Entscheidungsstichwort (Thema)

Einkommensteuer/Lohnsteuer/Kirchensteuer Körperschaftsteuer

 

Leitsatz (amtlich)

1. Der Tausch von Anteilsrechten an Kapitalgesellschaften führt grundsätzlich zur Verwirklichung der im Buchwert der hingegebenen Anteile enthaltenen stillen Rücklagen. Eine Ausnahme gilt nur für die Fälle, in denen bei wirtschaftlicher Betrachtung wegen der Wert-, Art- und Funktionsgleichheit der getauschten Anteile die Nämlichkeit der hingegebenen und der erhaltenen Anteile bejaht werden kann. Bei der Beurteilung der Nämlichkeit sind alle Umstände des einzelnen Falls zu berücksichtigen, so daß sich allgemein gültige Abgrenzungsmerkmale nicht bezeichnen lassen; ob die erhaltenen Anteile Gesellschaftsrechte am Tauschpartner darstellen, hat keine Bedeutung. Daß wirtschaftlich zwingende Erwägungen zum Tausch führten, rechtfertigt nicht die übertragung der stillen Rücklagen auf das erhaltene Wirtschaftsgut.

2. Die Grundsätze des Urteils des Reichsfinanzhofs VI A 434/30 vom 9. Mai 1933, Reichssteuerblatt 1933 S. 999, dürfen nicht auf die Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter in eine Kapitalgesellschaft im Rahmen einer Kapitalerhöhung gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten übertragen werden. Die Einbringung führt in der Regel zur Realisierung der im Buchwert des eingebrachten Wirtschaftsguts steckenden stillen Rücklagen. Dies gilt auch für die Einbringung von Aktien und GmbH-Anteilen.

3. Bei der echten Verschmelzung, die die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 KStG erfüllt, dürfen die Gesellschafter der aufgenommenen Kapitalgesellschaft die empfangenen Anteile zum Buchwert der hingegebenen Anteile ansetzen.

4. Die unechte Verschmelzung führt in der Regel bei den die Anteile an der beherrschten Kapitalgesellschaft hingebenden Minderheits- oder Mehrheitsgesellschaftern zur Gewinnverwirklichung.

 

Normenkette

EStG §§ 5, 6/1/1, § 6 Abs. 1 Ziff. 2; KStG § 15 Abs. 2

 

Tatbestand

Der Senat gab dem Bundesminister der Finanzen und dem Deutschen Industrie- und Handelstag Gelegenheit, schriftlich und mündlich Stellung zu nehmen. Die Auffassungen des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen, des Bundesministers der Finanzen und des Deutschen Industrie- und Handelstags werden im folgenden den Stellungnahmen des Senats in stark verkürzter Form vorangestellt. Da der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen im Laufe des Verfahrens seine Meinung in wesentlichen Punkten änderte, wird grundsätzlich von der von ihm zuletzt vertretenen Auffassung ausgegangen. Es erscheint dem Senat aber zum Verständnis der Abgrenzungsschwierigkeiten der offenbar innerhalb der Finanzverwaltung bestehenden Meinungsverschiedenheiten und der Stellungnahme des Deutschen Industrie- und Handelstags zweckmäßig, auf die änderung der von dem Finanzminister des Landes Nordrhein- Westfalen in den Vordergrund gestellten Gesichtspunkte gelegentlich hinzuweisen.

 

Entscheidungsgründe

Allgemeine Grundsätze

I. Die Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen

Während der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner ersten Stellungnahme vom 7. Januar 1958 seiner bisherigen Verwaltungspraxis entsprechend bei einem freiwillig vollzogenen Aktientausch in Anwendung der vom Reichsfinanzhof in seinem Urteil VI 754/39 vom 10. April 1940, Reichssteuerblatt (RStBl) 1940 S. 595, entwickelten Grundsätze eine Gewinnverwirklichung regelmäßig, nur dann verneinte, wenn die getauschten Aktien als artgleich, gleichwertig und funktionsgleich angesehen werden könnten, unterschied er in dem Schriftsatz vom 23. Oktober 1958 die sogenannten echten Tauschgeschäfte von Gewinnverwirklichungen im Rahmen von gesellschaftsrechtlichen Vorgängen. Er führte unter anderem folgendes aus:

Bei den gesellschaftsrechtlichen Vorgängen handele es sich nicht um einen echten Tausch, sondern weitgehend um Vorgänge, bei denen die Frage der Gewinnverwirklichung nicht nach Tauschgrundsätzen, sondern nach den für Einlagen und Entnahmen geltenden Gesichtspunkten zu beurteilen sei. Es seien zu unterscheiden die gesellschaftsrechtliche Einlage von Sachwerten in eine Kapitalgesellschaft, der Wandel der Gesellschaftsanteile, der sich bei Fusionen oder formwechselnden Umwandlungen von Kapitalgesellschaften bei dem Aktionär der schwindenden Kapitalgesellschaft vollziehe, und die Entnahme des Vermögens der umgewandelten oder aufgelösten Kapitalgesellschaft durch den Gesellschafter.

Gehe man in übereinstimmung mit der Literatur (zum Beispiel Kommentar zum Umwandlungs-Steuergesetz "Ohrmann-Rau" S. 55) davon aus, daß sich das im § 4 des Gesetzes über Steuererleichterungen bei der Umwandlung von Kapitalgesellschaften und bergrechtlichen Gewerkschaften (UmwStG) vom 11. Oktober 1957, Bundesgesetzblatt - BGBl - I S. 1713, festgelegte Bewertungswahlrecht bereits aus den allgemeinen einkommensteuerlichen Grundsätzen ergebe, so liege schon aus Gründen der logischen Symmetrie die Annahme nahe, daß in den Fällen der Einlage von Sachwerten in eine Kapitalgesellschaft, die nur eine Umkehrung des sich in den Fällen der Umwandlung und Auflösung vollziehenden Entnahmevorgangs bedeuteten, ein analoges Wahlrecht des Gesellschafters bestehe. Um Umgehungen entgegenzutreten, habe der Reichsfinanzhof die Ausübung des Bewertungswahlrechts und damit zugleich die Frage der Gewinnverwirklichung beim einbringenden Gesellschafter mit dem von der Kapitalgesellschaft gewählten Wertansatz gekoppelt (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 434 30 vom 9. Mai 1933, RStBl 1933 S. 999). Nach der vom Reichsfinanzhof entwickelten Methode der "Buchwertverknüpfung" gelte das hier in Betracht kommende Bewertungswahlrecht in folgender Form. Bringe ein buchführender Kaufmann Sachwerte in eine Kapitalgesellschaft ein und setze die Kapitalgesellschaft die eingebrachten Wirtschaftsgüter mit dem Teilwert an, so bedeute der Unterschied zwischen dem bisherigen Buchwert und dem von der Gesellschaft gewählten Wertansatz für den Einbringenden einen verwirklichten Gewinn. übernehme indessen die Kapitalgesellschaft das eingebrachte Wirtschaftsgut mit dem Buchwert des Einbringenden, so trete beim Einbringenden eine Gewinnverwirklichung nicht ein. Er sei berechtigt, die an die Stelle der eingebrachten Sachwerte getretenen Gesellschaftsanteile mit dem Buchwert der eingebrachten Wirtschaftsgüter anzusetzen.

In den Fällen der echten Fusion und der formwechselnden Umwandlung einer Kapitalgesellschaft führe der Anteilswandel, der sich beim Anteilseigner der schwindenden Kapitalgesellschaft vollziehe, nicht zu einer Gewinnverwirklichung. Der Anteilswandel bedeute lediglich den juristischen Reflex des sich auf Grund der Fusion oder der formwechselnden Umwandlung im Wege der Gesamtrechtsnachfolge vollziehenden Einbringungsvorgangs. Auch der frühere Reichsfinanzhof habe bei der echten Fusion eine Gewinnverwirklichung verneint (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 805/31 vom 3. Februar 1932, RStBl 1932 S. 464).

Vollziehe sich eine unechte Fusion in der Weise, daß der Gesellschafter der Untergesellschaft seine Anteile in die Obergesellschaft einlege, an der er bereits als Gesellschafter beteiligt sei oder an der er erst durch das Einbringen seiner Anteile beteiligt werde, so handele es sich der Sache nach um die Einlage eines Sachwerts in eine Kapitalgesellschaft. Die Gewinnverwirklichung beim einbringenden Gesellschafter sei mithin grundsätzlich nach der oben dargelegten Methode der Buchwertverknüpfung zu entscheiden. Die Frage der Gewinnverwirklichung wäre damit auch bei der unechten Fusion einwandfrei entschieden, wenn es nicht gewisse Fälle gäbe, in denen das Problem der Gewinnverwirklichung beim Gesellschafter schlechterdings nicht nach der Methode der Buchwertverknüpfung gelöst werden könne, in denen nämlich eine große Kapitalgesellschaft (X) ihr Aktienkapital unter Ausschluß des Bezugsrechts der eigenen Aktionäre erhöhe und die ausschließlich aus Kleinaktionären bestehenden Gesellschafter einer anderen Aktiengesellschaft (Y) auffordere, ihre Aktien an der Aktiengesellschaft Y in einem bestimmten Umtauschverhältnis gegen junge Aktien der Aktiengesellschaft X umzutauschen. Machten die Kleinaktionäre der Aktiengesellschaft Y von diesem Umtauschangebot Gebrauch, so wäre es allein schon wegen der technischen Schwierigkeiten nicht gerechtfertigt, die Frage der Gewinnverwirklichung bei den einzelnen Kleinaktionären davon abhängig zu machen, ob und inwieweit der Buchansatz, den die Obergesellschaft X für die erworbenen Aktien der Untergesellschaft Y wähle, die bisherigen Buchwerte der Kleinaktionäre für ihre Y- Aktien übersteige. Die Methode der Buchwertverknüpfung entbehre beim Einbringen von Sachwerten durch Kleinaktionäre der rechtlichen und sachlichen Begründung, weil sie vom Reichsfinanzhof lediglich zur Abwehr von Steuerumgehungen entwickelt worden sei. Solche Manipulationen seien bei Kleinaktionären, die keinerlei Einfluß auf die Kapitalgesellschaft ausübten, nicht zu befürchten.

Die Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens seien grundsätzlich mit den Anschaffungskosten zu bewerten. Die Anschaffungskosten eines im Tauschwege erworbenen Wirtschaftsguts bestünden in der Wertsubstanz des weggegebenen Tauschguts. Daraus ergebe sich, daß das erworbene Tauschgut mit dem Teilwert des hingegebenen Tauschguts zu bewerten sei. Der Tausch führe demnach grundsätzlich zur Verwirklichung der im Buchwert des hingegebenen Tauschgegenstands enthaltenen stillen Reserven.

Es gebe indessen Tauschvorgänge, in denen eine solche am Gesetzeswortlaut haftende Gesetzesauslegung dem wirtschaftlichen Inhalt des Sachverhalts nicht gerecht werden würde. Der Reichsfinanzhof habe für die Fälle des Ausscheidens von Wirtschaftsgütern aus dem Betriebsvermögen infolge höherer Gewalt oder infolge der Grundlage einer wertenden, sich über den Gesetzeswortlaut erhebenden rechtlichen Betrachtungsweise das Rechtsinstitut der Rücklage für Ersatzbeschaffung entwickelt. In Fortführung der vom Reichsfinanzhof entwickelten Betrachtungsweise sollte eine Gewinnverwirklichung beim Tausch auch dann verneint werden, wenn sich der Tausch als eine mittelbare Folge einer behördlichen Maßnahme oder als ein Akt zur Rückgängigmachung einer als unzweckmäßig erkannten behördlichen Maßnahme charakterisieren lasse. Es bestünden keine Bedenken, bei dem Sachverhalt, der dem Urteil des Bundesfinanzhofs IV 460/56 U vom 4. April 1957, Bundessteuerblatt (BStBl) 1957 III S. 195, Slg. Bd. 64 S. 521, zugrunde gelegen habe, und bei Tauschvorgängen zur Rückgängigmachung von alliierten Entflechtungsmaßnahmen eine Gewinnverwirklichung zu verneinen. Es sollten auch besonders geartete Fälle einer wirtschaftlichen Zwangslage steuerlich den Fällen des behördlichen Zwangs gleichgestellt werden, zum Beispiel Tauschvorgänge, die der Vermeidung eines sonst an den Tauschobjekten eintretenden Schadens dienten.

Es sprächen ferner überzeugende Gründe dafür, die Gewinnverwirklichung auch in jenen anders gearteten Tauschfällen zu verneinen, in denen sich der Tausch bei dem steuerlich zu beurteilenden Tauschpartner als reiner Akt der Gefälligkeit darstelle. Das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 10. April 1940 behandele einen solchen Fall des Gefälligkeitstausches. Eine umfassende Darstellung der von dem Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in diesem Verfahren vertretenen Auffassung ist von Thiel in "Der Betrieb" 1958 S. 1281, veröffentlicht worden, so daß im übrigen auf diese Ausführungen verwiesen werden kann.

II. Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen

Der Bundesminister der Finanzen ging ebenso wie der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in seinem Schreiben vom 7. Januar 1958 grundsätzlich von der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung aus und führte im wesentlichen folgendes aus. Der Tausch führe grundsätzlich wie der Verkauf zu einer Aufdeckung und Versteuerung der stillen Reserven, die in dem Buchwert des zum Tausch gegebenen Gegenstands lägen. Dieser Grundsatz gelte auch für den Tausch von Anteilsrechten, gleichgültig ob diese zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen des tauschenden Unternehmers gehörten. Die Rechtsprechung habe jedoch zwei Ausnahmen zugelassen. Die erste betreffe den Tausch von Wirtschaftsgütern infolge höherer Gewalt, die zweite einzelne Fälle des Tausches von Anteilsrechten.

Der Reichsfinanzhof und ihm folgend der Bundesfinanzhof hätten wiederholt darauf hingewiesen, daß die Frage, ob beim Tausch Gewinnrealisierungen verneint und die in den veräußerten Gegenständen liegenden stillen Reserven auf die eingetauschten Wirtschaftsgüter übertragen werden dürften, nur im Einzelfall entschieden werden könne (zum Beispiel Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 387/33 vom 16. August 1934, RStBl 1935 S. 155, und Urteil des Bundesfinanzhofs I 4/52 U vom 17. Mai 1952, BStBl 1952 III S. 208, Slg. Bd. 56 S. 536). In der Tat bereite die Aufstellung einheitlicher Grundsätze dafür, wann beim Tausch von Wirtschaftsgütern eine Gewinnrealisierung zu verneinen sei, erhebliche Schwierigkeiten.

Die sich grundsätzlich aus § 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ergebende Gewinnrealisierung werde nur dann vermieden werden können, wenn der Tausch des bisherigen Wirtschaftsguts gegen das neue Gut bei wirtschaftlicher Betrachtung keine Veräußerung und Neuanschaffung darstelle, das heißt wenn die Nämlichkeit des hingegebenen und des eingetauschten Wirtschaftsguts bejaht werden könne. Um für die Beurteilung allgemeine Grundsätze herauszustellen, sei der Inhalt des Begriffs der "wirtschaftlichen Nämlichkeit" bestimmter festzulegen. Die wirtschaftliche Nämlichkeit setze zumindest objektive Nämlichkeit, subjektive Nämlichkeit und Gleichwertigkeit der getauschten Wirtschaftsgüter voraus.

Eine objektive Nämlichkeit liege vor, wenn das hingegebene und das empfangene neue Wirtschaftsgut nach allgemeiner wirtschaftlicher Verkehrsanschauung in ihren wirtschaftlichen Möglichkeiten (Funktion) als gleiche Wirtschaftsgüter anzusehen seien. Hierbei sei ein strenger Maßstab anzulegen. Bei Anteilsrechten müsse man Gleichheit der wirtschaftlichen Vorteile verlangen, die die Beteiligung an dem Unternehmen biete. Dazu sei zumindest Branchengleichheit der Unternehmen erforderlich.

Eine subjektive Nämlichkeit sei anzunehmen, wenn das im Tauschweg erworbene Wirtschaftsgut im Betriebsvermögen des Steuerpflichtigen dem gleichen Verwendungszweck wie das hergegebene Wirtschaftsgut diene, wenn es also die "gleiche betriebliche Funktion" ausübe. Daher müsse die Bedeutung, die das Wirtschaftsgut für den Betrieb habe, über den bloßen Besitz am Wirtschaftsgut hinausgehen. Die Bedeutung von Anteilsrechten innerhalb des Betriebsvermögens dürfe sich deshalb nicht nur auf den Kapitalwert, den der Besitz an diesen Wertpapieren darstelle, beschränken. Die Anteilsrechte müßten vielmehr im Betrieb eine wesentlich andere und weitergebundene Aufgabe erfüllen. Eine solche "betriebliche Funktion" könne zum Beispiel darin liegen, daß der Anteilseigner aus betrieblichen Gründen auf das Unternehmen, dessen Anteile er besitze, einen bestimmten, seinem eigenen Unternehmen dienenden Einfluß ausüben könne und wolle.

Das Erfordernis der Gleichwertigkeit sei nach dem Preis zu beurteilen, der bei einer Veräußerung der Anteile im gewöhnlichen Geschäftsverkehr zu erzielen wäre. Dabei seien Umstände, die allein in den besonderen Verhältnissen des tauschenden Unternehmens begründet seien, nicht zu berücksichtigen.

III. Die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags

Der Deutsche Industrie- und Handelstag ging von den folgenden Grundsätzen aus. Allgemein werde die Rechtsansicht, daß Tauschgeschäfte grundsätzlich zu einer steuerlichen Gewinnverwirklichung führten, auf die Bewertungsvorschriften des § 6 EStG gestützt. Mit den Grundsätzen des Handelsrechts erscheine indessen die Bemessung des Anschaffungspreises der eingetauschten Anteile nach dem Teilwert der hingegebenen Anteile nicht vereinbar. Denn nach dem in der Praxis für alle Unternehmen verbindlichen § 133 des Aktiengesetzes (AktG) seien zwar Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften wie im Steuerrecht grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Als Anschaffungskosten der eingetauschten Anteilsrechte sei indessen nicht der Teilwert der hingegebenen Anteilsrechte, sondern deren Buchwert anzusehen (Teichmann-Köhler, Kommentar zum Aktiengesetz, 3. Auflage, 1950, zu § 133, Anmerkung 2a). Aus keinem der Urteile des Reichsfinanzhofs lasse sich die vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in seinem Schriftsatz vom 7. Januar 1958 vertretene Auffassung rechtfertigen, nach der eine Gewinnverwirklichung beim Aktientausch nur verneint werden solle, wenn die getauschten Anteile als "artgleich, gleichwertig und funktionsgleich" angesprochen werden könnten. Die Berufung des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 4. April 1957 gehe schon deshalb fehl, weil es sich hier um einen Grundstückstausch gehandelt habe. Die Tatbestandsmerkmale der Artgleichheit, der Gleichwertigkeit und der Funktionsgleichheit könnten zwar bei tauschähnlichen Vorgängen als Anhaltspunkte dafür dienen, ob wirtschaftlich wirklich ein Tausch gewollt sei. Für die Beurteilung der Frage, ob eine Gewinnrealisierung vorliege, könne ihnen jedoch keine entscheidende Bedeutung zukommen. Für die steuerrechtliche Behandlung von Tauschvorgängen sei in erster Linie entscheidend, ob der bilanzierende Kaufmann eine Realisierung der in den tauschweise hingegebenen Wirtschaftsgütern steckenden stillen Reserven beabsichtigt habe. Es könne nicht entscheidend sein, ob die stillen Reserven nicht nur bei dem hingebenden Kaufmann beibehalten, sondern auch bei dem Tauschpartner gebildet würden.

IV. Stellungnahme des Senats Anteilsrechte an Kapitalgesellschaften sind unabhängig davon, ob sie zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehören, mit den Anschaffungs- und Herstellungskosten anzusetzen (§ 6 Abs. 1 Ziff. 2 EStG). Die Anschaffungskosten eines erworbenen Wirtschaftsguts können nur danach bemessen werden, was der Kaufmann aus seinem Betriebsvermögen zum Erwerb aufwendet. Wenn seine Gegenleistung nicht wie beim Kauf in Geld, sondern wie beim Tausch in anderen Wirtschaftsgütern besteht, so fehlt es an einer wirtschaftlich vernünftigen Begründung dafür, daß die Gegenleistung und damit der Ansatz der Anschaffungskosten nicht mit dem tatsächlichen Wert, sondern nach dem mehr oder minder zufälligen Buchwert des hingegebenen Wirtschaftsguts bemessen werden soll. Der Reichsfinanzhof und ihm folgend der Bundesfinanzhof haben deshalb in ständiger Rechtsprechung (zum Beispiel Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 1361/29 vom 2. April 1930, RStBl 1930 S. 363, und Urteile des Bundesfinanzhofs I 246/54 U vom 13. September 1955, BStBl 1955 III S. 320, Slg. Bd. 61 S. 314, und vom 4. April 1957) die Auffassung vertreten, daß beim Tausch der Anschaffungspreis des eingetauschten Wirtschaftsguts nicht gleich dem Buchwert, sondern gleich dem gemeinen Wert des hingegebenen Wirtschaftsguts ist. Von dieser grundsätzlichen Rechtsprechung zur Auslegung des § 6 Abs. 1 EStG abzugehen, ist nicht möglich.

Es ist zwar richtig, daß handelsrechtlich unter bestimmten Voraussetzungen Bedenken dagegen bestehen können, beim Tausch eine volle Gewinnrealisierung anzunehmen. Daß handelsrechtlich grundsätzlich ein Zwang zur übertragung der stillen Rücklagen auf das eingetauschte Wirtschaftsgut besteht, will offenbar auch der Deutsche Industrie- und Handelstag nicht behaupten. Nach den Grundsätzen des Handelsrechts kann die stille Reserve mit Rücksicht auf das Niederstwertprinzip übertragen werden, weil es sich in keinem Fall um die Bildung neuer willkürlicher stiller Reserven handelt und weil Ansätze unter dem Teilwert im Handelsrecht in viel größerem Umfang als im Steuerrecht zulässig sind. Die Bilanzierung in der Steuerbilanz muß sich aber nach den steuerlichen Vorschriften richten.

Läßt man zunächst den Gesichtspunkt des Zwangsverkaufs und des Zwangstausches außer Betracht, wo der Tausch nicht anders als der Kauf behandelt wird, so folgt aus dem Grundsatz, daß steuerlich eine Veräußerung und ein Erwerb gegen Geld nicht anders als gegen Hingabe von nicht in Geld bestehenden Wirtschaftsgütern behandelt werden kann, daß grundsätzlich der Tauschvertrag zu einer Gewinnrealisierung führt und eine übertragung der stillen Reserven vom hingegebenen auf das eingetauschte Wirtschaftsgut nicht zulässig ist. Die im Steuerrecht gebotene wirtschaftliche Betrachtung kann aber bei Würdigung aller Umstände des Einzelfalls abweichend von der bürgerlich-rechtlichen Beurteilung ausnahmsweise zu dem Ergebnis führen, daß beim Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften steuerlich kein Anschaffungsgeschäft und kein Tauschvertrag vorliegt, weil die hingegebenen und eingetauschten Anteile wirtschaftlich identisch sind. Das von dem Senat erbetene Gutachten bezieht sich nur auf den Tausch von Anteilen an Kapitalgesellschaften. Nur mit diesem Tausch befassen sich die folgenden Ausführungen. Sie dürfen, soweit sich aus dem Gutachten nicht etwas anderes ergibt, nicht auf andere Tauschvorgänge übertragen werden.

Die Frage der Identität der hingegebenen und eingetauschten Anteile ist nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu entscheiden, wobei, wie der Bundesminister der Finanzen mit Recht betont, schon mit Rücksicht auf die Abweichung von dem sonst auch für das Steuerrecht maßgebenden bürgerlichen Recht eine enge Auslegung geboten ist. Aus dem Begriff der Identität oder der Nämlichkeit ergibt sich das Erfordernis der Gleichartigkeit, der Funktionsgleichheit und der Gleichwertigkeit der hingegebenen und der eingetauschten Anteile. Insoweit stimmten auch die Stellungnahme des Bundesministers der Finanzen und die ursprüngliche Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen in seinem Schriftsatz vom 7. Januar 1958 überein.

Dem Deutschen Industrie- und Handelstag und dem Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen ist darin zuzustimmen, daß mit den bezeichneten Merkmalen keine allgemeine Formel dafür gefunden ist, wann ausnahmsweise beim Tausch von Anteilen steuerlich eine übertragung der stillen Reserven zugelassen werden kann. Denn gerade die Betonung der wirtschaftlichen Betrachtung, mit der allein die Nämlichkeit begründet wird, macht eine Berücksichtigung und Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erforderlich, so daß die Merkmale der den Begriff der Nämlichkeit ausmachenden Gleichwertigkeit, Gleichartigkeit und Funktionsgleichheit nur als Anhalt in dem Sinn gewürdigt werden können, daß es entscheidend auf alle Umstände des Falls ankommt. Die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs, an der der Senat grundsätzlich in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen festhält und die auszudehnen der Senat schon mit Rücksicht auf den zwingenden Gesetzesbefehl des § 6 EStG nicht in der Lage ist, stellte je nach den Umständen des Einzelfalls das eine oder andere Merkmal in den Vordergrund und hob auch andere Gesichtspunkte, zum Beispiel den des Zwangs oder der Gefälligkeit, hervor, die für den wirtschaftlich zu fassenden Begriff der Gewinnrealisierung von Fall zu Fall Bedeutung erlangen können.

Der Begriff der Gleichwertigkeit ist in dem Sinn aufzufassen, daß die gemeinen Werte der hingegebenen und eingetauschten Anteile in etwa einander entsprechen müssen. Diese Voraussetzung liegt in der Regel vor, weil sich bei einem gegenseitigen Vertrag Leistung und Gegenleistung auszugleichen pflegen. Da es hier aber nicht auf den Teilwert, sondern auf den gemeinen Wert der Wirtschaftsgüter ankommt, sind durchaus Fälle denkbar, in denen ein Tauschpartner eine Zwangslage des anderen Beteiligten ausnutzt und Anteilsrechte eintauscht, die einen erheblich höheren Wert als die hingegebenen Anteile haben. In diesen Fällen kann die Nämlichkeit schon mit Rücksicht auf den erheblichen Wertunterschied zu verneinen sein. Die Tatsache, daß sich jeder Tauschpartner von dem Tausch in der Regel einen geschäftlichen Vorteil verspricht, führt nicht zur Verneinung der Gleichwertigkeit.

Die Merkmale der Funktionsgleichheit und der Gleichartigkeit entziehen sich einer juristischen Formulierung und gehen auch ineinander über. Die Funktionsgleichheit kann deshalb zu bejahen sein, weil die eingetauschten Anteile bei objektiver Betrachtung die gleiche betriebliche Funktion erfüllen wie die hingegebenen Anteile oder bei wirtschaftlicher Betrachtung die gleichen Wirtschaftsgüter repräsentieren und deshalb nur eine formale änderung einer Beteiligung am Betriebsvermögen vorliegt. Eine bedeutsame Erhöhung oder der Verlust der Herrschaftsbefugnis über das durch das Anteilsrecht repräsentierte Betriebsvermögen, der Erwerb oder der Verlust des Schachtelprivilegs, eine bedeutende Veränderung der Beteiligungsquote und der Verlust oder Erwerb ins Gewicht fallender, mit der Beteiligung verbundener betrieblicher Vorteile oder Nachteile führen in der Regel zur Verneinung der Funktionsgleichheit. Bei der Prüfung der Gleichartigkeit kann es jedenfalls dann nicht allein auf die Branchengleichheit abgestellt werden, wenn gerade die erstrebte Funktionsgleichheit die Branchenänderung bedingt oder wenn die Branche für den aus Gefälligkeit handelnden Unternehmer unter den Gesichtspunkten seines Betriebs keine Rolle spielt.

Auf den vom Deutschen Industrie- und Handelstag in den Vordergrund gestellten Willen des Kaufmanns, durch den Tausch einen Gewinn zu realisieren, kommt es nicht an, worüber sich auch der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen und der Bundesminister der Finanzen einig sind. Dieser Wille ist kaum feststellbar und kann nicht allein aus der Fortführung und übertragung der stillen Reserven entnommen werden. Man kann von keinem Kaufmann erwarten, daß, wenn von seinem Willen eine steuerliche Belastung abhängt, er einen dahingehenden Willen äußert. Im Ergebnis führt also die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags entgegen dem sich aus § 6 Abs. 1 EStG ergebenden Gesetzesbefehl zur Verneinung der Gewinnrealisierung bei Tauschvorgängen. Der Deutsche Industrie- und Handelstag kann seine Auffassung nicht aus einzelnen Satzwendungen des Urteils des Bundesfinanzhofs vom 4. April 1957 herleiten.

Die Ausführungen des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen in seiner Stellungnahme vom 23. Oktober 1958 weichen in wesentlichen Punkten von seiner früheren, mit dem Bundesminister der Finanzen weitgehend übereinstimmenden Auffassung ab, daß es für die Gewinnrealisierung allein auf die wirtschaftliche Nämlichkeit ankomme. Die grundsätzliche unterschiedliche und abweichende Beurteilung solcher Tauschgeschäfte, bei denen der Eintauschende Anteilsrechte des Tauschpartners erhält, und solcher Vorgänge, bei denen er Anteilsrechte an anderen Kapitalgesellschaften als Gegenleistung erwirbt, findet in der wirtschaftlichen Betrachtung und in der bisherigen höchstrichterlichen Rechtsprechung keine Stütze. Die wirtschaftliche Nämlichkeit, auf die es allein bei der Gewinnrealisierung ankommt, darf nicht grundsätzlich danach beurteilt werden, ob die eingetauschten Anteilsrechte solche des Tauschpartners oder solche an einer anderen Kapitalgesellschaft darstellen. Auch wenn der Eintauschende Anteile am Tauschpartner erhält, braucht der Tausch deshalb noch nicht einmal beim Tauschpartner mit einem gesellschaftsrechtlichen Vorgang in Verbindung zu stehen, weil der Tauschpartner die eigenen Anteile auch erworben haben kann.

Der grundsätzliche Rechtsirrtum des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner letzten Stellungnahme liegt bereits im Ausgangspunkt seiner Betrachtung. Auf Sacheinlagen in Verbindung mit Kapitalerhöhungen (gesellschaftliche Vorgänge) sind die Vorschriften des § 6 EStG anzuwenden. Es handelt sich beim Gesellschafter um Geschäftsvorfälle, die zum Erwerb von Wirtschaftsgütern führen, die mit den Anschaffungskosten anzusetzen sind. Rechtlich ist es ohne Bedeutung, ob die Sacheinlage in einem Anteil an einer Kapitalgesellschaft (Aktie, GmbH-Anteil) oder in einem sonstigen Sachwert besteht. Streng genommen liegt hier ein "Tausch" der eingebrachten Aktien gegen neue Aktien, die aus der Kapitalerhöhung stammen, nicht vor. Bei gesellschaftlichen Vorgängen muß hinsichtlich der steuerlichen Auswirkungen stets zwischen den Gesellschaftern und der Gesellschaft unterschieden werden. Gesellschaftliche Vorgänge berühren zwar nicht das steuerliche Ergebnis der Gesellschaft; sie können aber auf den Gewinn des Gesellschafters, der die Einlage aus seinem betrieblichen Vermögen leistet, von Einfluß sein.

Aus der bisherigen Behandlung der Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft durch übertragung des Betriebsvermögens auf die Gesellschafter als Mitunternehmer oder aus der Einbringung des Betriebsvermögens einer Personengesellschaft in eine von den gleichen Personen gebildete Kapitalgesellschaft dürfen keine entscheidenden Schlüsse für die Gewinnverwirklichung bei der Einbringung einzelner Sachwerte in eine Kapitalgesellschaft gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten gezogen werden. Hier dürfen Anteilsrechte nicht anders als sonstige Sachwerte behandelt werden. Der Reichsfinanzhof bejahte in der vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in den Vordergrund gestellten und auch vom Senat gebilligten Entscheidung vom 9. Mai 1933 bei der Umwandlung eines Einzelunternehmens in eine Kapitalgesellschaft die wirtschaftliche Nämlichkeit des eingebrachten Betriebsvermögens und der erhaltenen Anteilsrechte deshalb, weil er der Umwandlung im wesentlichen formale Bedeutung beimaß und das bisherige "Engagement" nur in anderer Form als fortgesetzt ansah. Auf gleichen Erwägungen beruhte das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 16. August 1934. Dieser Gedanke der wirtschaftlichen Nämlichkeit des Betriebsvermögens und des dieses Vermögen in vollem Umfang repräsentierenden Anteils bildete die Grundlage dieser Entscheidungen. Die Forderung der Fortführung der im Betriebsvermögen vorhandenen stillen Reserven durch die Kapitalgesellschaft im Urteil vom 9. Mai 1933 diente lediglich der Vermeidung von Steuerumgehungen. Es dürfen deshalb aus dieser Forderung nicht allgemeine Schlußfolgerungen in der Richtung gezogen werden, daß Tauschvorgänge ohne Prüfung der wirtschaftlichen Nämlichkeit der hingegebenen und eingetauschten Anteile oder Wirtschaftsgüter nach allgemeinen Grundsätzen dann zu keiner Gewinnrealisierung führen, wenn die in den hingegebenen Anteilen steckenden stillen Reserven vom Tauschpartner fortgeführt oder neu begründet werden.

Die Ausführungen des Reichsfinanzhofs im Urteil vom 9. Mai 1933 über den Austausch zweier Geschäftsgrundstücke und die Fortführung der in ihren Buchwerten steckenden stillen Reserven entsprechen nicht der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs, wie sich eindeutig aus dem Urteil vom 4. April 1957 ergibt. Was die Einlage einzelner Sachwerte gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten anlangt, so ist zwar richtig, daß der Reichsfinanzhof bei der Begründung der Notwendigkeit, daß die Kapitalgesellschaft die stillen Reserven des eingebrachten Betriebsvermögens in ihren Buchwerten fortführt, von der Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter als Sacheinlage ausgeht. Wollte man aus dieser Darstellung allgemein den Schluß ziehen, daß die Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter als Sacheinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten an der Kapitalgesellschaft zu keiner Gewinnrealisierung der in dem Buchwert der Sacheinlage steckenden stillen Reserven führt, so könnte sich der Senat dieser Auffassung nicht anschließen. Denn es besteht, wenn man auf den Gesichtspunkt der wirtschaftlichen Nämlichkeit abstellt, ein grundlegender Unterschied zwischen der Umwandlung eines Einzelunternehmens oder einer Personengesellschaft in eine Kapitalgesellschaft und der Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten. Nur im ersten Fall läßt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung die Nämlichkeit der Anteilsrechte und des von ihnen repräsentierten Betriebsvermögens bejahen. Bei der Einbringung einzelner Wirtschaftsgüter ist das in der Regel deshalb nicht möglich, weil der eingetauschte Anteil einen Anteil am gesamten Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft repräsentiert, in dessen Rahmen der eingebrachte Sachwert keine Bedeutung mehr hat. Das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 16. August 1934 behandelt einen Sonderfall, dessen Grundsätze nicht verallgemeinert werden dürfen.

Gegen die vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen in seiner letzten Stellungnahme entwickelten Grundsätze bestehen auch aus folgenden Erwägungen Bedenken. Wenn die Einbringung von Anteilen als Sacheinlage wegen Gewährung von Anteilen des Tauschpartners grundsätzlich zu keiner Gewinnrealisierung führen würde, so könnte die Hingabe der Anteile an Erfüllungs Statt im Falle der Bargründung nicht anders behandelt werden. Außerdem ist die Fortführung des Buchwerts bei der Kapitalgesellschaft praktisch wohl nur dann möglich, wenn der Einbringende die Kapitalgesellschaft beherrscht. Denn andernfalls wird er darauf bestehen, einen dem gemeinen Wert seiner Sacheinlage entsprechenden Anteil an der Kapitalgesellschaft zu erhalten, dessen Nennwert mit dem Buchwert der Sacheinlage in keinem Zusammenhang steht. Schließlich ist es bedenklich, die Steuerpflicht des Minderheitsgesellschafters von der Verbuchung seiner Kapitaleinlage bei der Kapitalgesellschaft abhängig zu machen, auf die er keinen Einfluß hat und die er nicht zu kennen braucht.

Der Senat kann sich auch den Schlußfolgerungen nicht anschließen, die der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen aus der im § 4 UmwStG geregelten begünstigten Umwandlung einer Kapitalgesellschaft in eine Personengesellschaft und aus dem Urteil des Reichsfinanzhofs VI 353/42 vom 27. Oktober 1943, RStBl 1944 S. 194, zieht. Es kann im Rahmen dieses Gutachtens nicht entschieden werden, ob sich das in § 4 UmwStG geregelte Bewertungswahlrecht der Gesellschafter bereits aus allgemeinen steuerlichen Grundsätzen ergibt. Es ist zwar richtig, daß der Reichsfinanzhof im Urteil vom 27. Oktober 1943 einen Zwang zur Gewinnverwirklichung insoweit ablehnte, als sich der Nennbetrag der erhaltenen Beteiligung an der Personengesellschaft mit dem Buchwert der Anteile der umgewandelten Kapitalgesellschaft deckte. Er verlangte aber andernfalls grundsätzlich die Gewinnverwirklichung in Höhe des Unterschieds des Teilwerts der erhaltenen Wirtschaftsgüter zum Buchwert der erloschenen Beteiligung. Dabei wies er ausdrücklich auf die grundsätzliche Verschiedenheit der Aktienbeteiligung und der Erlangung von Miteigentum an dem durch die Wertpapiere repräsentierten Betriebsvermögen im Rahmen einer Unternehmergemeinschaft hin. Trotz dieser wirtschaftlichen Verschiedenheit hielt es dann der Reichsfinanzhof ohne nähere Begründung unter Hinweis auf die kaufmännischen Gepflogenheiten für angebracht, die stillen Reserven im bisherigen Betriebsvermögen der Kapitalgesellschaft unaufgelöst zu lassen. Bei dieser nicht voll aufeinander abgestimmten Begründung dürfen jedenfalls weder aus einzelnen Teilen der Urteilsgründe noch aus dem Ergebnis weittragende Folgen für die Gewinnrealisierung bei Tausch von Anteilsrechten im allgemeinen gezogen werden.

Bei der Erörterung der einzelnen von dem Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen gebildeten Beispiele werden die vorstehenden allgemeinen Ausführungen noch ergänzt und vertieft werden.

die einzelnen Tatbestände Bei den einzelnen von dem Finanzminister des Landes Nordrhein- Westfalen gebildeten Beispielen handelt es sich um die folgenden Fälle.

I. Erstes Beispiel An der Aktiengesellschaft X (Grundkapital 100 Mio DM), die ein bedeutsames Versorgungsunternehmen im Bundesland A betreibt, sind beteiligt das Bundesland A zu 80 v. H. und die in einem anderen Bundesland ansässige Aktiengesellschaft B zu 20 v. H. Das Bundesland A legt Wert darauf, den Einfluß von B auf X auszuschalten. Es erwirbt von dritter Seite (Z) eine 25%ige Beteiligung an dem Versorgungsunternehmen Y (Grundkapital 40 Mio DM) und bietet die Beteiligung an Y der B zum Tausch gegen die Beteiligung von B an X an. B nimmt das Tauschangebot an, weil sie es aus anderen wirtschaftlichen Gründen für zweckmäßig hält, dem Wunsche des Bundeslandes A entgegenzukommen, und weil sie im übrigen die zu tauschenden Beteiligungen für die Zwecke ihres Unternehmens als durchaus gleichwertig erachtet. Die Beteiligung an X steht bei B mit 20 Mio DM zu Buch, der Teilwert der Beteiligung beträgt 22 Mio DM.

Kann B bei der Bewertung der neuerworbenen Beteiligung an Y den Buchwert der hingegebenen Beteiligung an X beibehalten?

1. Die Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen

Nachdem der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen zunächst die Auffassung vertreten hatte, daß die Art- und Wertgleichheit der getauschten Aktien anerkannt, die Gewinnverwirklichung aber deshalb bejaht werden müsse, weil die eingetauschten Aktien nicht funktionsgleich seien, sah er in seiner letzten Stellungnahme in dem Tausch eine Gefälligkeitshandlung, die nicht zu einer Gewinnverwirklichung führe. Es sei für die Annahme eines Gefälligkeitstausches nicht erforderlich, daß der Tausch aus rein altruistischen Beweggründen vollzogen werde.

2. Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen

Nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen läßt der Tatbestand nicht eindeutig erkennen, ob die im Tauschweg erworbene Beteiligung an dem Versorgungsunternehmen Y im Betriebsvermögen der B die gleiche betriebliche Funktion wie die bisherige Beteiligung an der X ausübe und damit die erforderliche "subjektive Nämlichkeit" der erworbenen Anteile mit den hergegebenen vorliege. Eine Gewinnrealisierung sei zu bejahen, falls dieses für die Annahme der subjektiven Nämlichkeit erforderliche Tatbestandsmerkmal nicht ergänzend festgestellt werden könne. Sollte, wofür der Sachverhalt keinen Anhalt gebe, die Beteiligung an dem Versorgungsunternehmen X die Versorgung mit Energie der B sicherstellen und sei die eingetauschte Beteiligung an dem Versorgungsunternehmen Y objektiv geeignet und im vorliegenden Fall auch dazu bestimmt, künftig in gleicher Weise die Versorgung der B mit Energie zu garantieren wie die hergegebene Beteiligung, so würde der neuen Beteiligung eine besondere betriebliche Funktion zukommen. In wirtschaftlicher Betrachtung könne dann die Beteiligung an der Y als sowohl objektiv wie subjektiv nämlich mit der früheren Beteiligung an der X angesehen werden.

3. Die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags

Der Deutsche Industrie- und Handelstag bejahte die Funktionsgleichheit im allgemeinen wirtschaftlichen Sinn. Es spiele keine Rolle, welches Volumen die eingetauschten Aktien bei den beiden Tauschpartnern hätten. Die Aktiengesellschaft B dürfe deshalb bei der neuerworbenen Beteiligung an Y den Buchwert der hingegebenen Beteiligung an X beibehalten.

4. Stellungnahme des Senats Es handelt sich um die Ermöglichung einer unechten Fusion durch den einzigen Minderheitsgesellschafter, der dem Land A diese Fusion zwar aus eigenen, außerhalb des Tauschvorgangs liegenden geschäftlichen Erwägungen ermöglichen will, an den zur Durchführung der Fusion notwendigen Tauschtransaktionen selbst aber kein eigenes betriebliches Interesse hat. Die für die unechte Fusion allgemein geltenden Grundsätze werden im Beispiel 4 dargestellt. Die Ausführungen zu diesem Beispiel beschränken sich deshalb, weil das Vorhandensein der Merkmale der Gleichartigkeit und Gleichwertigkeit zu Zweifeln keinen Anlaß gibt, auf die Frage, ob eine solche änderung der betrieblichen Bedeutung der Beteiligung eingetreten ist, daß die Funktionsgleichheit und deshalb die wirtschaftliche Nämlichkeit verneint werden müssen.

Die Beurteilung der Funktion der Beteiligung der Aktiengesellschaft B an der X erfordert eine genaue Kenntnis aller Einzelheiten des Tatbestandes. Es ist für die Funktionsgleichheit von Bedeutung, ob betriebliche Beziehungen zwischen dem Betrieb der B und dem Versorgungsunternehmen X bestehen, die nach Durchführung des Tausches auf Y übergehen. Offenbar ist das nicht der Fall, weil der Tausch im wesentlichen auf dem Wunsch der Aktiengesellschaft B beruht, dem Land A gefällig zu sein. Erschöpft sich die Bedeutung der Beteiligung der B an X für ihren Betrieb in dem Besitz einer günstigen Kapitalanlage und ist es deshalb für sie unerheblich, ob sie an Stelle der Beteiligung von 20 v. H. an dem Versorgungsunternehmen X eine Beteiligung von 25 v. H. an einem anderen Versorgungsunternehmen erhält, so braucht die Funktionsgleichheit nicht immer schon deshalb verneint zu werden, weil die eingetauschte Beteiligung das Schachtelprivileg genießt und gewisse Minoritätsrechte verbürgt. Die steuerliche Bedeutung des Schachtelprivilegs ist durch die besondere Körperschaftsteuer im Sinne des § 9 Abs. 3 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) geringer geworden und die nominelle Erhöhung der Beteiligungsquote kann für die Aktiengesellschaft B möglicherweise ohne jedes betriebliche Interesse sein.

Anders liegen die Verhältnisse allerdings in der Regel dann, wenn der Eintauschende bereits an der Gesellschaft, deren Anteile er erhält, beteiligt ist und diese Beteiligung in einem bürgerlich-rechtlich oder steuerlich bedeutsamen Umfang erhöht wird oder wenn er gegen eine Minderheitsbeteiligung eine Mehrheitsbeteiligung eintauscht. In diesen Fällen spricht eine gewisse Vermutung dafür, daß das betriebliche Interesse des Eintauschenden eine bedeutsame änderung erfährt, die die Annahme der Funktionsgleichheit ausschließt. Da es gerade bei der nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten zu beurteilenden Funktionsgleichheit auf alle Umstände des Einzelfalls ankommt und das vom Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen gebildete Beispiel nicht alle diese bedeutsamen Einzelheiten enthält, ist eine endgültige Entscheidung nicht möglich.

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen lehnte unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 10. April 1940 die Pflicht zur Gewinnrealisierung schon deshalb ab, weil es sich auf Seiten der B um einen Akt der Gefälligkeit handele. Eine solche Bedeutung kann der Senat der sogenannten Gefälligkeit nicht beimessen. Sie läßt sich auch nicht aus dem bezeichneten Urteil des Reichsfinanzhofs entnehmen. Das Urteil läßt sowohl im Rechtssatz als auch in der Begründung eindeutig erkennen, daß es auf die gleiche wirtschaftliche Bedeutung der eingetauschten Beteiligung für den Betrieb ankommt und daß der Gesichtspunkt der Gefälligkeit nur im Rahmen der Prüfung der Funktionsgleichheit eine gewisse Rolle spielt. Das ist insofern zutreffend, als die Feststellung der Gefälligkeit beim Eintauschenden den Schluß rechtfertigen kann, daß seine betrieblichen Interessen am Tauschvorgang nicht unmittelbar im Tausch selbst begründet sind und daß deshalb unter Umständen eine Vermutung dafür spricht, daß sich die betriebliche Bedeutung der hingegebenen und eingetauschten Anteile nicht veränderte. In einem anderen Sinn kann die in der Praxis sicher schwer bestimmbare sogenannte Gefälligkeit schon deshalb nicht verstanden werden, weil der Kaufmann in der Regel einem Tausch nur dann zustimmt, wenn er es aus betrieblichen Gründen für vorteilhaft hält. Das ist auch in dem hier zu beurteilenden Beispiel der Fall. Bezeichnet man also einen Tauschvorgang, bei dem das betriebliche Interesse des Eintauschenden auf Erwägungen beruht, die ihre Grundlage außerhalb des eigentlichen Tauschvorgangs haben, als Gefälligkeitstausch, so ist kein Grund dafür ersichtlich, weshalb ein solcher Gefälligkeitstausch hinsichtlich der Gewinnrealisierung grundsätzlich anders behandelt werden sollte als ein Tauschvorgang, bei dem das betriebliche Interesse am Tauschvorgang im Tauschgeschäft selbst beruht. Es erscheint lediglich gerechtfertigt, diesen Unterschied im Rahmen der Gesamtbeurteilung zu verwerten, wie es im Urteil des Reichsfinanzhofs vom 10. April 1940 geschehen ist. Einen entscheidenden Faktor bildet die schwer abgrenzbare Gefälligkeit nicht.

II. Zweites Beispiel Bei dem im übrigen gleichen Sachverhalt wie unter I. wird der Tauschvorgang in der Weise abgewickelt, daß die Aktiengesellschaft B ihre Beteiligung an der X zum Preise von 22 Mio DM an das Bundesland A veräußert und ihrerseits - etwa sechs Monate nach Vollzug des Veräußerungsgeschäftes - die Beteiligung an der Y zum Preise von 22 Mio DM unmittelbar von Z erwirbt.

1. Die Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen will diesen Tatbestand im Hinblick darauf, daß der Reichsfinanzhof im Urteil vom 10. April 1940 den Tausch im wirtschaftlichen Sinn dem echten Tausch gleichstellte, in derselben Weise wie das Beispiel I behandeln, also von einer Gewinnverwirklichung absehen.

2. Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen

Nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen werde man bereits auf Grund des großen zeitlichen Abstands auch bei wirtschaftlicher Betrachtung die Veräußerung der alten Beteiligung und den Erwerb der neuen nicht lediglich als formalen Wechsel der Beteiligungsgrundlage ansehen können, selbst wenn die erworbene Beteiligung mit der veräußerten gleichwertig und objektiv sowie ihrer Bestimmung im Betrieb nach, also auch subjektiv, der hergegebenen gleich sein sollte, ja selbst wenn B bei Aufgabe ihrer Beteiligung an der X bereits die Absicht gehabt hätte, eine Beteiligung gleichen Werts zur gleichen betrieblichen Verwendung zu erwerben. Hier lägen vielmehr auch wirtschaftlich betrachtet zwei selbständige Geschäftsvorfälle vor, so daß Gewinnrealisierung anzunehmen sei.

3. Die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags

Der Deutsche Industrie- und Handelstag will trotz der bürgerlich-rechtlich voneinander unabhängigen Tatbestände steuerrechtlich einen einheitlichen Tauschvorgang annehmen. Es sei steuerlich unschädlich, daß zwischen dem Verkauf der alten und der Beschaffung der neuen Anteile eine längere Zeitspanne liege, da gleichwertige Ersatzanteile nicht immer sofort greifbar seien.

4. Stellungnahme des Senats Der Senat schließt sich grundsätzlich der Auffassung des Bundesministers der Finanzen an. Durch den Verkauf von Anteilen werden ebenso wie bei jeder anderen Veräußerung die im verkauften Anteil liegenden stillen Reserven realisiert. Die Absicht, an Stelle der veräußerten Beteiligung sobald als möglich gleichartige, gleichwertige und funktionsgleiche Anteilsrechte an einer anderen Kapitalgesellschaft zu erwerben, kann in der Regel nicht den Erfolg haben, daß das später erworbene Anteilsrecht mit dem veräußerten Anteil wirtschaftlich identisch ist (Urteil des Reichsfinanzhofs VI A 292/28 vom 13. Juni 1928, RStBl 1928 S. 378). Andernfalls müßte man, wenn zwischen der Veräußerung und dem Erwerb ein Bilanzstichtag liegt, die für den Zwangsverkauf geltenden Grundsätze anwenden und eine steuerfreie Rücklage für Ersatzbeschaffung zulassen. Wie sich aber aus den Ausführungen unter IV, Ziffer 4 am Ende, ergibt, lehnt der Senat die Ausdehnung der für den Zwangsverkauf entwickelten Grundsätze auf andere Tatbestände ab.

Nun besteht allerdings die Möglichkeit, daß sich ausnahmsweise Kauf und Deckungskauf bei wirtschaftlicher Betrachtung als ein einheitlicher Vorgang darstellen und daß der Tatsache, daß nicht der Tauschpartner die eingetauschten Wertpapiere liefert, deshalb nur formelle Bedeutung zukommt, weil der Tauschpartner diese Anteile zur Durchführung eines unmittelbaren Tausches ebenso gut wie der Eintauschende hätte selbst erwerben können. So lagen die Fälle in den Urteilen des Reichsfinanzhofs vom 13. Juni 1928 und 10. April 1940. Kann jedoch der Tauschpartner zur Zeit des Abschlusses des Kaufvertrags dem Wunsch des anderen Teils, die Gegenleistung nicht in Geld, sondern in gleichartigen Anteilsrechten zu erhalten, nicht entsprechen, weil solche Anteilsrechte auf dem Markt zur Zeit nicht zu haben sind, und einigen sich die Beteiligten schließlich auf eine Geldleistung, so ist die Gewinnrealisierung bei diesem Verkauf nicht deshalb zu verneinen, weil der die Wertpapiere liefernde Vertragsteil mit dem Geld sobald als möglich einen Deckungskauf gleichartiger Anteilsrechte durchführen will und durchführt. Hier schließen die Beteiligten bewußt einen Kaufvertrag und bringen zum Ausdruck, daß sie mit dem Abschluß dieses Vertrags nicht so lange warten wollen, bis die Gegenleistung für die hingegebenen Anteile durch gleichartige Anteilsrechte bewirkt werden kann, sei es, daß der anderen Teil diese Anteilsrechte selbst liefert, sei es, daß der die Anteile hingebende Vertragsteil zur Vereinfachung des Verfahrens und zur Ersparung von Kosten sie sofort mit dem Gelderlös erwirbt. Aus dem langen Zeitraum von sechs Monaten zwischen dem Verkauf der Beteiligung an der X durch B und dem Deckungskauf durch B von Z ist zu schließen, daß das Land A eine vertragliche Verpflichtung zur Beschaffung der Beteiligung an der Y als Gegenleistung für die erhaltene Beteiligung an der X nicht übernommen hätte und daß es Sache und Gefahr der B war, ob es ihr gelingen würde, mit dem erhaltenen Kaufpreis einen Ersatz zu beschaffen. Die Pflicht zur Gewinnrealisierung ist deshalb in übereinstimmung mit dem Bundesminister der Finanzen zu bejahen.

III. Drittes Beispiel Die Aktiengesellschaft A ist an zwei Aktiengesellschaften der Chemieindustrie beteiligt, und zwar zu 40 v. H. an der Aktiengesellschaft X (Grundkapital 100 Mio DM) und zu 4 v. H an der Aktiengesellschaft Y (Grundkapital 250 Mio DM). Beide Beteiligungen gehören zum Anlagevermögen der A. Die X erhöht ihr Grundkapital von 100 Mio DM auf 150 Mio DM. Die Ausgabe der jungen Aktien erfolgt zu pari. Die A erlegt den auf sie entfallenden Anteil an der Kapitalerhöhung in der Weise, daß sie die jungen X-Aktien gegen Hingabe ihrer Beteiligung an der Y erwirbt. Die X bewertet die erworbene Beteiligung an Y - nominal 10 Mio DM - mit dem Börsenkurs von 200 v. H. Die Beteiligung an der Y steht bei A mit 10 Mio DM zu Buch; der Teilwert der Beteiligung beträgt 20 Mio DM.

Kann die Aktiengesellschaft A die neuerworbenen X-Aktien mit dem Buchwert der hingegebenen Y-Aktien bewerten?

Dem Aktientausch liegen folgende wirtschaftliche überlegungen zugrunde:

Fall a: Der Erwerb der Beteiligung an der Y bezweckt auf Seiten der X die Verstärkung einer bereits seit Jahren bestehenden Beteiligung der X an Y. A geht davon aus, daß die Verstärkung der Y- Beteiligung in der Hand der X nicht nur für X, sondern auch für sie selbst in ihrer Eigenschaft als Gesellschafterin der X von wirtschaftlichem Nutzen ist.

Fall b: Die Kapitalerhöhung bei X ist dazu bestimmt, der Gesellschaft die für die Durchführung von Investitionen erforderlichen flüssigen Mittel zu verschaffen. Demgemäß wird X die im Tauschwege erworbenen Y-Aktien alsbald nach dem Erwerb wieder veräußern. A hat sich zum Tausch deshalb entschlossen, weil sie auf diese Weise die sonst für den Erwerb des auf sie entfallenden Anteils an der Kapitalerhöhung der X aufzuwendenden flüssigen Mittel einspart.

1. Die Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen war zunächst unter Hinweis auf das Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. Mai 1933 und unter Ablehnung der Grundsätze des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 16. August 1934 über den Fortbestand eines mittelbaren Herrschaftsverhältnisses über die hingegebenen Anteile der Auffassung, daß der Tausch bei der Aktiengesellschaft A zu einer Gewinnrealisierung führe. In seiner Stellungnahme vom 23. Oktober 1958 nahm er einen gesellschaftsrechtlichen Vorgang, nämlich das Einbringen eines Sachwerts in eine Kapitalgesellschaft, an, der nur deshalb nach der oben dargelegten Methode der Buchwertverknüpfung sowohl im Fall a als auch im Fall b mit einer Pflicht zur Gewinnverwirklichung verbunden sei, weil die Obergesellschaft X die eingebrachten Y-Aktien mit dem Börsenkurs von 200 v. H. bewertet habe.

2. Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen

Der Bundesminister der Finanzen beurteilte den Fall wie folgt. Bei dem Grundtatbestand handele es sich zwar um Anteile an Unternehmen der gleichen Branche, jedoch sei eine Gleichheit der betrieblichen Funktion der hergegebenen Anteilsrechte an Y und der neuausgegebenen Anteilsrechte an X nicht zu erkennen. Er bejahe deshalb bereits wegen fehlender subjektiver Nämlichkeit in beiden Varianten des Falles III die Gewinnrealisierung. In den Urteilen vom 16. August 1934 und 9. Mai 1933 habe der Reichsfinanzhof zwar die Gewinnrealisierung verneint, weil der Veräußerer den Betrieb mittelbar über seine Beteiligung an der Kapitalgesellschaft noch "weiter betreibe"; nur die bürgerlich-rechtliche Form der Rechtsbeziehung zu dem Betriebsvermögen habe sich geändert. Im vorliegenden Tatbestand wurden aber lediglich Anteilsrechte, das heißt nur einzelne Wirtschaftsgüter, nicht ein ganzer Betrieb oder zumindest ein organisch selbständiger Teilbetrieb für den Erwerb der Beteiligung hingegeben. Es fehle somit die wichtigste Voraussetzung, die der Reichsfinanzhof für die Verneinung der Gewinnrealisierung in den erwähnten Urteilen für erforderlich halte, nämlich die mittelbare Weiterführung eines in die Kapitalgesellschaft eingebrachten Unternehmens.

Im Fall a werde mit dem Tauschgeschäft in erster Linie ein betriebliches Interesse der X und nicht der A verfolgt. Dieses Motiv des Tauschgeschäfts allein sei nicht geeignet, den neuerworbenen jungen X-Aktien die gleiche betriebliche Funktion im Betriebsvermögen der A zuzusprechen, die die hingegebenen Anteilsrechte an der Y ausübten. Die Tatsache, daß A über die Beteiligung an der X nach dem Aktientausch an der Y noch mittelbar beteiligt sei, reiche allein nicht aus, bei der Veräußerung der Y- Aktien eine Gewinnrealisierung zu verneinen. Erst recht könne im Fall b nicht mehr von einer gleichen betrieblichen Funktion der erworbenen jungen X-Aktien gesprochen werden. A verwende ihre Anteilsrechte an der Y lediglich als Zahlungsmittel zum Erwerb der jungen X-Aktien.

3. Die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags

Der Deutsche Industrie- und Handelstag nahm wie folgt Stellung. Die Tauschobjekte seien als gleichwertig anzusehen. Die Tatsache, daß die aufnehmende Gesellschaft die eingetauschten Y-Aktien nicht mit dem bisher bei A ausgewiesenen Buchwert von 10 Mio DM, sondern zum Börsenkurswert von 20 Mio DM bewertete, sei für die Frage, ob A die neuerworbenen X-Aktien mit dem Buchwert der hingegebenen Y- Aktien bewerten dürfe, ohne Bedeutung. Auch im Fall b sei die Hingabe von Anteilsrechten zur Erfüllung der Einzahlungsverpflichtung aus der Kapitalerhöhung nur aus dem Gesamtmotiv zu erklären, den geschäftlichen Einfluß bei der X aufrechtzuerhalten. Aus diesem Grunde seien die Fälle a und b gleichzubeurteilen.

4. Stellungnahme des Senats Auf Grund der Kapitalerhöhung der X war die A zur Bareinzahlung von 20 Mio DM, das sind 40 v. H. des Erhöhungsbetrages von 50 Mio DM, verpflichtet, wenn sie von ihrem Bezugsrecht als Aktionär Gebrauch machen wollte. Die Hingabe der Anteile an der Y an Erfüllungs Statt zur Abgeltung der Bareinzahlung hatte mit der Kapitalerhöhung unmittelbar nichts zu tun. Mit der Hingabe eines Wirtschaftsguts zur Tilgung einer Geldverpflichtung ist grundsätzlich die Pflicht zur Gewinnrealisierung verbunden. Selbst wenn man in besonders gelagerten Fällen die aus Vereinfachungsgründen gewählte Bargründung oder die Kapitalerhöhung durch Bareinzahlung bei wirtschaftlicher Betrachtung einer Sachgründung gleichstellen wollte, so ergibt sich bereits aus den allgemeinen Ausführungen des Senats, daß die Grundsätze des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 9. Mai 1933 nicht auf Sacheinlagen übertragen werden dürfen. Wie der Bundesminister der Finanzen zutreffend ausführt, ist es allerdings richtig, daß es Fälle geben kann, in denen die wirtschaftliche Nämlichkeit des eingebrachten Anteils und des erhaltenen Anteils an dem Tauschpartner unter Berücksichtigung aller Einzelheiten des Tatbestands zu bejahen ist. Solche Fälle werden in den Urteilen des Reichsfinanzhofs I A 417/28 vom 20. Dezember 1928 (RStBl 1929 S. 66), I A 384/32 vom 1. März 1933 (RStBl 1933 S. 427), vom 16. August 1934 und VI 306/42 vom 29. März 1944 (RStBl 1945 S. 18) behandelt. Wie im Urteil des Reichsfinanzhofs vom 29. März 1944 mit Recht hervorgehoben wird, darf die Gewinnrealisierung bei solchen freiwilligen, auf betrieblichen Erwägungen der Beteiligten beruhenden Tauschvorgängen nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wenn sich nämlich die wirtschaftliche Lage des Betriebs durch den Tausch nicht verändert und die betriebliche Bedeutung der eingetauschten Beteiligung die gleiche geblieben ist. Im Rahmen dieses Gutachtens ist der Senat nicht in der Lage, im einzelnen zu den bezeichneten Urteilen Stellung zu nehmen.

Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen wies mit Recht in seiner ursprünglichen Stellungnahme vom 7. Januar 1958 darauf hin, daß die erhebliche Bedeutung, die bisweilen dem Fortbestand eines mittelbaren Herrschaftsverhältnisses über die hingegebenen Anteile durch eine neubegründete oder erweiterte Beteiligung am Tauschpartner beigemessen wird, deshalb bedenklich ist, weil der Tauschpartner den Buchwert des Eintauschenden nicht fortzuführen braucht. Der Fall b dieses Beispiels zeigt mit Deutlichkeit, welche unkontrollierbare Umgehung einer Versteuerung der stillen Reserven in einer Beteiligung, deren Veräußerung im Rahmen eines Konzerns beabsichtigt wird, möglich ist, wenn schon das Fortbestehen eines gewissen mittelbaren Herrschaftsverhältnisses über die hingegebenen Anteile zur Verneinung der Gewinnrealisierung führen würde. Der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen will deshalb nunmehr solche Umgehungen dadurch vermeiden, daß er die übertragung der stillen Reserven von der Fortführung des Buchwerts durch den Tauschpartner abhängig macht. Da der Senat indessen den allgemeinen Grundsatz, daß die Gewinnrealisierung von der Fortführung des Buchwerts durch den Tauschpartner abhängig gemacht werden kann, nicht für zutreffend hält, ist die notwendige Folge die, daß dem Fortbestehen oder der Begründung eines mittelbaren Herrschaftsverhältnisses über die hingegebenen Anteile nur in besonderen Ausnahmefällen im Rahmen der Prüfung der Funktionsgleichheit Bedeutung zukommt.

Geht man von diesen Grundsätzen aus, so besteht keine Möglichkeit, die hingegebenen Anteile an der Y in Höhe von 4 v. H. des Grundkapitals und die eingetauschten X-Aktien in Höhe von 20 Mio DM als funktionsgleich anzusehen. Auf die mehr oder weniger unkontrollierbaren Erwägungen und Behauptungen der Beteiligten kann es nicht entscheidend ankommen. Wenn die Beteiligten von Anfang an eine Veräußerung der Beteiligung an der Y zur Verbesserung der Liquidität oder um Mittel für Investitionen zu erhalten, beabsichtigten (Fall b), als Begründung aber die Verstärkung der Beteiligung an der Y in der Hand der X vortrugen, so wäre das Finanzamt überfordert, wenn es von der Richtigkeit eines solchen Vortrags die Gewinnrealisierung abhängig machen müßte. Bei objektiver Beurteilung des Sachverhalts zeigt sich, daß die A eine geringfügige, wohl nur als Kapitalanlage Bedeutung besitzende Beteiligung an der Y dazu benutzte, um die für sie bedeutsame Beteiligung an X in demselben Umfang aufrechterhalten zu können, ohne Barmittel aufbringen zu müssen. Es ist bei wirtschaftlicher Betrachtung kein Grund er sichtlich, warum dieser Fall anders behandelt werden sollte als die Veräußerung der Anteile an der Y und die Einzahlung des Erlöses bei der X zur Ausübung des Bezugsrechts. Das gilt sowohl für den Fall a als auch für den Fall b.

IV. Viertes Beispiel Die Aktiengesellschaft X (Grundkapital 250 Mio DM) ist zur 75 v. H. an der Aktiengesellschaft Y (Grundkapital 20 Mio DM), einem ihrer Zulieferwerke, beteiligt. Die übrigen 25 v. H. der Stammaktien der Y befinden sich im Streubesitz und werden an der Börse notiert und gehandelt.

Um ihren Einfluß bei Y unabhängig von den Minderheitsaktionären geltend machen zu können, beschließt X, sämtliche Aktien der Y zu übernehmen. Sie bietet den Minderheitsaktionären der Y an, ihre Y-Aktien im Verhältnis 1:1 des Nominalbetrags gegen X-Aktien, die sich in ihrem Besitz befinden, einzutauschen. An eine Verschmelzung (§§ 233 ff. AktG) der beiden Gesellschaften ist nicht gedacht. Es soll bei einer "unechten Fusion" verbleiben.

In der Sorge, daß der Börsenkurs der Y-Aktien bei weiterer Einflußnahme der X sinken würde, tauschen nach und nach sämtliche Minderheitsaktionäre der Y ihre Y-Aktien gegen X-Aktien ein. Der Dividendenertrag ändert sich durch den Aktientausch nicht, da die Dividendenausschüttung der Y seit vielen Jahren vertraglich an die der X gebunden war. Die Mitgliedschaftsrechte der Y-Aktionäre waren durch die zwischen X und Y bestehenden Interessengemeinschaftsverträge seit Jahrzehnten bereits derartig eingeschränkt, daß eine Einflußnahme der Minderheitsaktionäre auf die Geschäftsführung der Y, insbesondere auch auf die Gestaltung der Ertragsverhältnisse und auf die Ausschüttung von Dividenden, praktisch ausgeschlossen war.

Sind die tauschenden Minderheitsaktionäre berechtigt, die eingetauschten X-Aktien mit dem Buchwert der hingegebenen Y-Aktien zu bewerten?

Ist es für die rechtliche Beurteilung von Bedeutung, ob die Aktien der tauschenden Aktionäre bei diesen zum Anlage- oder Umlaufvermögen gehören?

Ist es rechtserheblich, wenn nicht Stammaktien der Y gegen Stammaktien der X, sondern Stammaktien der Y gegen stimmrechtslose Vorzugsaktien der X eingetauscht werden?

1. Die Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein- Westfalen

Unter Hinweis auf seine allgemeinen Ausführungen verneinte der Finanzminister des Landes Nordrhein-Westfalen im Fall einer unechten Fusion bei den tauschenden Minderheitsaktionären eine Gewinnverwirklichung, und zwar ohne Rücksicht auf den Wertansatz, den die Obergesellschaft X für die von den Minderheitsaktionären eingebrachten Y-Aktien wähle. Es sei ohne Bedeutung, ob die getauschten Aktien bei den Minderheitsaktionären zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen gehörten, oder ob Stammaktien gegen Stammaktien oder Stammaktien gegen stimmrechtslose Vorzugsaktien getauscht würden.

2. Die Auffassung des Bundesministers der Finanzen

Der Bundesminister der Finanzen vertrat die folgende Auffassung. Aus dem Sachverhalt sei nicht ersichtlich, welcher Art die besondere betriebliche Funktion sein solle, die die hergegebenen X-Aktien bei den Minderheitsaktionären ausübten. In dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 16. August 1934 habe der Umfang der späteren mittelbaren Beteiligung (43 v. H.) ungefähr dem der früheren unmittelbaren Beteiligung (40 v. H.) entsprochen. Hier handele es sich dagegen um Minderheitsaktionäre, die insgesamt nur 25 v. H. des Kapitals der übernommenen Gesellschaft besäßen. Nach dem Tausch seien sie alle nur mit 2 v. H. am Vermögen der übernehmenden Gesellschaft beteiligt. Von einer Einflußnahme, geschweige denn von einer Beherrschung könne deshalb keine Rede sein. Es fehle damit sowohl an der erforderlichen objektiven wie auch an der subjektiven Nämlichkeit der getauschten Anteile. Eine Anwendung der vom Reichsfinanzhof in seinem Urteil vom 16. August 1934 für besondere Fälle der unechten Fusion herausgestellten Grundsätze auf den vorliegenden Tatbestand sei nicht vertretbar. Daran könne auch der Umstand nichts ändern, daß die Minderheitsaktionäre den Tausch unter einem gewissen wirtschaftlichen Zwang vorgenommen haben mögen, nämlich um einen Wertverlust zu vermeiden, der bei weiterer Einflußnahme der X auf Y durch Sinken des Börsenkurses der Y- Aktien eingetreten wäre. Höhere Gewalt liege nicht vor. Die Sorge, Wertverluste zu erleiden, reiche allein nicht aus, eine Gewinnrealisierung zu verneinen.

Bejahe man die Gewinnrealisierung, so könne es grundsätzlich nicht mehr von Bedeutung sein, ob die Anteilsrechte zum Anlagevermögen oder zum Umlaufvermögen der tauschenden Minderheitsaktionäre gehörten. Bestehe die betriebliche Funktion der hingegebenen Anteile im wesentlichen in dem Besitz als solchem, zum Beispiel in der Möglichkeit, die Wertpapiere als Kreditunterlage oder zur Festlegung von zur Zeit verfügbaren Geldern zu benutzen, so sei diese Funktion nicht geeignet, auf eingetauschte Anteile übertragen zu werden.

3. Die Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags

Nach Auffassung des Deutschen Industrie- und Handelstags sind die tauschenden Minderheitsaktionäre berechtigt, die eingetauschten X-Aktien mit dem Buchwert der hingegebenen Y-Aktien zu bewerten, weil die Y-Aktien im Verhältnis 1:1 des Nominalbetrags gegen X-Aktien getauscht würden und keine Anhaltspunkte für ein grobes Mißverhältnis der Tauschobjekte vorlägen. Eine unterschiedliche Behandlung je nachdem, ob die hingegebenen Anteilsrechte zum Anlage- oder zum Umlaufvermögen der Tauschpartner gehörten, sei nicht gerechtfertigt.

4. Stellungnahme des Senats Nach dem Urteil des Reichsfinanzhofs vom 3. Februar 1932 liegt bei einer echten Verschmelzung eine steuerpflichtige Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung dann nicht vor, wenn der Gesellschafter der aufgenommenen Kapitalgesellschaft an Stelle seiner bisherigen Beteiligung Anteile der übernehmenden Kapitalgesellschaft erhält. Der Begründung dieses Urteils liegen insofern ähnliche Erwägungen wie den Urteilen des Reichsfinanzhofs vom 1. März 1933, 9. Mai 1933 und 16. August 1934 zugrunde, als die wirtschaftliche Nämlichkeit der hingegebenen und erhaltenen Anteile weitgehend deshalb bejaht wird, weil das bisherige Engagement in anderer, aber wirtschaftlich gleichwertiger und gleichartiger Form fortgesetzt werde. Es erscheint mindestens zweifelhaft, inwieweit dieser schon oben behandelte Gesichtspunkt dann entscheidend ist, wenn das übernommene Betriebsvermögen gegenüber dem Betriebsvermögen der aufnehmenden Kapitalgesellschaft an Bedeutung zurücktritt oder einen anderen wirtschaftlichen Charakter hat, zum Beispiel Aufnahme einer Grundstücksgesellschaft durch ein Stahlwerk. In solchen Fällen wird es auch kaum vom Zufall abhängen, welche der beiden Kapitalgesellschaften als aufnehmende Gesellschaft in Betracht kommt. Trotzdem stimmt der Senat der Auffassung des Reichsfinanzhofs zu, daß in Fällen der echten Verschmelzung bei der die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 KStG vorliegen, in der Regel die wirtschaftliche Nämlichkeit bejaht und die Gewinnrealisierung nicht erzwungen werden kann, wenn nicht eine Steuerumgehung erkennbar ist.

Wenn der Gesetzgeber bei der die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 KStG erfüllenden Verschmelzung von der Realisierung der in dem übertragenen Betriebsvermögen liegenden stillen Reserven absieht, so bringt er damit unter anderem zum Ausdruck, daß er in dem Betrieb der übernehmenden Kapitalgesellschaft eine Fortführung des Betriebs der übertragenden Kapitalgesellschaft sieht. Der gleiche Rechtsgedanke kommt auch in § 242 AktG zum Ausdruck. Denn die zwingende Fortführung der Buchwerte der übertragenden Aktiengesellschaft bei der übernehmenden Aktiengesellschaft beruht auf der Vorstellung, daß das übertragende Unternehmen durch die Verschmelzung nicht in seine einzelnen Bestandteile auseinanderfällt, sondern in der übernehmenden Aktiengesellschaft weiterlebt (vgl. Gebhardt, Handbuch der steuerlichen Betriebsprüfung 1938 Bd. 2 S. 213). Es erscheint deshalb vertretbar, diesen Gedanken auch bei der Frage zu verwerfen, ob der Gesellschafter der übertragenden Kapitalgesellschaft durch den Tausch von Anteilen der übernehmenden Kapitalgesellschaft wirtschaftlich etwas anderes erhält, als er bisher gehabt hat. Nur dürfen aus dieser Behandlung der echten Verschmelzung keine Schlüsse für die Fälle gezogen werden, bei denen die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 KStG nicht vorliegen. Bei diesen Fällen kommt es nach den oben entwickelten allgemeinen Gesichtspunkten unter Anlegung eines strengen Maßstabs darauf an, ob die wirtschaftliche Nämlichkeit bejaht werden kann. Dabei spielt im Rahmen der notwendigen Beurteilung aller Einzelheiten des Sachverhalts der Gesichtspunkt der Fortdauer des Herrschaftsverhältnisses oder der veränderten Rechtsform nur dann eine ins Gewicht fallende Rolle, wenn, wie im Urteil des Reichsfinanzhofs vom 9. Mai 1933, der hingegebene Anteil wirtschaftlich in etwa dasselbe Betriebsvermögen wie der eingetauschte Anteil repräsentiert.

Der Gesichtspunkt des fortbestehenden Herrschaftsverhältnisses mag auch in besonderen Fällen der unechten Verschmelzung eine Bedeutung haben, wie das der Reichsfinanzhof im Urteil vom 16. August 1934 annahm. Insofern stimmt der Senat den Ausführungen des Bundesministers der Finanzen zu, der bei der Erörterung des Urteils des Reichsfinanzhofs vom 16. August 1934 auf die geringfügige Veränderung der Beteiligung des Steuerpflichtigen an der zu übernehmenden GmbH (40 v. H.) und an der aufnehmenden Kapitalgesellschaft nach Durchführung der unechten Verschmelzung (43 v. H.) hinwies. In der Regel liegen die Verhältnisse bei der unechten Verschmelzung aber anders. Sie führt im allgemeinen sowohl bei Minderheits- als auch bei Mehrheitsgesellschaftern zu einer Gewinnrealisierung. Eine Ausnahme kann nur für die Fälle gemacht werden, in denen die unechte Verschmelzung der Vorbereitung der echten Verschmelzung dient und die echte Verschmelzung in so engem zeitlichen Zusammenhang folgt, daß in beiden Vorgängen bei wirtschaftlicher Betrachtung ein einheitlicher Vorgang zu sehen ist.

Prüft man im vorliegenden Beispiel die wirtschaftliche Nämlichkeit des von dem Minderheitsaktionär hingegebenen Anteils an der Y mit dem eingetauschten Anteil der X, so kann diese Nämlichkeit nicht allein deshalb bejaht werden, weil die wirtschaftliche Funktion des Anteilsbesitzes wahrscheinlich nur im Besitz selbst und den damit verbundenen Vorteilen, wie Sachwertanlage und Kreditunterlage, liegt. Denn der Sinn und Zweck eines solchen Anteilsbesitzes besteht grundsätzlich in der Anlage zur Zeit nicht gebrauchter Betriebsmittel und in der Möglichkeit kurzfristiger Verwertung. Geschieht diese Verwertung dann im Wege des Tausches, so erfüllt dieser Anteilsbesitz beim Tausch nicht weniger seine betriebliche Funktion als im Fall der Veräußerung. Da der eingetauschte Anteil ein völlig anderes Betriebsvermögen repräsentiert als der hingegebene Anteil und der Eintausch des hingegebenen Anteils im Rahmen seiner Zweckbestimmung liegt, besteht keine Veranlassung, den Tausch anders als die Veräußerung zu behandeln. Die Gewinnrealisierung bei Minderheitsaktionären kann nicht anders als beim Mehrheitsaktionär beurteilt werden.

Mit Recht weist der Bundesminister der Finanzen ferner darauf hin, daß der sogenannte wirtschaftliche Zwang keine andere Entscheidung bei Minderheitsaktionären rechtfertigen kann. Der Bundesfinanzhof lehnte es stets ab, noch so zwingende betriebliche Erwägungen behördlichen Eingriffen oder höherer Gewalt gleichzustellen (vgl. zum Beispiel das Urteil vom 4. April 1957). Der Senat schließt sich der Auffassung des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen nicht an, daß es besonders gelagerte Fälle einer wirtschaftlichen Zwangslage geben könne, bei denen allein wegen der Zwangslage von einer Gewinnrealisierung beim Tausch abgesehen werden dürfe. Es wäre in der Praxis auch kaum möglich, die Fälle der wirtschaftlichen Zwangslage und der Vermeidung sonst eintretender Schäden von denen abzugrenzen, wo die Aufgabe eines uninteressant gewordenen Wirtschaftsguts zweckmäßig erscheint und wo die betriebliche Zweckmäßigkeit zur wirtschaftlichen Zwangslage wird.

Es mag Fälle geben, in denen der Minderheitsaktionär insofern in eine gewisse Zwangslage kommt, als er bei Ablehnung des Tauschangebots Wert- und Kursverluste erleidet. Häufiger sind aber sicher die Fälle, in denen der Minderheitsaktionär, gerade weil die Obergesellschaft auf die Verstärkung ihres Herrschaftsverhältnisses über die Untergesellschaft aus betrieblichen Gründen entscheidenden Wert legt, wertmäßig für seinen aufgegebenen Anteil mehr erhält, als er ohne die unechte Verschmelzung im Fall der Veräußerung erzielt hätte. Solche Wertverluste oder Wertsteigerungen liegen im Rahmen des auch für Minderheitsanteile typischen Spekulationsbereichs und es besteht keine Veranlassung, von einer Gewinnrealisierung deshalb abzusehen, weil es Fälle gibt, in denen sich der Minderheitsgesellschafter zur Annahme des Tauschangebots zur Vermeidung von Verlusten und nicht zur Erzielung von Kurs- und Wertgewinnen entschließt.

Da der Senat der Auffassung des Bundesministers der Finanzen folgt und in dem Beispiel der unechten Verschmelzung grundsätzlich die Gewinnrealisierung bejaht, kommt es auf die in der Praxis wohl nur schwer zu entscheidende Frage, ob die Anteile zum Anlage- oder Umlaufvermögen gehören, oder auf die Frage, ob Stammaktien gegen stimmrechtslose Vorzugsaktien getauscht werden, nicht an. Es sei bemerkt, daß der Senat bei der Prüfung der wirtschaftlichen Nämlichkeit auf den Umstand, ob die Anteile Anlage- oder Umlaufvermögen sind, schon wegen der Schwierigkeit der Abgrenzung kein Gewicht legen würde und daß beim Eintausch von stimmrechtslosen Vorzugsaktien in der Regel die Gleichartigkeit verneint werden müßte.

Der Senat beantwortet die zum Beispiel IV gestellte Frage dahin, daß die tauschenden Minderheitsaktionäre nicht berechtigt sind, die eingetauschten X-Aktien mit dem Buchwert der hingegebenen Y- Aktien zu bewerten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 409258

BStBl III 1959, 30

BFHE 1959, 78

BFHE 68, 78

BB 1959, 71

DB 1959, 71

StRK, EStG:6/1/2 R 68

NJW 1959, 694

BFH-N, (K) Nr. 913

NWB/BBK, F. 17 S. 327

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