Leitsatz

1. Von dem nach § 55 Abs. 1 EStG ermittelten Pauschalwert des Grund und Bodens darf nicht nachträglich im Weg der Bilanzberichtigung ein Buchwert für in der Vergangenheit veräußerte Milchlieferrechte erfolgswirksam abgespalten werden.

2. Sind die Milcherzeugungsflächen mit den Anschaffungskosten bilanziert, ist dagegen eine erfolgswirksame Bilanzberichtigung vorzunehmen, soweit dabei nicht berücksichtigt wurde, dass für in der Vergangenheit veräußerte Milchlieferrechte ein anteiliger Buchwert abzuspalten war.

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1, Abs. 2 S. 1, § 13, § 55 Abs. 1 EStG

 

Sachverhalt

Ein bilanzierender Landwirt hatte zwischen 1995 und 1998 Milchlieferrechte veräußert. Diese Rechte entfielen auf Grundstücke, die teils vor und teils nach dem 01.07.1970 angeschafft worden waren. Weil kein Buchwert für die Rechte bilanziert war, hatte der Landwirt den Erlös aus dem Verkauf der Rechte voll erfolgswirksam erfasst.

Mit Einreichung der ESt-Erklärung für 2001 reichte der Landwirt eine berichtigte Bilanz für das Wirtschaftsjahr 2000/2001 ein, in der er die Buchwerte des Grund und Bodens gewinnmindernd um einen auf veräußerte Milchlieferrechte entfallenden Teil gekürzt hatte. Daraus ergab sich eine Gewinnminderung von ca. 48 000 DM, die das FA nicht akzeptierte.

Das Schleswig-Holsteinische FG (Urteil vom 07.05.2008, 5 K 172/05, Haufe-Index 2006678, EFG 2008, 1689) war der Auffassung, die Bilanzberichtigung müsse erfolgsneutral durchgeführt werden.

 

Entscheidung

Der dagegen erhobenen Revision des Landwirts gab der BFH teilweise statt. Soweit Milchlieferrechte im Zusammenhang mit vor dem 01.07.1970 erworbenen Grundstücken betroffen seien, komme eine nachträgliche Buchwertabspaltung nicht in Betracht. Bei später erworbenen Grundstücken sei eine bilanzberichtigende Abspaltung aber vorzunehmen. Diese führe auch zur Gewinnminderung, weil der korrigierte Fehler sich gewinnerhöhend ausgewirkt habe.

Das Verfahren wurde an das FG zurückverwiesen, damit es die Ermittlung der maßgeblichen Werte nachhole.

 

Hinweis

1. Die Rechtsprechung des BFH zur Abspaltung eines immateriellen Wirtschaftsguts "Milchlieferrecht" vom Grund und Boden wirft zahlreiche Folgeprobleme auf. Im hiesigen Urteil ging es um die Frage, ob nach Verkauf der Milchlieferrechte noch nachträglich eine gewinnmindernde Buchwertabspaltung vorgenommen werden kann. Der BFH kommt zu unterschiedlichen Antworten auf diese Frage, je nachdem, ob es sich um vor oder nach Einführung der Bodengewinnbesteuerung angeschaffte Grundstücke handelt.

2. Ein vor dem 01.07.1970 angeschafftes Grundstück ist in der Bilanz mit dem Pauschalwert nach § 55 Abs. 1 EStG bzw. dem höheren Teilwert nach § 55 Abs. 5 EStG ausgewiesen. Für pauschalbewertete Grundstücke gilt ein Verlustausgleichsverbot (§ 55 Abs. 6 EStG), weil die Pauschalwerte zugunsten der Landwirte bewusst hoch gewählt waren, ihnen aber kein zusätzlicher Vorteil aus einem bei Verkauf oder Entnahme des Grundstücks entstehenden Buchverlust zustehen sollte. Das Verlustausgleichsverbot war Ausgangspunkt der Abspaltungsrechtsprechung: Werden Grundstück und abgespaltenes Recht zusammen veräußert, muss beiden Erlösen der gesamte und beide Wirtschaftsgüter betreffende Buchwert gegenübergestellt werden, um den nicht ausgleichbaren Verlust zu errechnen.

Mit dem hier besprochenen Urteil versucht der BFH, zu diesem Ausgangspunkt zurückzugelangen. Er möchte nur Folgerungen aus der Abspaltung ziehen, die in Zusammenhang mit dem Verlustausgleichsverbot stehen. Einen solchen Zusammenhang sieht er nicht, wenn das Milchlieferrecht in der Vergangenheit veräußert und der Erlös gewinnerhöhend erfasst worden ist. Deshalb wird auch eine nachträgliche Abspaltung im Weg einer Bilanzberichtigung nicht zugelassen.

Ausdrücklich weist der BFH darauf hin, dass dem Landwirt daraus im Ergebnis dann kein Nachteil entsteht, wenn die Kontingentierung der Milchlieferrechte – wie derzeit vorgesehen – ausläuft. Dann endet die Abspaltung und ein noch existierender Buchwert des Lieferrechts müsste wieder dem Grund und Boden zugeschlagen werden. Nicht anders wäre das Ergebnis bei "vergessener" Abspaltung des Buchwerts.

3. Anders beurteilt der BFH abgespaltene Lieferrechte von nach dem 30.06.1970 angeschafften Grundstücken. Hier repräsentiert der Buchwert die historischen Anschaffungskosten und es gibt kein Verlustausgleichsverbot. Deshalb wendet der BFH die allgemeinen Grundsätze der Bilanzberichtigung an, wonach die Berichtigung erfolgswirksam vorzunehmen ist, wenn sich der Fehler auf den Gewinn ausgewirkt hat. Das ist im Fall des veräußerten Milchlieferrechts der Fall, denn im Zeitpunkt des Verkaufs hätte auch der Buchwert des Lieferrechts gewinnmindernd ausgebucht werden müssen. Die Korrektur des Fehlers führt deshalb zur Gewinnminderung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 10.06.2010 – IV R 32/08

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