Leitsatz

1. Zur Nennleistung einer nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG begünstigten Stromerzeugungsanlage gehört auch der Strom, der in Nebenanlagen oder Hilfsanlagen verbraucht wird (Eigenverbrauch).

2. Bei der Beurteilung der Voraussetzungen für die Gewährung einer Stromsteuerbefreiung für Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 MW sind die Finanzbehörden weder an die Angaben in einer vom Hersteller der Stromerzeugungsanlage ausgestellten ­Errichterbestätigung noch an die in einer vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle für Zwecke der Zuschlagsgewährung nach dem KWKG in einem Zulassungsbescheid gemachten Angaben gebunden.

 

Normenkette

§ 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG, § 53 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 2 EnergieStG, § 3 Abs. 3, § 5 und § 6 KWKG

 

Sachverhalt

Ein Blockheizkraftwerk (BHKW) in Form einer Kraft-Wärme-Kopplungs-Anlage (KWK-Anlage) erzeugt Strom, der in räumlichem Zusammenhang zu dem BHKW an Letztverbraucher geliefert wird. Nach der durch den Hersteller der Anlage ausgestellten "Errichterbestätigung" beträgt die Brutto-Stromerzeugung der Anlage 2 020 kW. Unter Abzug von Transformatorenverlusten i.H.v. 15 kW sowie eines Eigenbedarfs für Zu- und Abluftventilator sowie Schmieröl- und Kühlwasserpumpen von 53 kW ­ergibt sich eine "Nennleistung" des BHKW i.H.v. 1 952 kW (1,952 MW). Außerdem hat das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle bestätigt, dass es sich um eine sog. kleine KWK-Anlage mit einer Leistung von 1,975 MW handele. In ihrer Stromsteueranmeldung 2005 behandelte der Betreiber den im BHKW erzeugten und an Letztverbraucher gelieferten Strom gem. § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG als von der Steuer befreit. Die Auffassung, dass es sich um eine Anlage mit einer Nennleistung von unter 2 MW handele, teilt das HZA jedoch nicht, sondern unterwarf die in 2005 erzeugte Strommenge dem Regelsteuersatz.

 

Entscheidung

Der BFH hat das klageabweisende Urteil des FG (FG des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 02.09.2009, 2 K 1517/06, Haufe-Index 2302061) bestätigt, weil die strittige Anlage eine nach Maßgabe der oben erläuterten Begriffsbestimmung höhere Nennleistung als 2 MW hatte.

 

Hinweis

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG ist Strom von der Steuer befreit, wenn er in Anlagen mit einer Nennleistung bis zu 2 MW erzeugt und in räumlichem Zusammenhang zu dieser Anlage entnommen und von demjenigen, der die Anlage betreibt oder betreiben lässt, geleistet wird.

Wie ist die in der Vorschrift vorausgesetzte (Höchst-)Leistung zu berechnen? Ist dabei schlicht die Generatorenleistung(sfähigkeit) zugrunde zu legen oder sind vor der Netzeinspeisung auftretende Verluste abzuziehen oder sogar auch der für Nebenanlagen der KWK-Anlage benötigte Strom, also der Eigenbedarf des Betreibers?

Ersteres hat der BFH, weil nicht entscheidungserheblich, ausdrücklich offen gelassen, also die in den Verwaltungsvorschriften vorgesehene Messung unmittelbar an der Generatorenklemme jedenfalls nicht ausdrücklich gutgeheißen. Die Berücksichtigung des Eigenbedarfs (z.B. für Pumpen oder Lüfter) hält er jedoch für unzulässig. Das soll sich schon aus dem Begriff Nennleistung, aber jedenfalls aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift ergeben. Klare und eindeutige Argumente ließen sich dort freilich nur schwer finden.

Aus dem KWKG Vorgaben für die Auslegung des Begriffs der Nennleistung in § 9 Abs. 1 Nr. 3 StromStG zu entnehmen, hat der BFH erneut abgelehnt; solche Gesetze sind für die Anwendung des Steuerrechts grundsätzlich nicht von Bedeutung.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 07.06.2011 – VII R 55/09

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