Leitsatz

Die Aufwendungen für einen Raum in der selbstgenutzten Wohnung unterliegen nicht dem Abzugsverbot, wenn der Arbeitnehmer aufgrund einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber gehalten ist, an mehreren Arbeitstagen pro Woche am häuslichen Telearbeitsplatz zu arbeiten.

 

Sachverhalt

Ein Oberregierungsrat beantragte den Ansatz der Kosten seines Arbeitszimmers als Werbungskosten. Er begründete dies mit einer "Einvernehmlichen Anordnung" zwischen ihm und seinem Dienstherrn über die Einrichtung eines Telearbeitsplatzes. Danach war er verpflichtet, in seiner Wohnung einen geeigneten Arbeitsbereich zur Verfügung zu stellen und Beauftragten seines Dienstherrn Zutritt zu diesem Arbeitsbereich zu gestatten. Von der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit sollten 24 Stunden (Dienstag, Mittwoch und Donnerstag) in der Dienststelle abgeleistet werden, 8 Stunden sollten als "Kommunikationszeit" (montags und freitags von 9 - 11 Uhr und von 14 - 16 Uhr) zu Hause geleistet, die restliche Arbeitszeit sollte zu Hause frei eingeteilt werden. Der Telearbeitsplatz sollte vom Dienstherrn eingerichtet werden; hierzu sollten Arbeitsmittel kostenlos zur Verfügung gestellt werden.

Im Einkommensteuerbescheid berücksichtigte das Finanzamt die Aufwendungen für das Arbeitszimmer nicht, da dieses nicht den Mittelpunkt der gesamten beruflichen und betrieblichen Betätigung darstelle.

 

Entscheidung

Kosten eines häuslichen Arbeitszimmers sind nur dann voll abzugsfähig, wenn im Arbeitszimmer der Mittelpunkt der beruflichen und betrieblichen Tätigkeit liegt. Zwar stand dem Oberregierungsrat ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, an welchem nach Auffassung der Richter auch der qualitative Mittelpunkt der Tätigkeit lag. Allerdings war er aufgrund der arbeitsvertraglichen Vereinbarung gehalten, an zwei Wochentagen zu Hause zu arbeiten und dafür einen Raum vorzuhalten. Der Arbeitsplatz in der Dienststelle war nur eingeschränkt verfügbar. Denn Sinn und Zweck der Dienstvereinbarung war es, die Tätigkeit so weit wie möglich aus dem Dienststellengebäude heraus in den häuslichen Bereich zu verlagern, was zu Einsparungsmöglichkeiten im Hinblick auf anderweitige Nutzungsmöglichkeiten der Büroräume und -ausstattungen im Dienstgebäude führen sollte. Nach Würdigung der besonderen Umstände war nach Auffassung des Gerichts der Raum schon prinzipiell nicht dem Typus des häuslichen Arbeitszimmers gleichzustellen, der dem Abzugsverbot des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unterliegt. Die Kriterien zur Beurteilung der steuerlichen Abzugsfähigkeit eines häuslichen Arbeitszimmers waren danach nicht anwendbar. Die mit der Nutzung des Raums zusammenhängenden Aufwendungen waren damit in vollem Umfang als Werbungskosten abzugsfähig.

 

Hinweis

Zum selben Ergebnis gelangt man im Streitfall nach Auffassung des Gerichts aber auch dann, wenn man davon ausginge, dass es sich bei dem streitbefangenen Zimmer um ein "klassisches" häusliches Arbeitszimmer handelt. Denn die Richter gehen davon aus, dass dem Kläger aufgrund der sich aus der Dienstvereinbarung ergebenden Einschränkungen und nach dem Sinn und Zweck dieser Vereinbarung zumindest faktisch für die Zeiten, an denen er zu Hause arbeiten sollte, kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung stand. Somit wäre auch nach § 9 Abs. 5 EStG i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG zumindest ein auf maximal 1.250 EUR begrenzter Werbungskostenabzug zu gewähren.

 

Link zur Entscheidung

FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 19.01.2012, 4 K 1270/09

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