1 Systematische Einordnung

Bei nationalen Sachverhalten führen Beanstandungen der Außenprüfung häufig nur zu Steuerverschiebungen; endgültige Steuerausfälle sind bei rein nationalen Gestaltungen innerhalb von Konzernen selten. Bei grenzüberschreitenden Sachverhalten kann das inl. Steueraufkommen dagegen endgültig gemindert werden. Grenzüberschreitende Rechtsbeziehungen, insbesondere Verrechnungspreise, werden daher besonders intensiv von der Außenprüfung geprüft. Die Ermittlungsmöglichkeiten des Außenprüfers sind jedoch dadurch eingeschränkt, dass seine Befugnisse an der Grenze enden, er also nur den innerstaatlich verwirklichten Teil des Sachverhalts überprüfen kann. Eine effektive Außenprüfung grenzüberschreitender Sachverhalte erfordert daher eine Prüfung auch der im Ausland verwirklichten Sachverhaltselemente. Die Ausdehnung der Befugnisse von Außenprüfern auf das Gebiet anderer Staaten setzt entsprechende völkerrechtliche Vereinbarungen voraus.

2 Inhalt

Die Ausdehnung einer Außenprüfung auf das Gebiet anderer Staaten kann in verschiedener Weise organisiert sein. Die lockerste Form einer internationalen Außenprüfung ist die koordinierte Außenprüfung bzw. Simultanprüfung. Bei dieser Form vereinbaren die Betriebsprüfungsdienste zweier Staaten eine zeitgleiche Prüfung desselben Stpfl. bzw. von in den jeweiligen Staaten ansässigen Gesellschaften, die dem gleichen Konzern angehören. Dabei können Prüfungsmethoden und zu prüfende Geschäftsfelder abgestimmt und Ergebnisse nach den Regeln des Auskunftsverkehrs ausgetauscht werden. Bei einer solchen Form der koordinierten Außenprüfung prüfen die Behörden jedes Staats die auf ihrem Staatsgebiet verwirklichten Sachverhaltselemente und wenden dabei die für ihre Prüfungstätigkeit jeweils geltenden nationalen Regelungen an. Eine Erweiterung der jeweiligen Befugnisse gegenüber dem Stpfl. ist damit nicht verbunden. Daher ist für diese Form der Kooperation der Finanzbehörden keine besondere Rechtsgrundlage erforderlich. Die Bundesrepublik hat mit einer Reihe von EU-Staaten entsprechende Verwaltungsvereinbarungen abgeschlossen, in denen Umfang und Verfahren geregelt sind.[1] Art. 12 Amtshilferichtlinie v. 15.2.2011[2] sieht diese gleichzeitigen Prüfungen vor und bildet nach ihrer Umsetzung in nationales Recht in § 12 EUAHiG gleichzeitig die Rechtsgrundlage für den im Rahmen dieser Prüfungen erfolgenden Informationsaustausch.

Eine engere Form der internationalen Außenprüfungen wird durch das Recht von Finanzbeamten des anderen Staats gebildet, bei der Prüfung anwesend zu sein. Finanzbeamten eines anderen Staats stehen keine Hoheitsrechte gegenüber dem Stpfl. zu. Insbesondere können sich diese Beamten nicht auf die AO stützen, da diese nur deutschen Behörden Rechte gegenüber dem Stpfl. verleiht. Der Stpfl. braucht daher ausl. Finanzbeamten grundsätzlich keinen Zutritt zu seinen Geschäftsräumen und keinen Zugang zu seinen Unterlagen zu gewähren. Die Teilnahme von ausl. Finanzbeamten an einer Außenprüfung bedarf daher einer nationalen Rechtsvorschrift, die den Stpfl. bindet. Für die Teilnahme von Beamten aus EU-Staaten ist eine solche Rechtsgrundlage in § 10 EUAHiG enthalten, wodurch Art. 11 Abs. 2 der Amtshilferichtlinie v. 15.2.2011 umgesetzt wurde. Danach kann der einzelne Staat nicht nur zulassen, dass der ausl. Finanzbeamte bei den Prüfungshandlungen anwesend ist, sondern auch, dass dieser im Beisein inl. Bediensteter einzelne Personen befragen und Aufzeichnungen prüfen darf. Voraussetzung ist jedoch, dass der Stpfl. dem zustimmt. Allerdings wird die Verweigerung der Zustimmung nach § 10 Abs. 3 S. 3 EUAHiG wie eine Verweigerung der Auskunftserteilung gegenüber inl. Finanzbeamten angesehen, kann also eine Schätzung nach § 162 AO zur Folge haben.[3]

Ähnliche Regelungen enthalten die Abkommen über den Informationsaustausch mit Steueroasen (Steueroasen/nicht kooperierende Gebiete). In Art. 6 dieser Abkommen ist vorgesehen, dass Vertreter des ersuchenden Staats bei Befragungen von Personen im ersuchten Staat anwesend sind oder diese Personen selbst befragen und Unterlagen prüfen, Letzteres aber nur, wenn die betroffenen Personen zustimmen.

Darüber hinaus soll durch Art. 12a der EU-Amtshilferichtlinie eine Rechtsgrundlage für eine umfassende gemeinsame Außenprüfung zwischen den EU-Mitgliedstaaten geschaffen werden.[4]

Rechte und Pflichten der beteiligten Prüfer, also auch der ausländischen, richten sich nach dem Recht des Mitgliedstaates, in dem die Prüfung stattfindet. Rechtsschutz wird nach dem Recht desjenigen Mitgliedstaates gewährt, in dem die Prüfung stattfindet, bei Prüfungshandlungen in Deutschland also nach deutschem, bei Prüfungen im Ausland nach ausländischem Recht. Der Prüfer darf darüber hinaus keine Ermittlungshandlungen vornehmen, die ihm nach dem Recht seines Heimatstaates untersagt sind. Überschreitet der Prüfer diese Befugnis, richtet sich der Rechtsschutz m. E. nach dem Recht des Heimatstaates des Prüfers. Daneben besteht auch ein europarechtlicher Rechtsschutz. Da die gemeinsamen Außenprüfungen au...

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