Leitsatz

Die Finanzbehörden dürfen für die Festsetzung und Zerlegung von Gewerbesteuermessbescheiden nur insoweit über die abweichende Festsetzung aus Billigkeitsgründen entscheiden, wie § 184 Abs. 2 AO ihnen eine Zuständigkeit zuweist.

 

Sachverhalt

Die Klägerin beantragte die abweichende Festsetzung u. a. des Gewerbesteuermessbetrags 2006. Das Finanzamt lehnte diese Billigkeitsmaßnahme mit der Begründung ab, dass weder die Voraussetzungen des Sanierungserlasses noch sonstige Gesichtspunkte vorlägen, die die begehrte Billigkeitsmaßnahme rechtfertigen könnten.

 

Entscheidung

Das Finanzgericht hat die ablehnende Entscheidung aufgehoben, weil nicht das Finanzamt für diese Billigkeitsentscheidung zuständig ist, sondern die betroffene Gemeinde.

Hat ein Bundesland - wie im Streitfall - die Verwaltung der Gewerbesteuer nach Art. 108 Abs. 4 Satz 2 GG auf die Gemeinde übertragen, kann das Finanzamt im Rahmen der ihm verbliebenen Zuständigkeit für die Festsetzung und Zerlegung der Steuermessbeträge nur insoweit über eine abweichende Festsetzung von Messbeträgen aus Billigkeitsgründen nach § 163 AO entscheiden, wie § 184 Abs. 2 AO ihm in derartigen Fällen eine Zuständigkeit zuweist.

Eine Zuständigkeit des Finanzamts nach § 184 Abs. 2 Satz 1 AO a. F. ist schon deshalb nicht gegeben, weil der Sanierungserlass weder eine Verwaltungsvorschrift der Bundesregierung noch einer obersten Landesfinanzbehörde darstellt. Im Übrigen ordnet der Sanierungserlass selbst an, dass für Billigkeitsmaßnahmen der Gewerbesteuer die Gemeinden zuständig sind.

Ebenso wenig sind die Voraussetzungen des § 184 Abs. 2 Satz 2 AO erfüllt. Die Klägerin verfolgt zwar eine Billigkeitsmaßnahme auch nach § 163 Satz 2 AO, indem sie entgegen der gesetzlichen Beschränkung in § 10a GewStG eine unbeschränkte Verlustverrechnung anstrebt. Es handelt sich dabei aber um eine unmittelbar auf der Ebene der Gewerbesteuer stattfindende Maßnahme und nicht um eine Billigkeitsmaßnahme, die - wie von § 184 Abs. 2 Satz 2 AO gefordert - die gewerblichen Einkünfte als Grundlage für die Festsetzung der Körperschaftsteuer beeinflusst.

 

Hinweis

Durch die Erweiterung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO durch das ZollkodexAnpG (BGBl 2014 I S. 2417) um die Worte "… der obersten Bundesfinanzbehörde …" werden die Finanzämter ab dem 1.1.2015 zwar ermächtigt, abweichende Steuerfestsetzungen bei der Festsetzung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 163 Satz 1 AO vorzunehmen. Nach Auffassung der Verwaltung normiert der Sanierungserlass allerdings keine Billigkeitsmaßnahmen nach § 163 Satz 1 AO, so dass die Änderung des § 184 Abs. 2 Satz 1 AO zu keiner Änderung der Zuständigkeit der Gemeinden für Billigkeitsmaßnahmen zur Gewerbesteuer bei Sanierungsgewinnen geführt hat (vgl. Kurzinformation der OFD Nordrhein-Westfalen v. 6.?2.?2015, DB 2015 S. 345).

 

Link zur Entscheidung

FG Köln, Urteil vom 16.06.2016, 13 K 984/11

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