Leitsatz

1. Kosten, die einer Holdinggesellschaft im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaften entstehen, in deren Verwaltung sie durch das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen oder technischen Dienstleistungen Eingriffe vornimmt, eröffnen ihr hinsichtlich der für diese Kosten bezahlten Mehrwertsteuer grundsätzlich ein Recht auf vollständigen Vorsteuerabzug.

2. An dem erforderlichen Zusammenhang mit dem Beteiligungserwerb fehlt es, wenn das eingeworbene Kapital in keinem Verhältnis zu dem Beteiligungserwerb steht.

3. Werden Leistungsbezüge sowohl für eine wirtschaftliche als auch für eine nicht wirtschaftliche Tätigkeit verwendet, ist eine Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 1, § 15 Abs. 1, 2 und 4 UStG, Art. 9, Art. 168 MwStSystRL, Art. 17 Abs. 2 EWGRL 77/388, § 90 Abs. 2 AO, § 76 Abs. 1, § 155 FGO, § 295 ZPO

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine KG, ist ein geschlossener Fonds, an dem sich Anleger mit einem Kommanditanlagekapital von 7 Mio. EUR beteiligten. Die Klägerin hatte sich an einer Besitz- und an einer Betriebsgesellschaft im Drittlandsgebiet beteiligt, die dort nachhaltige Forstwirtschaft betreiben sollten. Die dort unternehmerisch tätige Betriebsgesellschaft verfügte über ein Stammkapital von 10.000 US-Dollar? Die Klägerin erbrachte im Streitjahr 2007 steuerpflichtige Leistungen gegen Entgelt i.H.v. 11.246 EUR. Sie erbrachte auch entgeltliche Leistungen an die Auslandsgesellschaften. Die Klägerin bezog zahlreiche Eingangsleistungen und machte hierfür einen Vorsteuerabzug i.H.v. insgesamt 90.798,57 EUR in vier Bereichen geltend. Im Einzelnen entfielen die Vorsteuerbeträge i.H.v. 43.181 EUR auf die Einwerbung von Kommanditkapital, i.H.v. 27.873 EUR auf sog. Projektentwicklungsleistungen, i.H.v. 9.453 EUR auf Büroausstattung und i.H.v. 10.164 EUR auf restliche Eingangsleistungen. Das Finanzamt sah die Klägerin als sog. Holding als nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt an.

Die Klage hatte zum Teil Erfolg. Das Finanzgericht (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 28.11.2012, 14 K 2735/10) ging von einem anteiligen Vorsteuerabzug i.H.v. 11.664 EUR aus. Lediglich die auf die entgelt­liche Leistungstätigkeit entfallenden Vorsteuerbeträge i.H.v. 10.164 EUR seien voll abziehbar. Von den weiteren Vorsteuerbeträgen i.H.v. 9.453 EUR sei nur ein im Schätzungsweg zu ermittelnder Teil von 15 % und damit ein weiterer Teilbetrag von 1.418 EUR abzugsfähig, sodass sich ein Vorsteuerabzug i.H.v. insgesamt 11.664 EUR ergebe. Ein weitergehender Vorsteuerabzug sei nicht anzuerkennen, da die Eingangsleistungen unmittelbar und ausschließlich im Zusammenhang mit der Aufnahme von Gesellschaftern und damit im Zusammenhang mit einer nicht wirtschaftlichen Tätigkeit stünden.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte im Ergebnis die Entscheidung der Vorinstanz. Allerdings sah der BFH die Eingangsleistungen in den drei Bereichen Projektentwicklung, Büroausstattung und restliche Eingangsleistungen insgesamt als aufteilungspflichtig an. Auf der Grundlage der vom Finanzgericht getroffenen Feststellungen und der die Klägerin treffenden Darlegungslast sei für diese drei Bereiche ein anteiliger Vorsteuerabzug von ca. 25 % zu gewähren. Dieser anteilige Vorsteuerabzug bestätige das vom Finanzgericht betragsmäßig gefundene Ergebnis.

 

Hinweis

1. Eine Holding kann aus Eingangsleistungen zur Aufnahme von Kapital zum Vorsteuerabzug berechtigt sein. So ist es etwa dann, wenn sie das Kapital zum Erwerb von Beteiligungen an Tochtergesellschaften verwendet, an die sie entgeltliche Leistungen erbringt (EuGH, Urteil vom 16.7.2015, C–108/14 und C–109/14, Larentia & Minerva und Marenave, EU:C:2015:496).

Einen derartigen Vorsteuerabzug verneint der BFH aber für den Fall, dass es des eingeworbenen Kapitals für den Beteiligungserwerb nicht bedarf und daher der für den Vorsteuerabzug erforderliche direkte und unmittelbare Zusammenhang nicht besteht. Bei dieser Prüfung kann die Höhe des eingeworbenen Kapitals im Verhältnis zum Stammkapital der erworbenen Tochtergesellschaften unter Berücksichtigung der bilanzierten Beteiligungswertansätze von Bedeutung sein. Dabei kann gegen den für den Vorsteuerabzug erforderlichen Zusammenhang auch sprechen, dass die Holding die Beteiligungen vor der Kapitalaufnahme erwirbt.

2. Bezieht die Holding Leistungen sowohl für ihre wirtschaftliche als auch für ihre nicht wirtschaftliche Tätigkeit, ist eine Vorsteueraufteilung analog § 15 Abs. 4 UStG vorzunehmen (vgl. z.B. BFH, Urteil vom 3.3.2011, V R 23/10, BFH/NV 2011, 1261, BFH/PR 2011, 342, BStBl II 2012, 74). Dabei ist zu beachten, dass der Unternehmer, der den Vorsteuerabzug geltend macht, auch insoweit die Darlegungs- und Feststellungslast für die den Vorsteuerabzug begründenden Tatsachen trägt. Unter Berücksichtigung dieser Feststellungslast kann bei einer schätzungsweisen Aufteilung auch berücksichtigt werden, dass einer wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gegenüber ihrer nicht wirtschaftlichen Tätigkeit eine n...

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