Zusammenfassung

 
Begriff

Der Begriff "Wirtschaftsjahr" bezeichnet den Zeitraum, für den Gewerbetreibende, Land- und Forstwirte sowie Personen- und Kapitalgesellschaften ihren steuerlichen Gewinn ermitteln müssen. In den meisten Fällen deckt sich deren Wirtschaftsjahr mit dem Kalenderjahr und damit auch mit dem jeweiligen Veranlagungszeitraum. Unter bestimmten Voraussetzungen kann das Wirtschaftsjahr aber auch vom Kalenderjahr abweichen, dementsprechend liegt dann ein "abweichendes Wirtschaftsjahr" vor. Dies gilt jedoch nicht für Steuerpflichtige mit Einkünften aus selbstständiger Arbeit, insbesondere Freiberufler, deren Wirtschaftsjahr selbst dann dem Kalenderjahr entspricht[1], wenn sie ihren Beruf in einer Personengesellschaft ausüben.[2]

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Das steuerliche Wirtschaftsjahr ist in § 4a EStG sowie in § 8b und § 8c EStDV, das handelsrechtliche Geschäftsjahr in den §§ 240, 242 HGB geregelt.

1 Grundsatz und Ausnahmen

Ein Wirtschaftsjahr umfasst im Regelfall 12 Monate.[1]. Ausnahmsweise darf das Wirtschaftsjahr als "Rumpfwirtschaftsjahr" kürzer als 12 Monate sein, wenn

  • ein Betrieb gegründet, gekauft, aufgegeben oder verkauft wird,
  • das Wirtschaftsjahr auf einen anderen Stichtag umgestellt wird,
  • eine Kapitalgesellschaft liquidiert wird.

Wird ein Unternehmen während eines laufenden Kalenderjahrs gegründet, müssen bei der elektronischen Anmeldung des Unternehmens beim Finanzamt Angaben zum Wirtschaftsjahr gemacht werden. Handelt es sich bei dem Unternehmen um eines, das

  • ein abweichendes Wirtschaftsjahr wählen kann, kann entweder für dessen Beginn auf den Gründungstag abgestellt oder ein Rumpfwirtschaftsjahr bis zum Kalenderjahresende gebildet und dann zum Kalenderjahr als Wirtschaftsjahr übergegangen werden;
  • kein abweichendes Wirtschaftsjahr haben darf, muss ein Rumpfwirtschaftsjahr bis zum Kalenderjahresende gebildet werden. Das neue Wirtschaftsjahr deckt sich danach mit dem Kalenderjahr.
 
Praxis-Beispiel

Rumpfwirtschaftsjahr und Wirtschaftsjahr

Ein nicht im Handelsregister einzutragender Gewerbebetrieb wurde zum 1.4.2022 gegründet. Seit erstes Wirtschaftsjahr läuft damit als Rumpfwirtschaftsjahr vom 1.4.2022 bis 31.12.2022. Daran schließt sich dann das Kalenderjahr 2023 als Wirtschaftsjahr an.

Dagegen könnte sich ein im Handelsregister einzutragender Gewerbebetrieb auch für ein abweichendes Wirtschaftsjahr vom 1.4.2022 bis 31.3.2023 entscheiden.

2 Wirtschaftsjahr eines Gewerbebetriebs

Bei Gewerbebetrieben, die nicht im Handelsregister eingetragen sind, entspricht das Wirtschaftsjahr stets dem Kalenderjahr.[1] Dagegen gilt für in das Handelsregister eingetragene Gewerbebetriebe, dass ihr Wirtschaftsjahr mit dem Zeitraum übereinstimmt, für den sie regelmäßig Abschlüsse machen.[2] Damit wird steuerrechtlich auf das handelsrechtliche Geschäftsjahr nach § 242 Abs. 1 HGB abgestellt.

Handelsrechtlich ist nur vorgeschrieben, dass das Geschäftsjahr 12 Monate nicht überschreiten darf.[3] Darüber hinaus ist es dem Steuerpflichtigen bei der Gründung oder bei dem Erwerb des Unternehmens freigestellt, ein abweichendes Wirtschaftsjahr zu wählen.

Gründe für ein abweichendes Wirtschaftsjahr können insbesondere in der Zugehörigkeit zu einer bestimmten Branche oder in den Vorgaben innerhalb eines Konzerns liegen.

Erfolgt eine Umwandlung, indem

  • ein Einzelunternehmen in eine neue Personengesellschaft eingebracht wird[4],
  • eine Personengesellschaft als Einzelunternehmen fortgeführt wird[5],

steht dies der Eröffnung eines neuen Betriebs gleich. Das erste Wirtschaftsjahr der neuen Personengesellschaft bzw. des neuen Einzelunternehmens beginnt damit im Zeitpunkt der Umwandlung und kann daher vom Kalenderjahr abweichen.

3 Umstellung des Wirtschaftsjahrs eines Gewerbebetriebs

An ein einmal gewähltes Wirtschaftsjahr ist der Gewerbetreibende nicht auf Dauer gebunden. Soweit kein beliebiger und willkürlicher Wechsel vorliegt, kann das Wirtschaftsjahr geändert werden.

Einen Wechsel von einem abweichenden zu einem dem Kalenderjahr entsprechenden Wirtschaftsjahr kann der Gewerbetreibende stets vornehmen.

Will er jedoch vom Kalenderjahr auf ein abweichendes Wirtschaftsjahr übergehen, benötigt er dazu die Zustimmung des Finanzamts[1], wenn keine betriebswirtschaftlichen Gründe für die Umstellung sprechen.[2]

Solche Gründe können z. B. sein:

  • Schwierigkeiten bei der Inventur, etwa bei einem Handelsunternehmen wegen des Weihnachtsgeschäfts;
  • Anpassung des Wirtschaftsjahrs eines gepachteten Betriebs an das vom Kalenderjahr abweichende Pachtjahr;
  • Vereinheitlichung der Wirtschaftsjahre mehrerer Betriebe des Steuerpflichtigen.

Dagegen ist die Umstellung des Wirtschaftsjahrs unzulässig, wenn dadurch allein eine Steuerpause erreicht oder ein Verlustrücktrag geschaffen werden soll.

Die Umstellung des Wirtschaftsjahrs ...

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