Entscheidungsstichwort (Thema)

Gesonderte Feststellung bei Ehegatten

 

Leitsatz (NV)

Bei den gemeinschaftlichen Einkünften der Ehegatten ist über die Abgrenzung verschiedener Einkunftsarten (hier über das Bestehen eines gewerblichen Grundstückshandels oder das Vorliegen von Überschußeinkünften) im Verfahren der gesonderten Feststellung zu entscheiden; es handelt sich nicht um einen Fall geringer Bedeutung.

 

Normenkette

AO 1977 § 180 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 3 S. 1 (jetzt Nr. 2); FGO § 74

 

Tatbestand

Die zusammenveranlagten Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarben am 1. November 1978 zum 1. Januar 1979 ein Mietwohngrundstück mit einem 1969 errichteten Gebäude für (bar . . . DM + Hypothekenübernahme . . . DM =) . . . DM; die Anschaffungskosten betrugen . . . DM.

Durch Umwandlung gemäß Teilungserklärung vom 8. August 1979 wurden sechs Eigentumswohnungen mit vier Garagen gebildet. Diese veräußerten die Kläger anschließend.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nahm - ohne Durchführung einer gesonderten Feststellung - für das Streitjahr 1979 im Einkommensteuerbescheid vom 30. März 1982 und in der Einspruchsentscheidung vom 31. August 1982 einen gewerblichen Grundstückshandel an.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage nur teilweise statt.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Sie beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils und Abänderung des Einkommensteuerbescheids 1979 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 31. August 1982 keine gewerblichen Einkünfte aus der Veräußerung von Eigentumswohnungen zugrunde zu legen und die Einkommensteuer insoweit herabzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zwecks anderweitiger Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die zwischen den Beteiligten strittige Frage, ob oder inwieweit es sich bei den Grundstückseinkünften der Kläger im Streitjahr um solche aus Gewerbebetrieb oder aus Vermietung und Verpachtung oder möglicherweise aus Spekulationsgeschäften (sonstige Einkünfte) handelt, kann nicht im Veranlagungsverfahren zur Einkommensteuer und in dem deswegen geführten - vorliegenden - Rechtsmittelverfahren entschieden werden. Vielmehr ist darüber im Verfahren der gesonderten Feststellungen zu befinden, weil an den Einkünften mehrere Personen - der Kläger und die Klägerin - beteiligt sind (§ 180 Abs. 1 Nr. 2 a der Abgabenordnung - AO 1977 -).

Eine gesonderte Feststellung wäre nur entbehrlich in einem Fall von geringer Bedeutung i. S. des § 180 Abs. 3 Satz 1 (jetzt Nr. 2) AO 1977. Ein solcher liegt jedoch nicht vor, wenn bei den gemeinschaftlichen Einkünften der Ehegatten zu entscheiden ist über die Abgrenzung verschiedener Einkunftsarten (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 26. Juli 1983 VIII R 28/79, BFHE 139, 335, BStBl II 1984, 290), insbesondere - wie hier - über das Bestehen eines gewerblichen Grundstückshandels oder das Vorliegen von Überschußeinkünften (BFH-Urteile vom 8. Oktober 1986 I R 58/83, BFH/NV 1987, 767; vom 18. September 1984 VIII R 197/80, Juristisches Informationssystem - JURIS -, sowie VIII R 138/82, JURIS).

Die verfahrensmäßige Trennung zwischen der Veranlagung zur Einkommensteuer einerseits und der vorgreiflichen gesonderten Feststellung gemeinsamer Einkünfte andererseits gehört zur Grundordnung des Verfahrensrechts; ein Verstoß hiergegen stellt einen wesentlichen, ohne Rüge im Revisionsverfahren zu beachtenden Mangel dar (BFH-Urteil vom 3. Februar 1976 VIII R 29/71, BFHE 118, 135, 138, BStBl II 1976, 396 unter 2. bis 3.).

Die Sache ist mangels Entscheidungsreife an das FG zurückzuverweisen, das unter Aussetzung der Verhandlung in der vorliegenden Einkommensteuersache gemäß § 74 FGO das Ergebnis des vom FA noch durchzuführenden Verfahrens der gesonderten Feststellung abzuwarten hat.

 

Fundstellen

Haufe-Index 416247

BFH/NV 1990, 6

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