Leitsatz

Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer gewerblich tätigen Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ist der Gewinn in dem Kalenderjahr des Ausscheidens bezogen; § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG ist auf den ausscheidenden Mitunternehmer nicht anwendbar.

 

Normenkette

§ 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war Gesellschafter einer OHG, deren Wirtschaftsjahr vom 01.03 bis 28.02 des Folgejahrs lief. Im Dezember 2003 brachte der Kläger seine Beteiligung an der OHG in eine Stiftung ein und schied als Gesellschafter bei der OHG aus.

Den bis zum Dezember 2003 erzielten Gewinnanteil erfasste das FA im ESt-Bescheid 2003. Dagegen wandte sich der Kläger mit der Begründung, bei dem angesetzten Gewinnanteil handle es sich um das anteilige laufende Ergebnis für den Zeitraum 03/2003 bis 12/2003. Die OHG bestehe aber weiterhin fort. Die Einkünfte seien daher im Veranlagungszeitraum 2004 zu versteuern.

Das FG gab der Klage statt (FG Düsseldorf, Urteil vom 28.02.2007, 7 K 5172/04 E, Haufe-Index 1748419, EFG 2007, 824).

 

Entscheidung

Der BFH sah dies aus den unter den Praxis-Hinweisen ausgeführten Gründen anders. Er hob das finanzgerichtliche Urteil auf und wies die Klage ab.

 

Hinweis

Gem. § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG gilt bei Gewerbetreibenden mit abweichendem Wirtschaftsjahr der Gewinn als in dem Kalenderjahr bezogen, in dem das Wirtschaftsjahr endet. Was passiert aber, wenn ein Mitunternehmer aus einer Mitunternehmerschaft mit abweichendem Wirtschaftsjahr ausscheidet? In welchem Jahr muss der ausscheidende Mitunternehmer seinen Gewinn versteuern: in dem Jahr, in dem er ausscheidet, oder in dem Jahr, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr der Mitunternehmerschaft endet?

1. Für die Mitunternehmerschaft als solche gelten die allgemeinen Regeln. Bei Ausscheiden eines Mitunternehmers aus einer mehrgliedrigen Mitunternehmerschaft bleibt deren Wirtschaftsjahr unberührt. Es entsteht kein Rumpfwirtschaftsjahr. Etwas anderes gilt nur bei Auflösung der Mitunternehmerschaft, diese führt zur Entstehung eines Rumpfwirtschaftsjahrs.

2. Beim unbefangenen Lesen des § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG und insbesondere auch aufgrund der Tatsache, dass § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG – im Gegensatz zur für Land- und Forstwirte geltenden Vorschrift des § 4a Abs. 2 Nr. 1 EStG – keine besondere Regelung für Veräußerungsgewinne enthält, liegt es nahe, § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG auch auf den ausscheidenden Mitunternehmer anzuwenden, sodass auch seine Gewinne in dem Jahr zu versteuern wären, in dem das abweichende Wirtschaftsjahr der Mitunternehmerschaft endet.

3. In Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des IV. Senats ist der X. Senat trotz einiger anderslautender Stimmen in der Literatur (vgl. Schmidt/Heinicke, EStG, § 4a Rz. 23; Fink in HHR, § 4a EStG Rz. 8; Jahndorf, in KSM, EStG, § 4a Rz. C 51; Heinicke/Heuser, DB 2004, 2655) der Auffassung, dass § 4a Abs. 2 Nr. 2 EStG keine Zuweisungsentscheidung für Gewinne von Mitunternehmern trifft, die während des abweichenden Wirtschaftsjahrs aus der Mitunternehmerschaft ausscheiden. Der "Gewinnermittlungszeitraum" für den einzelnen Mitunternehmer wird vielmehr durch den "Einkunftserzielungszeitraum" bestimmt, der durch die Dauer der Beteiligung begrenzt ist und der für den im Lauf des Wirtschaftsjahrs ausscheidenden Mitunternehmer mit dessen Ausscheiden endet. Der Gewinn des Mitunternehmers ist daher im Jahr des Ausscheidens zu erfassen.

4. Die Feststellung des Zeitpunkts, bis zu dem der ausgeschiedene Mitunternehmer beteiligt war, ist eine mit den Einkünften in Zusammenhang stehende andere Besteuerungsgrundlage i.S.v. § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a der Abgabenordnung, die einheitlich und gesondert festzustellen ist. Der Zeitpunkt des Ausscheidens ist neben der Höhe des anteiligen Gewinns im Feststellungsbescheid mit Bindungswirkung für das nachfolgende Festsetzungsverfahren festzustellen (BFH, Urteil vom 24.11.1988, IV R 252/84, Haufe-Index 62463, BStBl II 1989, 312).

5. Mit diesem Urteil ist Planungssicherheit für den ausscheidenden Mitunternehmer geschaffen worden. Er kann durch die Wahl des Zeitpunkts seines Ausscheidens (31.12. oder 01.01.) darüber entscheiden, in welchem Jahr er seinen Gewinn zu versteuern hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 18.08.2010 – X R 8/07

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