Leitsatz

Die einkommenswirksame Wertaufholung eines Beteiligungswerts gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG 1997 (i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002) umfasst auch eine frühere ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf den Buchwert der Beteiligung, die gem. § 50c Abs. 1 S. 1 EStG 1990 nicht einkommenswirksam war.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 und Nr. 2 S. 3 EStG 1997 i.d.F. des StEntlG 1999/2000/2002, § 50c Abs. 1 EStG 1990

 

Sachverhalt

Die Klägerin, eine GmbH, ist Gesamtrechtsnachfolgerin einer Kapitalgesellschaft, die in 1991 sämtliche Anteile an der T-GmbH erwarb. Im VZ 1991 kam es zu einer Gewinnausschüttung der T-GmbH, derzufolge die Klägerin eine ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung auf den Beteiligungswert vornahm; dabei blieb ein Teilbetrag gem. § 50c Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 S. 1 EStG a.F. ohne Auswirkung auf das zu versteuernde Einkommen (außerbilanzielle Hinzurechnung), da ein entsprechender Teil der Geschäftsanteile von einem nicht anrechnungsberechtigten Anteilseigner erworben worden war.

Im VZ 1993 erfolgte eine wertänderungsbedingte Teilwertabschreibung auf die Beteiligung.

Im Streitjahr 1999 berücksichtigte die Klägerin eine Wertaufholung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG n.F. einkommenserhöhend. Den einkommenswirksamen Wertaufholungsbetrag minderte die Klägerin allerdings um den Betrag der ausschüttungsbedingten Teilwertabschreibung, der 1991 gem. § 50c EStG a.F. bei der Einkommensermittlung hinzugerechnet worden war. Das FA folgte dem nicht.

Das FG Baden-Württemberg gab der Klage durch Urteil vom 10.11.2008, 6 K 392/04 (Haufe-Index 2166701) statt.

 

Entscheidung

Der BFH sah das anders. Er gab dem FA recht und wies die Klage ab: Der sog. Sperrbetrag gem. § 50c EStG a.F. sei nicht mit der späteren Wertaufholung zu saldieren.

 

Hinweis

1. Das Urteil entscheidet über die Frage, ob eine frühere Teilwertabschreibung auf den Buchwert einer Beteiligung, die – wegen § 50c Abs. 1 S. 1 EStG a.F. – nicht einkommenswirksam war, von einer späteren sog. Wertaufholung des Beteiligungswerts gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG erfasst wird. Diese Frage wird vom BFH im Ergebnis verneint.

2. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 1 EStG n.F. ist eine zum Betriebsvermögen gehörende Beteiligung grundsätzlich mit den Anschaffungskosten anzusetzen. Entspricht der Ansatz einer Beteiligung, die bereits am Schluss des vorangegangenen Wirtschaftsjahrs zum Anlagevermögen gehört hat, dieser Maßgabe durch den Ansatz eines niedrigeren Teilwerts nicht, ist die Bewertung dennoch mit den Anschaffungskosten vorzunehmen, es sei denn, der Steuerpflichtige weist nach, dass ein niedrigerer Teilwert angesetzt werden kann (§ 6 Abs. 1 Nr. 2 S. 3 i.V.m. Abs. 1 S. 4 EStG n.F.).

Die Finanzverwaltung lehnt es nun ab, das beschriebene prinzipielle Wertaufholungsgebot mit einer außerbilanziellen Werthinzurechnung zu "verrechnen", durch die in den Vorjahren gem. § 50c Abs. 1 EStG a.F. eine – an sich steuerwirksame – ausschüttungsbedingte Teilwertabschreibung neutralisiert worden ist (vgl. BMF, Schreiben vom 25.02.2000, BStBl I 2000, 372 Tz. 34, 36).

3. Dem stimmt der BFH zu. Begründet wird das vor allem mit den unterschiedlichen Zielsetzungen des Abzugsverbots gem. § 50c EStG a.F. einerseits und dem Wertaufholungsgebot gem. § 6 Abs. 1 Nr. 1 S. 4 EStG n.F. andererseits. Der sog. Sperrbetrag einerseits und der spätere Anstieg des Teilwerts der Beteiligung andererseits sind auseinanderzuhalten:

Die außerbilanzielle, durch § 50c Abs. 1 S. 1 EStG a.F. veranlasste Korrektur der innerbilanziellen Teilwertabschreibung bezieht sich nicht auf den Wertverlust der Beteiligung beim Erwerber. Sie soll vielmehr eine Einmalbesteuerung der im Inland erwirtschafteten Vermögensmehrungen der Kapitalgesellschaft im Inland sicherstellen, im Ergebnis, um einer "Umgehung" des (früheren) körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverbots über einen "share deal" cum Dividende und eine anschließende ausschüttungsbedingte Abschreibung der Anteile entgegenzutreten. Dazu ist auf BFH/PR 2008, 228 (zum BFH-Urteil vom 07.11.2007, I R 41/05, BFH/NV 2008, 679), auf BFH/PR 2008, 294 (zum BFH-Urteil vom 23.01.2008, I R 21/06, BFH/NV 2008, 1032) sowie auf BFH/PR 2009, 217 (zum BFH-Urteil vom 12.11.2008, I R 77/07, BFH/NV 2009, 835) zu verweisen.

Der spätere (erneute) Anstieg des Teilwerts der Beteiligung ist – und zwar auch nach einer vorausgegangenen ausschüttungsbedingten Abschreibung als einer gewissermaßen nur "unechten" Wertminderung – davon abzugrenzen. In ihm verwirklicht sich ein Ertrag, der unmittelbar dem Erwerber zuzurechnen ist und von diesem losgelöst von den besonderen Regelungszwecken des § 50c EStG a.F. nach Maßgabe des Leistungsfähigkeitsprinzips für die Zeit seiner Besitzzeit zu versteuern ist. Streng genommen kommt es also nicht zur doppelten Besteuerung eines und desselben Vorgangs, sondern zu der (zufälligen) Kollision unterschiedlicher Besteuerungsgrundlagen, welche unabhängig voneinander legitimiert sind.

Für eine t...

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