Rolls-Royce wurde 1884 gegründet. Neben der Produktion von Autos mit der berühmten Kühlerfigur "Spirit of Ecstasy" stieg Rolls-Royce 1914 in den Flugmotorenbau ein.

Die Ausgangslage: Heute ist Rolls-Royce Holdings plc ein international tätiger Konzern mit mehr als 50.000 Mitarbeitern, der Triebwerke für zivile und militärische Flugzeuge und Hubschrauber herstellt und alle namhaften Hersteller beliefert. Triebwerke machen mehr als 50 % des Flugzeugwerts aus. Ihr Zustand hat erheblichen Einfluss auf Treibstoffkosten, die bei heutigen Preisen 30-40 % der Betriebskosten von Großraumflugzeugen verursachen.

Attacken auf das bestehende Geschäftsmodell: Flugzeuge werden in ihrem langen Leben oft auch weiterverkauft, was zur Folge hatte, dass Rolls-Royce sein hochprofitables Ersatzteil- und Servicegeschäft für Dritthersteller öffnen musste. Dadurch wurde die Rentabilität bedroht. Hinzu kam, dass wichtige Kunden wie z. B. American Airlines "On the Wing"-Verträge, auch als "Power by the Hour" bekannt, forderten, bei denen sie nur für die Zeit bezahlen, in der das Flugzeug in der Luft ist.

Die digitale Antwort: Rolls Royce erkannte schnell, dass

  1. ein hochwertiges Produkt lediglich eine Eintrittskarte zum Markt ist, sichere Umsätze aber nicht mehr garantieren kann, aber
  2. Kunden immer mehr Wert auf Beziehung zu ihren Lieferanten legen.

Rolls-Royce machte aus der Not eine Tugend und antwortete mit TotalCare, einem digitalen Geschäftsmodell.

Servitization (oder Product-Service-System) ist ein zusammengesetztes Angebot aus Produkt und Dienstleistung. Bei Rolls Royce ist das TotalCare, bei dem Fluglinien nur für die Dienstleistung, die das Triebwerk erbringt, bezahlen. Das Triebwerk bleibt Eigentum von Rolls Royce. Für die gesamte Lebensdauer umfasst TotalCare die Leistung des Triebwerkes, die Überwachung durch Sensorik, Wartung und Reparatur. Dafür sind Datenerfassung durch Sensorik, Datensammlung und prädiktive und präskriptive Analytik nötig. Für OEMs mit direktem Zugang zum Nutzer ist Servitization einfach. Servitization eignet sich auch für das B2B-Geschäft, wenn die Aufwände, mit dem gekauften Produkt umzugehen, fern vom Kerngeschäft des Kunden liegen. Dienstleistungen des Zulieferers ermöglichen es dem Kunden, sich auf seine Kernkompetenzen zu konzentrieren.

Die technische Lösung von TotalCare: Um Risiken zu minimieren und die Profitabilität von TotalCare zu erhöhen, werden Triebwerke ständig telematisch überwacht und Betriebsdaten über Satelliten in Echtzeit übermittelt. Rolls-Royce ist damit in der Lage, Services lokal und global bereitzustellen und analysiert mit KI und Big Data Analytics live die Leistungen aller Triebwerke, die gerade in der Luft sind. Die Daten werden nicht nur zur Reduzierung der Servicekosten verwendet. Sie dienen auch zur Innovation und Entwicklung von Motoren der neuesten Generation. Ingenieure setzen Risikomodelle und Präskriptive Analytik für Ferndiagnosen ein (Wie müssen wir handeln, damit ein zukünftiges Ereignis nicht eintritt?), um der Crew bei Entscheidungen zu helfen und Maßnahmen einzuleiten, noch bevor das Flugzeug gelandet ist.[1]

Die Vorteile des digitalen Geschäftsmodells: Die Kombination von Produkt und Service hat für Kunden und Lieferanten einen deutlich höheren Nutzen als das physische Produkt allein, wobei sich Vorteile für Kunden und Anbieter unterscheiden.

TotalCare hilft Kunden, Kapitalausgaben in Betriebsausgaben zu wandeln und von signifikanten Fixkosten für Triebwerkswartung zu variablen Kosten überzugehen. Diese Geschäftsmodellinnovation ermöglichte erst Billigfluggesellschaften. Durch Automatisierung von Verbesserungsmaßnahmen wird die Verfügbarkeit der Triebwerke erhöht.

TotalCare versetzt Rolls Royce sehr zum Ärger von Flugzeugherstellern in die Lage, direkt mit Fluglinien zu verhandeln und so seine Position in der Wertschöpfungskette zu stärken. Darüber hinaus ermöglicht TotalCare einen von Schwankungen der Konjunktur unabhängigen Erlösstroms, kontinuierliche Innovationen und Produktverbesserungen (durch kontinuierliches Sammeln von Betriebsdaten). Heute erzielt Rolls-Royce über 50 % der Umsätze mit hochwertigen Dienstleistungen und hat sich vom Produktunternehmen zum dienstleistungs-/kundenorientierten Unternehmen mit einer neuen Denkweise entwickelt: Jede Nichterfüllung der Kundenanforderungen wird als Störungskosten für den Kunden quantifiziert.

Bei TotalCare haben Anbieter und Kunde das gemeinsame Interesse an Zuverlässigkeit und langer Lebensdauer des Triebwerkes.

Was man von diesem Beispiel lernen kann: Servitization oder "Power by the Hour" sind interessante Alternativen zum Produktverkauf, weil sie eine enge Kundenbindung implizieren und fast überall eingesetzt werden können, sofern Kunden solche Modelle akzeptieren. Das digitale Geschäftsmodell erfordert aktuelle, relevante und valide Sensordaten von Maschinen und Verbrauch, die in Echtzeit übermittelt werden müssen. Das ist höchst anspruchsvoll. Noch sind nicht alle Endkunden dazu technisch in der Lage oder dafür b...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Steuer Office Gold. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge