Rz. 9

Von einem Tausch ist auszugehen, wenn sich der Erwerber eines Grundstücks ausschließlich zu einer Gegenleistung verpflichtet, die keinen Kaufpreis i. S. v. § 433 Abs. 2 BGB darstellt. Dies wäre z. B. bei einer Vereinbarung der Fall, bei der sich der Grundstückserwerber gegenüber dem Veräußerer ausschließlich zur mietfreien Überlassung eines (anderen) Grundstücks oder zur Gewährung eines zinsverbilligten oder unverzinslichen Darlehens verpflichtet. In diesen Fällen besteht der Wert der Gegenleistung im Mietwert bzw. im Wert der Zinsdifferenz zwischen dem vereinbarten Zinssatz und dem Zinssatz von 5,5 % nach § 15 Abs. 1 BewG (vgl. BFH v. 17.4.1991, II R 119/88, BStBl II 1991, 586).

Bei einem Tausch gilt gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG die Tauschleistung des anderen Vertragsteils (§§ 480, 433ff. BGB) einschließlich einer vereinbarten zusätzlichen Leistung als Gegenleistung. Die Tauschleistung des anderen Vertragsteils kann in der Hingabe von beweglichen Sachen oder Rechten (z. B. Gesellschaftsrechte) sowie in der Hingabe eines Grundstücks (ggf. auch in der Hingabe eines Miteigentumsanteils an einem Grundstück (vgl. BFH v. 5.11.1958, II 166/57 U, BStBl III 1959, 98) bestehen.

Bei einem wechselseitigen Grundstückstausch, bei dem sich beide Vertragsteile zur Übertragung eines Grundstücks an den jeweiligen anderen Vertragsteil verpflichten, liegen 2 steuerbare Erwerbsvorgänge vor, auch wenn der Grundstückstausch nur in einer Vertragsurkunde vereinbart wird. Ein wechselseitiger Grundstückstausch kann auch vorliegen, wenn sich jemand zur Übertragung seines Grundstücks gegen Entgelt verpflichtet, und sich der Grundstückserwerber seinerseits zur Übertragung seines Grundstücks gegen Entgelt an den Veräußerer des anderen Grundstücks verpflichtet. Ein ggf. abweichender Vertragswortlaut ist insoweit unbeachtlich. Die Höhe der Grunderwerbsteuer richtet sich daher nach dem gemeinen Wert der jeweiligen Grundstücke (vgl. BFH v. 2.3.1971, II 64/65, BStBl II 1971, 533).

Die Grunderwerbsteuer bei einem Grundstückstausch ist für jeden Erwerbsvorgang gesondert festzusetzen, wobei auch für jeden Erwerbsvorgang gesondert zu prüfen ist, ob Befreiungsvorschriften in Betracht kommen (vgl. BFH v. 24.9.1975, II R 149/72, BStBl II 1976, 94). Es ist unzulässig, den Wert der Tauschgrundstücke zusammenzurechnen und als Gegenleistung jeweils die Hälfte des Gesamtwerts zugrunde zu legen (vgl. BFH v. 18.12.1963, II 87/60 U, BStBl III 1964, 102).

 

Rz. 9a

Die Bewertung der jeweiligen Leistung hat nach den Vorschriften der §§ 215 BewG zu erfolgen. Die Wertangaben der Vertragsparteien sind unbeachtlich. Gleichwohl kann das Finanzamt aber auf diese Angaben zurückgreifen, wenn sie angemessen erscheinen und zu keinem ungerechtfertigten Steuervorteil führen (BFH v. 12.8.1964, II 6/62, HFR 1965, 117). Übernimmt das Finanzamt ohne weitere Prüfung die in der Vertragsurkunde angegebenen Werte und legt sie der Besteuerung zugrunde, liegt eine Verletzung der Ermittlungspflicht vor. Dies hat zur Folge, dass eine Änderung der Steuerfestsetzung nach § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO ausscheidet, wenn später werterhöhende Umstände bekannt werden (vgl. FG Rheinland-Pfalz v. 18.6.1998, 4 K 1441/97, EFG 1998, 1429, und Hofmann, GrEStG, 9. Aufl. 2010, § 9 Rz 32).

Im Fall eines im Tauschwege hingegebenen Grundstücks ist der nach § 9 BewG zu ermittelnde gemeine Wert maßgeblich (vgl. BFH v. 2.7.1951, II 21/51 S, BStBl III 1951, 154 und BFH v. 18.12.1963, II 87/60 U, BStBl III 1964, 102). Eine Bewertung des als Gegenleistung anzusehenden Grundstücks nach § 8 Abs. 2 GrEStG scheidet insoweit aus, weil sich diese Vorschrift nur auf Grundstücke bezieht, die Gegenstand des Erwerbsvorgangs sind, nicht jedoch auf Grundstücke, die als Gegenleistung hingegeben werden (vgl. BFH v. 2.7.1951, II 21/51 S, BStBl III 1951, 154, und BFH v. 18.12.1963, II 87/60 U, BStBl III 1964, 102). Tauscht z. B. A sein Grundstück (G1) mit B gegen dessen Grundstück G2, bezieht sich der Erwerbsvorgang von A auf das Grundstück G2. Das von ihm hingegebene Grundstück G1 ist Gegenleistung und ist daher nicht nach § 8 Abs. 2 GrEStG zu bewerten. Bei B hingegen ist das Grundstück G1 Erwerbsgegenstand und das von ihm hingegebene Grundstück G2 gilt als Gegenleistung; auch dieses ist bei B nicht nach § 8 Abs. 2 GrEStG zu bewerten. Der gemeine Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Grundstücks bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (§ 9 Abs. 2 S. 1 BewG). Dabei sind alle preisbeeinflussenden Umstände zu berücksichtigen. Grundsätzlich kann bei der Wertfindung auf ein vom amtlichen Bausachverständigen erstelltes Verkehrswertgutachten zurückgegriffen werden.

 

Rz. 9b

Gem. § 9 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG gelten bei einem Tausch (§ 515 BGB) auch die vereinbarten zusätzlichen Leistungen als Gegenleistung. Für diese zusätzlichen Leistungen gelten die gleichen Rechtsgrundsätze wie für die eigentliche Tauschleistung. Auch ihre Bewertung richtet sich nach den allgemeinen Bewertungs...

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