Rz. 11c

Die nach den Versteigerungsbedingungen (hier wird unter gesetzlichen Versteigerungsbedingungen gem. §§ 49ff. ZVG und den von einem Beteiligten begehrten abweichenden Versteigerungsbedingungen gem. § 59 ZVG unterschieden) bestehen bleibenden Rechte sind Teil des Versteigerungserlöses und nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 (oder Nr. 5) GrEStG als Gegenleistung zu erfassen. Ein Recht am Grundstück (aus Abt. II und III des Grundbuchs) bleibt insoweit bestehen, als es bei der Feststellung des geringsten Gebots berücksichtigt und nicht durch Zahlung zu decken ist (vgl. § 52 Abs. 1 S. 1 ZVG; vgl. BFH v. 20.4.2007, II B 69/06, BFH NV 2007, 1538). Die nicht in das geringste Gebot aufgenommenen Rechte erlöschen mit Ausnahme weniger ausdrücklich bestimmter Rechte (vgl. hierzu im Einzelnen § 52 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 ZVG). Bleibt ein Recht aufgrund einer zwischen dem Ersteher und dem Berechtigten getroffenen Vereinbarung bestehen (sog. Liegenlassen, vgl. § 91 Abs. 2 ZVG), ist es nicht als bestehen bleibend in das geringste Gebot (vgl. § 52 Abs. 1 ZVG) aufgenommen. Ein solches Recht bleibt daher nicht nach den Versteigerungsbedingungen bestehen und wird daher nicht von § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG erfasst.

Zur Gegenleistung i. S. v. § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gehört auch ein in das geringste Gebot aufgenommenes Recht (§ 45 Abs. 1 ZVG), das tatsächlich nicht bestanden hat oder zwischenzeitlich erloschen ist, weil der Ersteher in derartigen Fällen neben dem Bargebot auch eine Zuzahlung (vgl. §§ 50, 51 ZVG) zu erbringen hat.

Ebenfalls zur Gegenleistung beim Erwerb im Zwangsversteigerungsverfahren gem. § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG gehören die auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehenden nichtdauernden Grundstückslasten (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG). Die Vorschrift des § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG greift ein, wenn Grundstücklasten nach den Versteigerungsbedingungen (§§ 49ff., 59 ZVG) aufgrund gesetzlicher Anordnung (z. B. § 52 Abs. 2 ZVG) außerhalb des geringsten Gebots ausnahmsweise bestehen bleiben (FG Köln v. 8.5.2013, 5 K 3384/10, EFG 2014, 859; BFH v. 15.7.2015, II R 11/14, BFH/NV 2015, 1602). Zu den nichtdauernden Grundstücklasten rechnen u. a. als Altenteil eingetragene Dienstbarkeiten und Reallasten (§§ 2, 9 EGZVG), Überbau- und Notwegrenten (§ 52 Abs. 2 ZVG) und das unbefristete Dauerwohnrecht (a. A. FG Hamburg v. 9.8.1973, I 44/72, EFG 1974, 31, das hierin regelmäßig eine dauernde Last sieht). Zu nichtdauernden Grundstückslasten siehe auch Rz. 25ff.

Soweit es sich bei den nach den Versteigerungsbedingungen bestehen bleibenden Rechten um dauernde Lasten handelt, sind sie hingegen nicht in die Gegenleistung einzubeziehen. Dies folgt aus § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG, wonach zur Gegenleistung auch die Belastungen gehören, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen (S. 1), mit Ausnahme der auf dem Grundstück ruhenden dauernden Lasten (S. 2: vgl. hierzu auch Loose, in Boruttau, GrEStG, 17. Aufl. 2011, § 9 Rz. 402 und Pahlke, GrEStG, 5. Aufl. 2014, § 9 Rz. 212; a. A. Hofmann, GrEStG, 10. Aufl. 2014, § 9 Rz. 32). Dauernde Lasten i. S. d. § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG sind u. a. Grunddienstbarkeiten gem. §§ 1018ff. BGB. Zu dauernden Grundstückslasten siehe auch Rz. 25ff.

Unerheblich ist, ob die bestehen bleibenden Rechte dem Erwerber selbst zustehen. Daher gehören z. B. auch bestehen bleibende beschränkt persönliche Dienstbarkeiten nach §§ 1090ff. BGB zu Gunsten des Erwerbers zur Gegenleistung im Zwangsversteigerungsverfahren i. S. d. § 9 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG. Eine Konsolidation durch Zusammentreffen von Berechtigung und Verpflichtung kommt bei dinglichen Rechten, wie z. B. bei einer Dienstbarkeit zu Gunsten des Erwerbers, gem. § 889 BGB nicht in Betracht. § 9 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG steht einer Einbeziehung dieser Belastungen in die Gegenleistung nicht entgegen, weil beschränkt persönliche Dienstbarkeiten keine dauernde Last i. S. v. § 9 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 GrEStG darstellen (vgl. FG Düsseldorf v. 11.2.2015, 7 K 3097/14 GE, StE 2015, 198 – red. Leitsatz).

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