Leitsatz

Die Erstattung von Pflichtbeiträgen zu einer berufsständischen Versorgungseinrichtung ist auch vor Ablauf einer Wartefrist von 24 Monaten nach dem Ende der Beitragspflicht gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG steuerfrei (entgegen BMF-Schreiben vom 19. August 2013, BStBl I 2013, 1087, Rz. 205).

 

Normenkette

§ 3 Nr. 3 Buchst. c, § 10 Abs. 4b Sätze 2 und 3 EStG

 

Sachverhalt

Der Kläger war von 2010 bis 2012 als Rechtsanwalt tätig und entrichtete Pflichtbeiträge in das rheinland-pfälzische Rechtsanwaltsversorgungswerk. Ab Juli 2012 wurde er in ein Beamtenverhältnis übernommen. Daraufhin wurden ihm – auf seinen Antrag hin – 90 % der entrichteten Pflichtbeiträge erstattet. Das FA unterwarf die Beitragserstattung im Streitjahr 2013 nach Maßgabe von § 22 Nr. 1 Satz 3 des EStG zu 66 % der Besteuerung. Der Kläger war demgegenüber der Auffassung, die Beitragserstattung sei gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG steuerfrei. Seine Klage hatte Erfolg. Das FG entschied, die Beitragserstattungen entsprächen solchen nach § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI. Für die einschränkende Fristenregelung im vom FA herangezogenen BMF-Schreibens in BStBl I 2013, 1087 fehle es an einer gesetzlichen Grundlage (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 13.12.2016, 3 K 1266/15, Haufe-Index 10180222, EFG 2017, 283).

 

Entscheidung

Die Revision des FA war aus den in den Praxishinweisen dargestellten Gründen unbegründet. Der BFH konnte offenlassen, ob es sich bei der Beitragserstattung um Einkünfte des Klägers i.S.v. § 22 Nr. 1 Satz 3 EStG oder um eine davon abzugrenzende Erstattung von Sonderausgaben handelte. In keiner Alternative ergaben sich steuerliche Auswirkungen für das Streitjahr.

 

Hinweis

1. Gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG sind Beitragserstattungen berufsständischer Versorgungseinrichtungen, die den Leistungen nach den Buchstaben a und b der Nr. 3 des § 3 EStG entsprechen, steuerfrei. In § 3 Nr. 3 Buchst. b EStG sind u.a. Beitragserstattungen an gesetzlich Rentenversicherte nach § 210 SGB VI steuerfrei gestellt.

2. Rentenversicherungsbeiträge werden gemäß § 210 Abs. 1 Nr. 1 SGB VI auf Antrag der Versicherten erstattet, die nicht mehr versicherungspflichtig sind und nicht das Recht zur freiwilligen Versicherung haben. Darüber hinaus ermöglicht § 210 Abs. 1a SGB VI die Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen an solche Versicherte, die versicherungsfrei sind, selbst wenn sie die allgemeine Wartezeit noch nicht erfüllt haben. Erstattungen sind allerdings nicht möglich, solange der Versi­cherte als Beamter auf Probe versicherungsfrei ist. Außerdem ist Voraussetzung, dass eine Wartefrist von 24 Kalendermonaten seit dem Ausscheiden aus der Versicherungspflicht abgelaufen und nicht erneut eine Versicherungspflicht eingetre­ten ist.

3. Für die steuerfreie Erstattung der Beiträge zu einem berufsständischen Versorgungswerk gemäß § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG kommt es nicht darauf an, dass die spezifischen Voraussetzungen einer Rentenbeitragserstattung gemäß § 210 SGB VI erfüllt sind. Die Verweisung in § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG auf Buchst. b EStG erstreckt sich nur darauf, dass sich die jeweiligen Leistungen (z.B. Erstattung von Rentenversicherungsbeiträgen und von Pflichtbeiträgen zu einem berufsständischen ­Versorgungswerk) entsprechen. Dem Gesetzestext kann keine Rechtsgrundverweisung entnommen werden. Der Wendung "entsprechen" lässt sich nur entnehmen, dass die jeweiligen Leistungen wesensgleich sein müssen. Für die notwendige Wesensgleichheit kommt es allein darauf an, dass es sich jeweils um Pflichtbeiträge handelte, die im Falle der Beendigung der Beitragspflicht aufgrund Ausscheidens aus der Anwaltschaft bzw. der Gruppe der gesetzlich Rentenversicherten dem Grunde nach zurückzugewähren waren.

4. Soweit das BMF-Schreiben vom 19.8.2013 (BStBl I 2013, 1087) die Steuerfreiheit der Beitragserstattung eines berufsständischen Versorgungswerks davon abhängig macht, dass diese erst 24 Monate nach dem Ausscheiden des Klägers aus dem Versorgungswerk ausgezahlt worden ist, obwohl die Regelungen des Versorgungswerks keine Wartefrist kennen, verstößt es gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung und ist unbeachtlich.

5. Sehr interessant und von größerer Bedeutung ist die Frage, ob die – nach § 3 Nr. 3 Buchst. c EStG steuerfreie – Beitragserstattung ggf. zu einer Verrechnung mit früheren Beitragszahlungen führen könnte und so der Sonderausgabenabzug korrigiert werden müsste. Der BFH musste diese Frage aber nicht entscheiden, weil in dem Streitjahr eine Verrechnung nicht möglich war.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.10.2017 – X R 3/17

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