1 Systematische Einordnung

Die Zins- und Lizenzrichtlinie[1] gehört als Richtlinie zum europäischen Sekundärrecht. Sie dient der Herstellung von binnenmarktähnlichen Verhältnissen für Zins- und Lizenzzahlungen innerhalb der Konzerne, die für diese Zahlungen von der Quellenbesteuerung ausgenommen werden sollen. Entsprechende Ziele verfolgt die Mutter-Tochterrichtlinie. Die Richtlinie ist grundsätzlich nur zwischen den EU-Staaten anwendbar, nicht im Verhältnis zu den EWR-Staaten. Aufgrund des Abkommens mit der Schweiz gilt die Richtlinie jedoch auch im Verhältnis zwischen den EU-Staaten und der Schweiz.

Als Richtlinie ist die Zins- und Lizenzrichtlinie nicht unmittelbar anwendbar, sondern muss in nationales Recht umgesetzt werden. Das ist in den §§ 50g, 50h EStG geschehen. Die Ausdehnung auf die Schweiz ist in § 50g Abs. 6 EStG enthalten.

[1] Richtlinie 2003/49/EG des Rates v. 3.6.2003, ABlEG L 157, 49.

2 Inhalt

§ 50g EStG, der die Zins- und Lizenzrichtlinie in nationales Recht umsetzt, begünstigt nur Zins- und Lizenzzahlungen zwischen KSt-Subjekten.[1] Ausgedehnt wird der Anwendungsbereich der Regelung aber auch auf Betriebsstätten einer Körperschaft, sodass auch Zins- und Lizenzzahlungen zwischen einer Tochtergesellschaft und einer Betriebsstätte oder zwischen Betriebsstätten von begünstigten Unternehmen begünstigt sind. Voraussetzung ist, dass die Zahlung bei dem Leistenden steuerlich abzugsfähig ist. Eine Betriebsstätte gilt als Gläubiger, wenn die Forderung oder das Recht tatsächlich zu der Betriebsstätte gehört und die Zahlung der Zinsen oder Lizenzgebühren bei ihr zu den stpfl. Einkünften gehört. Sie gilt als Schuldner, wenn die Zahlung zu steuerlich abzugsfähigen Betriebsausgaben bei ihr führt.[2]

Gilt eine Betriebsstätte danach als Schuldner oder Gläubiger, kann kein anderer Teil des Unternehmens als Schuldner oder Gläubiger angesehen werden.[3]

Das schließt es aus, das Stammhaus nach der Theorie der Zentralfunktion des Stammhauses in den Zins- oder Lizenzfluss zwischen zwei Betriebsstätten einzuschalten.

Außerdem müssen zahlendes und empfangendes Unternehmen in einem Mitgliedstaat der EU ansässig, d. h. dort unbeschränkt stpfl. sein[4] und dürfen nicht nach einem DBA als in einem Drittstaat ansässig gelten. Bei Zins- und Lizenzzahlungen zwischen Betriebsstätten müssen die Betriebsstätte und das Stammhaus sowohl des zahlenden als auch des empfangenden Unternehmens nach § 50g Abs. 3 Nr. 1 Buchst. b EStG in einem Staat der EU belegen sein. Nach § 50g Abs. 6 EStG ist der Geltungsbereich auf schweizerische Unternehmen und Betriebsstätten unter sonst gleichen Voraussetzungen ausgedehnt worden.

Leistendes und empfangendes Unternehmen müssen der KSt unterliegen und dürfen nicht von ihr befreit sein.

Leistendes und empfangendes Unternehmen müssen verbundene Unternehmen sein.[5] Sie sind verbundene Unternehmen, wenn

  • das leistende Unternehmen zu mindestens 25 % unmittelbar an dem empfangenden Unternehmen beteiligt ist,
  • das empfangende Unternehmen zu mindestens 25 % an dem leistenden Unternehmen unmittelbar beteiligt ist oder
  • ein drittes Unternehmen, das Mutterunternehmen, zu mindestens 25 % sowohl an dem leistenden als auch dem empfangenden Unternehmen unmittelbar beteiligt ist.[6]

Das bedeutet, dass Zins- und Lizenzzahlungen nur begünstigt sind, wenn sie zwischen Mutter- und Tochtergesellschaft oder zwischen Schwestergesellschaften erfolgen. Bei tiefer gestaffelten Konzernverhältnissen ist die Richtlinie nicht anwendbar, z. B. nicht für Lizenzzahlungen zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft oder zwischen Enkelgesellschaften. Es ist geplant, den Anwendungsbereich der Richtlinie auf andere konzernangehörige Gesellschaften zu erweitern.

Sachlich erfasst die Vorschrift Zinsen und Vergütungen für die Nutzung und das Recht zur Nutzung von Urheberrechten, gewerblichen Schutzrechten und ungeschütztem Know-how, also nicht nur Lizenzgebühren i. e. S.[7]

Rechtsfolge ist nach § 50g Abs. 1 S. 1, 2 EStG, dass die Quellensteuer im Rahmen der beschränkten Stpfl. des Leistungsempfängers nicht erhoben wird. Es ist also nur der Inbound-Fall betroffen, nicht die unbeschränkte Stpfl. Nicht erhoben werden KapESt und Abzugssteuer nach § 50a Abs. 1 Nr. 1–3 EStG. Dies gilt entsprechend, wenn die Steuer des Leistungsempfängers im Quellenstaat nicht durch Steuerabzug, sondern durch Veranlagung erhoben wird; in Deutschland könnte eine Veranlagung gegenwärtig nur bei dem Steuerabzug nach § 50a Abs. 1 Nr. 1, 2 EStG i. V. m. § 50 Abs. 2 Nr. 5 EStG erfolgen. Für das Verfahren zur Entlastung von der Abzugsteuer gilt § 50c Abs. 2, 3 EStG. Der Gläubiger muss zum Zweck des Absehens vom Steuerabzug eine Freistellungsbescheinigung vorlegen, oder er ist auf das Erstattungsverfahren angewiesen ("Freistellungsverfahren" "Erstattungsverfahren"). Dem Freistellungs- oder Erstattungsantrag ist die Ansässigkeitsbestätigung nach § 50h EStG beizufügen. Zuständig ist das BZSt. Die Freistellung oder Erstattung unterliegt den Einschränkungen nach § 50d Abs. 3 EStG.

Der Erstattungsbetrag wird nach § 50c Abs. ...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge