Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung einer bereits entschiedenen Rechtsfrage

 

Leitsatz (NV)

1. Eine grundsätzliche Bedeutung der vom BFH mehrfach verneinten Frage, ob der Betriebsstättenbegriff des § 12 AO auch für die Auslegung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG (Fahrten Wohnung - Betriebsstätte) gilt, ist nicht erkennbar.

2. Anforderungen an Rüge der Divergenz und eines Verfahrensmangels.

 

Normenkette

EStG § 4 Abs. 5 Nr. 6; AO 1977 § 12; FGO § 115 Abs. 2 Nrn. 1-3, Abs. 3 S. 3

 

Gründe

Die Beschwerde ist unzulässig. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht hinreichend dargelegt (§ 115 Abs. 3 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung ― FGO ―; s. dazu Gräber, Finanzgerichtsordnung, 3. Aufl. 1993, § 115 Rz. 55 ff.). Soweit sich das Beschwerdevorbringen nicht in Einwänden gegen die Richtigkeit des angefochtenen Urteils erschöpft und schon deshalb unbeachtlich ist (Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 58), kann es aus folgenden Gründen zu keiner Sachentscheidung führen:

1. Daß die Rechtsfrage, ob der Betriebsstättenbegriff des § 12 der Abgabenordnung (AO 1977) auch für die Auslegung des § 4 Abs. 5 Nr. 6 des EinkommensteuergesetzesEStG ― (Fahrten zwischen einer Wohnung und einer Betriebsstätte) gilt, grundsätzlich bedeutsam wäre, ist aus der Beschwerdeschrift nicht zu ersehen.

Eine Rechtsfrage hat grundsätzliche Bedeutung, wenn an ihrer Beantwortung ein allgemeines Interesse besteht, weil ihre Klärung das Interesse der Allgemeinheit an der Fortbildung und/oder Handhabung des Rechts berührt. Es muß sich um eine aus rechtssystematischen Gründen bedeutsame und auch für die einheitliche Rechtsanwendung wichtige Frage handeln. Die Rechtsfrage muß klärungsbedürftig und im Streitfall klärbar sein. Das muß schlüssig und substantiiert in der Beschwerdebegründung vorgetragen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. Beschluß des Bundesfinanzhofs ― BFH ― vom 15. Dezember 1995 X B 75/95, BFH/NV 1996, 429). Hat der BFH eine Rechtsfrage schon entschieden, erfordert die schlüssige Darlegung der Klärungsbedürftigkeit eine eingehende Auseinandersetzung mit dem Rechtsproblem, aus der hervorgeht, warum es im Interesse der Allgemeinheit einer weiteren Entscheidung des BFH bedarf (Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 62, m. w. N.).

Hieran fehlt es im Streitfall. Der BFH hat mehrfach entschieden, daß die Betriebsstättenbegriffe in § 12 AO 1977 und § 4 Abs. 5 Nr. 6 EStG nicht identisch sind (z. B. Urteile vom 13. Juli 1989 IV R 55/88, BFHE 157, 562, BStBl II 1990, 23, und vom 19. September 1990 X R 44/89, BFHE 162, 77, BStBl II 1991, 97). Gründe, die eine erneute Entscheidung des BFH erforderlich machen könnten, läßt die Beschwerdeschrift nicht erkennen.

2. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs ist nicht ausreichend "bezeichnet" worden (§ 115 Abs. 3 Satz 3 FGO). Denn es wurden innerhalb der Beschwerdefrist nicht in sich schlüssig die Tatsachen genau angegeben, die den Mangel ergeben (s. auch Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 65).

Der Einwand, die Einzelrichterin habe in der mündlichen Verhandlung auf ein nicht amtlich veröffentlichtes BFH-Urteil (vom 27. Oktober 1993 I R 99/92, BFH/NV 1994, 701) hingewiesen, ist schon deshalb keine schlüssige Verfahrensrüge, weil mit einem derartigen Hinweis im Rahmen der gemäß § 93 Abs. 1 FGO gebotenen Erörterung der Streitsache gerade dem Recht auf Gehör Rechnung getragen und eine unzulässige Überraschungsentscheidung vermieden wird. Es bedurfte keines vorherigen schriftlichen Hinweises auf dieses Urteil.

3. Hinsichtlich der geltend gemachten Abweichung des erstinstanzlichen Urteils von dem BFH-Urteil vom 5. Mai 1994 VI R 6/92 (BFHE 174, 169, BStBl II 1994, 534) läßt die Beschwerde keine Divergenz in tragenden Rechtssätzen (vgl. BFH-Beschluß vom 21. Juni 1993 IX B 5/93, BFH/NV 1994, 381; Gräber, a. a. O., § 115 Rz. 63 f.) erkennen.

Im übrigen ergeht die Entscheidung gemäß Art. 1 Nr. 6 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs ohne Begründung.

 

Fundstellen

Haufe-Index 422728

BFH/NV 1997, 570

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