vom 10. September 1986 II R 81/84, BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; vom 27. April 1988 II R 53/82, BFH/NV 1989, 168, 169; vom 1. Juli 1992 II R 70/88, BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und vom 1. Juli 1992 II R 12/90, BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927).

Der "Wille zur Unentgeltlichkeit" liegt nach der Rechtsprechung des Senats vor, wenn sich der Zuwendende der Unentgeltlichkeit der Zuwendung derart bewußt ist, daß er seine Leistung ohne Verpflichtung (und sei es auch nur in bezug auf eine Naturalobligation) und ohne rechtlichen Zusammenhang mit einer Gegenleistung (oder einem Gemeinschaftszweck) erbringt (vgl. z.B. BFH-Urteile in BFHE 168, 380, BStBl II 1992, 921, 923, und in BFHE 168, 390, BStBl II 1992, 925, 927; Mößlang, Neue Wirtschafts-Briefe --NWB-- Fach 10, S.479, 480). Anders ausgedrückt ist der Wille zur Unentgeltlichkeit dann gegeben, wenn der Zuwendende in dem Bewußtsein handelt, zu der Vermögenshingabe weder rechtlich verpflichtet zu sein noch dafür eine mit seiner Leistung in einem synallagmatischen, konditionalen oder kausalen Zusammenhang stehende Gegenleistung zu erhalten.

a) Der subjektive Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 entfällt daher, wenn der Zuwendende seine Leistung --wenn auch irrtümlich-- als entgeltliche ansieht, wenn er also annimmt, entweder zu seiner Leistung rechtlich verpflichtet zu sein oder dafür eine Gegenleistung im oben beschriebenen Sinne zu erhalten. Allerdings schließt nicht jeder Irrtum des Zuwendenden über die Unentgeltlichkeit den subjektiven Tatbestand der freigebigen Zuwendung aus. Bei der "(Un-)Entgeltlichkeit" handelt es sich um einen komplexen normativen ("wertausfüllungsbedürftigen") Begriff, dessen exakter Sinngehalt sich nur durch umfangreiche und komplizierte rechtliche Wertungen und Subsumtionen erschließt. Für die zutreffende --irrtumsausschließende-- Vorstellung des Zuwendenden von dem Begriff der (Un-)Entgeltlichkeit genügt es, wenn er dessen rechtlich-sozialen Bedeutungsgehalt "nach Laienart" zutreffend erfaßt ("Parallelwertung in der Laiensphäre"; vgl. Mößlang in NWB, Fach 10, S.479, 480); eine exakte juristische Subsumtion ist nicht erforderlich.

b) Bei Anwendung dieser Grundsätze auf den Streitfall ist davon auszugehen, daß der Ehemann der Klägerin in dem Bewußtsein der (objektiven) Unentgeltlichkeit seiner Zuwendung handelte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist der "Wille zur Unentgeltlichkeit" auf der Grundlage der dem Zuwendenden bekannten Umstände nach den Maßstäben des allgemein Verkehrsüblichen festzustellen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 12. Juli 1979 II R 26/78, BFHE 128, 266, BStBl II 1979, 631, 632; in BFHE 148, 69, BStBl II 1987, 80, 81; in BFH/NV 1989, 168, 169; Schulze-Osterloh, Steuer und Wirtschaft --StuW-- 1977, 122, 135).

Der Ehemann der Klägerin kannte sämtliche Tatsachen, aufgrund deren seine Zuwendung als objektiv unentgeltliche zu qualifizieren war. Sofern er dennoch --infolge fehlerhafter juristischer Wertungen-- gemeint haben sollte, zu der Zuwendung rechtlich (und nicht nur sittlich) verpflichtet zu sein oder für seine Zuwendung eine damit synallagmatisch, konditional oder kausal verknüpfte Gegenleistung zu erhalten, wäre dies ein "nach den Maßstäben des Verkehrsüblichen" unbeachtlicher Subsumtionsirrtum.

c) Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands der freigebigen Zuwendung läßt sich im Streitfall auch nicht mit der von Meincke (Kommentar zum Erbschaftsteuergesetz, 9.Aufl., § 7 Rdnr.82; ihm folgend Klein-Blenkers, Die Bedeutung subjektiver Merkmale im Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht, 1992, S.109 ff., 119 f.) vertretenen Ansicht in Frage stellen, der "Wille zur Freigebigkeit" i.S. von § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 erfordere neben dem "Willen zur Unentgeltlichkeit" auch den "Willen zur schenkweisen Zuwendung". Denn ein solches zusätzliches Willensmerkmal läßt sich § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 auch im Auslegungswege nicht entnehmen.

Meincke (a.a.O.) wäre nur dann zu folgen, wenn die Auslegung des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 ergäbe, daß dieser bis auf das Erfordernis der vertraglichen Einigung über die Unentgeltlichkeit mit dem subjektiven Tatbestand des § 516 Abs.1 BGB identisch wäre, anders ausgedrückt, wenn der (einseitige) Wille zur Freigebigkeit alle Merkmale einer Schenkungsofferte i.S. des § 516 Abs.1 BGB umfassen müßte. Dies ist indessen zu verneinen; denn eine solche Sichtweise widerspräche nicht nur dem Willen des (historischen) Gesetzgebers, sondern auch dem Sinn und Zweck des Gesetzes. Die Auffassung Meinckes (a.a.O.) liefe im Ergebnis darauf hinaus, daß die unbenannten Zuwendungen von der Schenkungsbesteuerung ausgenommen wären, weil sie nach der Rechtsprechung des BGH und der herrschenden Zivilrechtslehre nicht den subjektiven Tatbestand des § 516 Abs.1 BGB erfüllen. Angesichts des weiten Verständnisses vom Begriff der "unbenannten Zuwendung" in der höchstrichterlichen Zivilrechtsprechung (vgl. unter II.1.f, aa) hätte dies zur Folge, daß nahezu alle objektiv unentgeltlichen Zuwendungen unter Ehegatten schenkungsteuerfrei wären. Dies entspräche jedoch nicht dem Willen des (historischen) Gesetzgebers. Den Gesetzgebern der Vorläufer des hier einschlägigen ErbStG 1974 war die erst später entwickelte Rechtsfigur der unbenannten Zuwendung unbekannt. Auch bei Erlaß des ErbStG 1974 hatte sich dieses Rechtsinstitut noch nicht etabliert, wurde nur vereinzelt diskutiert und war noch nicht --jedenfalls nicht in seinem späteren Bedeutungsgehalt-- in das Bewußtsein des Gesetzgebers getreten. Dementsprechend ging der Gesetzgeber des ErbStG 1974 davon aus, daß "nach geltendem Recht auch die Schenkungen zwischen Ehegatten (worunter nach damaligem Verständnis eben auch die unbenannten Zuwendungen zu fassen waren) steuerpflichtig (seien)" (BTDrucks VI/3418, S.64).

Daß der Gesetzgeber des ErbStG 1974 eine weitgehende Herausnahme der objektiv unentgeltlichen Ehegattenzuwendungen aus der Schenkungsbesteuerung nicht beabsichtigte, belegt auch § 7 Abs.1 Nr.4 ErbStG 1974. Mit Recht ist in der Literatur darauf hingewiesen worden, daß die Begründung der Gütergemeinschaft "eigentlich ein Musterbeispiel für eine ehebedingte Zuwendung (sei)", da gerade ein solcher Ehevertrag in besonderem Maße der Verwirklichung der ehelichen Lebensgemeinschaft diene (Schotten, NJW 1990, 2841, 2848). Auch aus der Regelung des § 29 Abs.1 Nr.3 ErbStG 1974 läßt sich folgern, daß der Gesetzgeber die unbenannten Zuwendungen im Grundsatz für steuerbar hielt (vgl. schon II.1.c, letzter Absatz).

Hinzu kommt, daß es für die Frage, ob eine unentgeltliche Zuwendung den (objektiven und) subjektiven Tatbestand des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 erfüllt, weder entscheidend darauf ankommt, welches bürgerlich-rechtliche "Vertragskleid" (welchen Vertragstyp) die Beteiligten für die unentgeltliche Zuwendung gewählt haben bzw. wählen mußten, noch ob in bezug auf die unentgeltliche Zuwendung überhaupt eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Beteiligten zustandegekommen ist. So spielt es für das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes des § 7 Abs.1 Nr.1 ErbStG 1974 namentlich keine Rolle, ob Geber und Empfänger der unentgeltlichen Zuwendung anstelle eines (wegen des Zuwendungsgegenstandes nicht in Betracht kommenden) Schenkungsvertrages i.S. des § 516 Abs.1 BGB einen (unentgeltlichen) Darlehensvertrag oder Leihvertrag geschlossen haben. Ebensowenig kann es deshalb von Belang sein, ob die Beteiligten im Hinblick auf einen besonderen, den Schenkungstatbestand überlagernden Zweck der unentgeltlichen Zuwendung bzw. angesichts der spezifischen eherechtlichen Motivationslage die unentgeltliche Zuwendung statt in einen Schenkungsvertrag i.S. des § 516 Abs.1 BGB in einen Vertrag über eine unbenannte Zuwendung --d.h. in einen "familienrechtlichen Vertrag eigener Art"-- "eingebettet" haben (so zutreffend Gebel, DStZ 1993, 451, 458). Diese --für das Zivilrecht und dessen Rechtsfolgen bedeutsamen-- vertragstypologischen Einordnungen vermögen nichts daran zu ändern, "daß die für eine sonstige freigebige Zuwendung erforderlichen Willensmomente einschließlich der für das Bewußtsein der Unentgeltlichkeit notwendigen Kenntnisse beim Zuwendenden vorhanden sind" (Gebel, DStZ 1993, 451, 458).

 

Fundstellen

Haufe-Index 65002

BFH/NV 1994, 43

BStBl II 1994, 366

BFHE 173, 432

BFHE 1994, 432

BB 1994, 1342

BB 1994, 1342 (L)

BB 1994, 847

DB 1994, 865-868 (LT)

DStR 1994, 615-617 (KT)

DStZ 1994, 382-383 (KT)

HFR 1994, 401-402 (LT)

StE 1994, 231 (K)

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