Entscheidungsstichwort (Thema)

Zugangsvoraussetzung, nicht Sachentscheidungsvoraussetzung in Art. 3 § 7 VGFGEntlG

 

Leitsatz (NV)

1. Art. 3 § 7 Abs. 1 VGFGEntlG enthält eine Zugangsvoraussetzung, nicht eine Sachentscheidungsvoraussetzung (vgl. BFH-Beschluß vom 11. Oktober 1979 IV B 61/79, BFHE 129, 8, BStBl II 1980, 49).

2. Ein beim FG gestellter, im Hinblick auf Art. 3 § 7 VGFGEntlG unzulässiger Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wird nicht dadurch zulässig, daß das FA später eine weitere Aussetzung der Vollziehung ausdrücklich ablehnt.

 

Normenkette

VGFGEntlG Art. 3 § 7

 

Verfahrensgang

FG Münster

 

Tatbestand

Der Antragsteller (Ast.) zu 1 hat durch notariell beurkundeten Vertrag vom 9. Dezember 1980 ein Grundstück gegen einen Kaufpreis von . . . DM gekauft. Nach dem Vertrag gingen der Kaufgegenstand sowie alle Nutzungen und Lasten mit dem 10. Januar 1981 auf den Käufer über. Eine erste Kaufpreisrate in Höhe von . . . DM sollte nach Eintragung einer Auflassungsvormerkung und Vorlage der erforderlichen Genehmigungen fällig werden. Der Ast. zu 1 hat diese Rate im Laufe des Monats Januar 1981 gezahlt.

Bei der VSt-Veranlagung 1981 lehnte es der Antragsgegner (Ag.) (das FA) ab, die Kaufpreisschuld in Höhe von . . . DM vom Rohvermögen als Verbindlichkeit abzuziehen. Seine Auffassung begründete er damit, daß beiderseits nicht erfüllte Verträge vermögensteuerrechtlich nicht zu berücksichtigen seien.

Die Ast. haben gegen den VSt-Bescheid 1981 vom 13. Januar 1983 nach erfolglosem Einspruch Klage erhoben, die noch beim FG anhängig ist. Zugleich haben sie beim FG beantragt, die Vollziehung des VSt-Bescheides 1981 bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Hauptverfahren auszusetzen.

Während des Einspruchsverfahrens hatte das FA die Vollziehung des VSt-Bescheides 1981 in Höhe von . . . DM bis einen Monat nach Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung ausgesetzt. Dagegen hat das FA den Ast. nach Eingang des Antrages auf Vollziehungsaussetzung beim FG mit Schreiben vom 12. September 1984 mitgeteilt, daß eine Aussetzung der Vollziehung nicht in Betracht komme, weil ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht beständen.

Das FG hat dem Antrag auf Vollziehungsaussetzung stattgegeben und die Vollziehung des VSt-Bescheides 1981 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung bis einen Monat nach Bekanntgabe der das Hauptverfahren abschließenden Entscheidung ausgesetzt und die Beschwerde zugelassen.

Zur Begründung seiner Entscheidung hat das FG ausgeführt: Der Antrag sei zulässig, weil Art. 3 § 7 VGFGEntlG keine Zugangs-, sondern nur eine Sachentscheidungsvoraussetzung enthalte und ein Antrag auf Aussetzung der Vollziehung, der unmittelbar beim FG gestellt werde, dadurch zulässig werden könne, daß die Zulässigkeitsvoraussetzungen nachträglich erfüllt würden, wie dies im Streitfalle geschehen sei. Der Antrag sei auch begründet. Soweit den Ast. der Abzug der Kaufpreisschuld in Höhe von . . . DM versagt worden sei, beständen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides (vgl. vor allem das Urteil des BFH vom 3. März 1978 III R 7/76, BFHE 125, 75, BStBl II 1978, 398). Das FA hat Beschwerde eingelegt und in erster Linie die Unzulässigkeit des Antrags auf Vollziehungsaussetzung geltend gemacht. Darüber hinaus hat es die Auffassung vertreten, es sei nicht ernstlich zweifelhaft, daß die Ast. bei der strittigen VSt-Festsetzung die Kaufpreisschuld nicht abziehen könnten. Auch der Anspruch auf Übertragung des gekauften Grundstücks sei nicht anzusetzen.

 

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde des FA führt zur Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und zur Abweisung des Antrages auf Aussetzung der Vollziehung als unzulässig.

Der unmittelbar beim FG gestellte Antrag auf Aussetzung der Vollziehung erfüllt nicht die Zugangsvoraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 1 VGFGEntlG. Es war zu diesem Zeitpunkt weder ein Antrag auf weitere Aussetzung der Vollziehung beim FA gestellt noch ein derartiger Antrag abgelehnt worden, wie dies Satz 1 der genannten Vorschrift erfordert.

Auch die Voraussetzungen des Satzes 2 der genannten Vorschrift lagen bei Einreichung des Antrages beim FG nicht vor. Das FA hatte insbesondere nicht zu erkennen gegeben, daß es einen erneuten Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ablehnen werde (vgl. Nr. 1 der genannten Vorschrift). Es war den Ast. nach den Umständen auch durchaus zuzumuten, zunächst einen erneuten Antrag auf weitere Aussetzung der Vollziehung beim FA zu stellen (vgl. hierzu Nr. 4 der genannten Vorschrift).

An der Entscheidung ändert sich auch dadurch nichts, daß das FA während des Schwebens des gerichtlichen Vollziehungsaussetzungsverfahrens durch Verfügung vom 12. September 1984 eine weitere Aussetzung der Vollziehung ausdrücklich abgelehnt hat und damit die Voraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 1 Satz 1 VGFGEntlG nunmehr erfüllt worden sind. Auswirkungen auf die Zulässigkeit des vorher gestellten Antrages beim FG ergeben sich jedoch daraus nicht. Denn der damals unzulässige Antrag konnte nicht nachträglich zulässig werden, weil es sich bei den Voraussetzungen des Art. 3 § 7 Abs. 1 VGFGEntlG um eine Zugangsvoraussetzung und nicht um eine Sachentscheidungsvoraussetzung handelt, wie der IV. Senat entschieden hat (vgl. den Beschluß vom 11. Oktober 1979 IV B 61/79, BFHE 129, 8, BStBl II 1980, 49). Der abweichenden Auffassung des FG vermag der erkennende Senat nicht zu folgen.

 

Fundstellen

Haufe-Index 413985

BFH/NV 1986, 107

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