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Schon in den früheren deutschen Bundesstaaten wurde eine Abgabe auf Grundstücksübertragungen erhoben, teils in Form der sog. Grundwechselabgabe, teils in Form des Urkundenstempels. Mit dem Gesetz zur Änderung des Reichsstempelgesetzes (RStempG) vom 15.7.1909 (RGBl 1909, 717) wurde erstmals in das RStempG v. 1.7.1881 (RGBl 1881, 185) i. d. F. der Bekanntmachung v. 3.6.1906 (RGBl 1906, 695) eine Grundwechselabgabe als Reichssteuer bzw. reichsrechtliche Besteuerung des Grundstücksverkehrs eingeführt. Die Steuer wurde jedoch von den Ländern und Gemeinden erhoben. Das RStempG i. d. F. v. 15.7.1909 (RGBl 1909, 833), geändert durch das Gesetz v. 3.7.1913 (RGBl 1913, 544) und neu bekannt gemacht i. d. F. v. 3.7.1913 (RGBl 1913, 639), knüpfte ursprünglich an die Urkunde als Gegenstand der Besteuerung an, was eine besondere Vorschrift notwendig machte, die sicherstellte, dass bei mehreren denselben Rechtsvorgang betreffenden Urkunden nur eine dieser Urkunden steuerpflichtig war. Aufgrund der Anknüpfung an die Urkunde fiel beim Tausch von Grundstücken auch nur eine Grunderwerbsteuer an. Allerdings führte die weitere Entwicklung dieser "Urkundensteuer" zu einer erweiterten Besteuerung, die sich nicht mehr ausschließlich am beurkundeten oder schriftlich festgelegten Rechtsgeschäft orientierte (vgl. zur Rechtsentwicklung Bayerischer Verfassungsgerichtshof v. 6.3.1981, Vf. 8-VII-79).

Erst das GrEStG v. 12.9.1919 – GrEStG 1919 – (RGBl 1919, 1617) vereinheitlichte jedoch die Grundwechselabgabe in der Hand des Reiches und knüpfte hinsichtlich des Besteuerungsgrundes nicht mehr an die "Urkunde", sondern primär an den Übergang des Eigentums am Grundstück an. Das den Anspruch auf Übereignung begründende Rechtsgeschäft wurde nur als Besteuerungstatbestand herangezogen, wenn der Eigentumsübergang nach Ablauf eines Jahres nach Abschluss des Veräußerungsgeschäftes noch nicht vollzogen war. Mit dem GrEStG v. 12.9.1919 wurde auch das Besteuerungsrecht der Länder und Gemeinden aufgehoben. Die bisherigen Vorschriften des RStempG traten ebenso wie die Landesgesetze und die die Abgabenerhebung betreffenden Satzungen der Gemeinden mit dem Inkrafttreten des GrEStG 1919 zum 1.10.1919 außer Kraft. Das GrEStG 1919 wurde mehrfach geändert (vgl. z. B. GrEStG 1919 i. d. F.d. Bek. v. 11.3.1927, RGBl I 1927, 72), so besonders durch das Steueranpassungsgesetz vom 16.10.1934.

Mit der Besteuerung von Grundstücksübertragungen hatte sich das Reich eine verlässliche und zugleich kräftig sprudelnde Steuerquelle geschaffen. So schreibt Ott in seinem Kommentar zum GrEStG 1919 (3. Aufl. 1927) in der Einleitung: "Die Grundwechselabgaben knüpfen an einen Verkehrsvorgang an, der sich nicht leicht der Kenntnis der Steuerbehörden entziehen kann und deshalb besonders geeignet ist, dem Staat eine ergiebige Einnahmequelle zu verschaffen." An der Richtigkeit dieser bezeichnenden und freimütigen Feststellung besteht auch heute hinsichtlich der fiskalischen bzw. haushaltsrechtlichen Bedeutung des aktuell geltenden GrEStG keinerlei Zweifel.

Eine grundlegende Änderung erfuhr das GrEStG 1919 durch das Gesetz vom 29.3.1940 (RGBl I 1940, 585), durch das es zum 1.5.1940 abgelöst wurde. Mit dem GrEStG 1940 bekam das Grunderwerbsteuerrecht jene prägende Struktur, die sich trotz aller Modifizierungen im Wesentlichen bis zum Wegfall der seit 1949 bis zum 31.12.1982 geltenden Ländergesetze gehalten und darüber hinaus auch noch in das GrEStG 1983 Eingang gefunden hat. Zur Begründung des Regierungsentwurfs zum GrEStG 1940 s. RStBl 1940, 387ff., und zur DVO zum GrEStG 1940 v. 30.3.1940 s. RGBl I 1940, 595.

Im Jahr 1949 sind die materiell fortgeltenden Bestimmungen des Grunderwerbsteuerrechts (Art. 123 Abs. 1 GG) nach Art. 30 und Art. 70 Abs. 1 GG Landesrecht geworden, weil dem Bund mit Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG i. d. F. v. 23.5.1949 (BGBl 1949, 1) für die Grunderwerbsteuer keine Gesetzgebungskompetenz eingeräumt worden war. Einzelne Länder nahmen dementsprechend ab 1962 Änderungen am GrEStG 1940 vor oder aber verabschiedeten gänzlich neue Grunderwerbsteuergesetze, wie z. B. Baden-Württemberg mit dem GrEStG v. 2.8.1966 (GBl 1966, 165). An der grundlegenden Substanz des GrEStG 1940 konnte dies letztlich aber – mit Ausnahme des erst viel später verabschiedeten Gesetzes zur Grunderwerbsteuerbefreiung beim Erwerb von Einfamilienhäusern, Zweifamilienhäusern und Eigentumswohnungen (GrEStEigWoG) v. 11.7.1977 (BGBl I 1977, 1213) – nichts ändern. Allerdings verlor die Grunderwerbsteuer durch diese Entwicklung infolge der Einführung neuer, sehr weitgehender Befreiungsvorschriften im Bereich des sozialen Wohnungsbaus, bei dem im Interesse des Gemeinwohls erfolgten Grundstückserwerb der öffentlichen Hand und bei Maßnahmen zur Verbesserung der Wirtschaftsstruktur faktisch weitgehend ihren Charakter als Rechtsverkehrssteuer.

Durch das Finanzreformgesetz v. 12.5.1969 (BGBl I 1969, 359, vgl. dazu Oppermann, DStZ 2018, 686) und der Änderung von Art. 105 Abs. 2 GG erhielt der Bund ab 1.1.1970 die konk...

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