Leitsatz

1. Wird die Zahlung eines Ehegatten auf ein Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) der Eheleute als freigebige Zuwendung an den anderen Ehegatten der Schenkungsteuer unterworfen, trägt das FA die Feststellungslast für die Tatsachen, die zur Annahme einer freigebigen Zuwendung i.S.d. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG erforderlich sind, also auch dafür, dass der nicht einzahlende Ehegatte im Verhältnis zum einzahlenden Ehegatten tatsächlich und rechtlich frei zur Hälfte über das eingezahlte Guthaben verfügen kann.

2. Gibt es hinreichend deutliche objektive Anhaltspunkte dafür, dass beide Ehegatten entsprechend der Auslegungsregel des § 430 BGB zu gleichen Anteilen am Kontoguthaben beteiligt sind, trägt der zur Schenkungsteuer herangezogene Ehegatte die Feststellungslast dafür, dass im Innenverhältnis nur der einzahlende Ehegatte berechtigt sein soll.

 

Normenkette

§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 421, § 426, § 427, § 428, § 430, § 742, § 1006 BGB, § 76 Abs. 1 FGO, § 44 AO, § 26, § 26b EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin eröffnete im Jahr 2003 zusammen mit ihrem Ehemann (E) bei einer Bank ein Direkt-Depot mit Extra-Konto, über das die Ehegatten jeweils allein und unbeschränkt verfügen konnten (Oder-Depot) und auf das E Beträge einzahlte. Von diesem Guthaben erwarb E Aktien für das Direkt-Depot der Eheleute. Ferner überwies E Beträge vom Extra-Konto auf sein Girokonto, für das die Klägerin Vollmacht hatte und das beide Ehegatten regelmäßig zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts nutzten. E kaufte ferner als alleiniger Erwerber ein Grundstück, das von der Familie nunmehr zu Wohnzwecken genutzt wird und dessen Kaufpreis von dem Guthaben auf dem Extra-Konto beglichen wurde. Bei der Einkommensteuer waren Spekulationsgewinne und Zinsen aus dem Extra-Konto und dem Direkt-Depot den Eheleuten je zur Hälfte zugerechnet worden. Die Einkommensteuer wurde unter Verwendung des Guthabens auf dem Extra-Konto bezahlt.

Das FA behandelte die Einzahlungen auf dem Extra-Konto bei der D-Bank in Höhe von jeweils 50 % als freigebige Zuwendungen des E an die Klägerin an und setzte gegen diese Schenkungsteuer fest. Einspruch und Klage blieben ohne Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH (Vorinstanz: FG Nürnberg, Urteil vom 25.3.2010,  4 K 654/2008, Haufe-Index 2383145, EFG 2011, 347) hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache zwecks Nachholung der erforderlichen Gesamtwürdigung an das FG zurück. Dazu stellt der BFH klar, dass das FA die Feststellungslast trägt, soweit der Sachverhalt nicht aufgeklärt werden kann und sich nach einer Gesamtwürdigung aller Tatsachen keine hinreichend deutlichen und gewichtigen Anhaltspunkte für die hälftige Berechtigung der Klägerin an dem von E eingezahlten Kontoguthaben ergeben.

 

Hinweis

Aus einem von Ehegatten (und ebenso von Lebenspartnern) geführten Gemeinschaftskonto (Oder-Konto) können sich unliebsame erbschaft- und schenkungsteuerliche Folgen ergeben. Beim Gemeinschaftskonto sind beide Ehegatten im Verhältnis zur Bank Gesamtgläubiger. Für das Innenverhältnis der Ehegatten gilt § 430 BGB, wonach beide Ehegatten zu gleichen Teilen berechtigt sind, "soweit nicht ein anderes bestimmt ist". Wird ein solches Konto nur von einem Ehegatten gespeist und kann der andere Ehegatte tatsächlich und rechtlich frei über das eingezahlte Guthaben verfügen, kann darin eine freigebige Zuwendung (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG) des einzahlenden Ehegatten an den anderen Ehegatten liegen.

1. Die Finanzverwaltung (z.B. OFD Koblenz vom 19.2.2002, Haufe-Index 725730) neigte bislang dazu, die Ausgleichsregel des § 430 BGB eher schematisch anzuwenden. Gemeinschaftskonten und -depots sollen unabhängig von der Herkunft des Geldes bzw. der Wertpapiere grundsätzlich beiden Ehegatten zuzurechnen und der nicht einzahlende Ehegatte in der Regel bereichert sein.

Bei dieser Sicht gerät freilich der in § 430 BGB angesprochene Vorbehalt abweichender (mündlicher oder schriftlicher) Vereinbarungen der Eheleute über den Umfang ihrer Berechtigung im Innenverhältnis aus dem Blick. Dieser Vorbehalt ist dahin zu verstehen, dass einer übereinstimmenden Darstellung des Innenverhältnisses durch die Eheleute regelmäßig gefolgt werden kann. Das gilt ausnahmsweise nur dann nicht, wenn objektive Anhaltspunkte vorliegen, die Zweifel an der Richtigkeit der Darstellung der Eheleute begründen.

2. Fehlen mündliche oder schriftliche Vereinbarungen der Eheleute über das Innenverhältnis, so ist dieses vornehmlich aus dem Verhalten der Ehegatten zu erschließen. Dazu bedarf es einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls. Maßgebend ist, wie die Ehegatten das Oder-Konto tatsächlich handhaben, wie sie die nicht für die laufende Lebensführung benötigten Mittel verwenden und ob und in welchem Umfang der nicht einzahlende Ehegatte auf das Guthaben des Oder-Kontos zugreift. Die Verwendung der aus dem Guthaben eines Oder-Kontos erzielten Erträge ist für sich allein kein Indiz für die Berechtigung des nicht einzahlenden Ehegatten.

3. Häufig kann – vor allem bei lange zurückliegenden Zeiträumen...

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