Leitsatz

Eine Zusammenveranlagung mit einem in einem Pflegeheim lebenden Ehegatten ist bei Vorliegen einer krankheitsbedingt eingeschränkten Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft auch dann möglich, wenn der Steuerpflichtige mit einer neuen Lebensgefährtin zusammenlebt.

 

Sachverhalt

Die Ehefrau des Klägers erkrankte an Demenz. Nach Verschlimmerung der Krankheit wurde die Ehefrau auf Anraten der Diakonie in ein Pflegeheim für demenziell erkrankte Menschen verlegt. Der Kläger besuchte seine Frau jeden Samstag für mehrere Stunden und beteiligte sich während der Besuche aktiv an der Pflege, z. B. durch das Anreichen von Mahlzeiten. Zudem schob er seine Frau im Rollstuhl spazieren. Des Weiteren verwaltete er die vermögensrechtlichen Angelegenheiten der Ehefrau. Nach einigen Jahren hatte der Kläger eine neue Lebensgefährtin, mit der er ein barrierefreies Haus als gemeinsamen Alterswohnsitz errichtete. Das Finanzamt lehnte eine Zusammenveranlagung mit seiner Ehefrau ab, da spätestens mit dem Einzug der Lebensgefährtin in die Wohnung des Klägers eine neue Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft mit der Lebensgefährtin entstanden sei. Seit diesem Zeitpunkt lebe der Kläger dauernd getrennt von seiner Ehefrau. Hiergegen richtet sich die Klage.

 

Entscheidung

Das Gericht gab der Klage statt und ließ eine Zusammenveranlagung zu. Ein dauerndes Getrenntleben ist gegeben, wenn die zum Wesen der Ehe gehörende Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft endgültig aufgehoben ist. Im Streitfall liege aber lediglich eine reine räumliche Trennung vor. Diese räumliche Trennung beruhe auf zwingenden äußeren Umständen, weil die häusliche Pflege der Ehefrau aufgrund einer schwerwiegenden Erkrankung unstreitig nicht mehr möglich war. Ursache für die Trennung sei somit nicht die Aufnahme einer neuen Beziehung mit der aktuellen Lebensgefährtin. Der Kläger hat die eheliche Lebensgemeinschaft im weitest möglichen Rahmen aufrechterhalten. Er hat seine Ehefrau weiterhin besucht und sich liebevoll um sie gekümmert. Auch die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft bestand - unter den gegebenen Umständen - weiter fort, da der Kläger Betreuer seiner Ehefrau war und ihre vermögensrechtlichen Angelegenheiten regelte. Zudem bezahlte der das Pflegeheim und beglich krankheitsbedingte Zusatzkosten.

 

Hinweis

Gegen das Urteil ist ein Revisionsverfahren anhängig (Az.: III R 15/15). Es bleibt abzuwarten, ob der BFH sich der Sichtweise des Finanzgerichts anschließen wird. In ähnlich gelagerten Fällen sollte bei einem Ablehnen der Zusammenveranlagung durch das Finanzamt zwingend Einspruch mit Verweis auf das beim BFH anhängige Verfahren eingelegt werden.

 

Link zur Entscheidung

Niedersächsisches FG, Urteil vom 23.06.2015, 13 K 225/14

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