Rz. 21

Die Vergünstigungen des S. 1 beziehen sich jetzt nach § 6 a S. 2 GrEStG auch auf Umwandlungen aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum Anwendung findet. Dies führt u. a. dazu, dass – anders als im Umwandlungsteuergesetz – auch die einer Vermögensübertragung i. S. d. § 174 UmwG entsprechenden ausländischen Rechtsvorgänge in den Anwendungsbereich der Vergünstigungsnorm fallen. Mit der Einbeziehung von vergleichbaren Umwandlungsvorgängen aufgrund des Rechts eines Mitgliedstaats der EU oder des EWR tritt der Gesetzgeber einer ansonsten drohenden Diskussion über eine EU-Rechtswidrigkeit der Steuerbefreiung in § 6 a GrEStG entgegen. Ausländische Umwandlungsvorgänge können ebenso Grunderwerbsteuer auslösen wie inländische. Anknüpfungspunkt für das deutsche Besteuerungsrecht ist stets nur das inländische Grundstück. Eine Inlandsbeschränkung der Befreiung hätte zu einer Besteuerung unternehmerisch erforderlicher Umstrukturierungen geführt, die nicht durch fiskalische Interessen gerechtfertigt ist. Es ist nämlich kein sachlicher Grund erkennbar, warum nicht auch grenzüberschreitende und ausländische Umwandlungen bzw. Umwandlungen unter Beteiligung ausländischer Rechtsträger grunderwerbsteuerneutral möglich sein sollen, wenn sie sich innerhalb eines Konzerns abspielen.

Unter das UmwG und damit unter § 6 a S. 1 GrEStG fallen neben Umwandlungen von Rechtsträgern mit Sitz in Inland gem. den Regelungen im 10. Abschnitt des Zweiten Teils des UmwG (vgl. §§ 122 a ff. UmwG) auch grenzüberschreitende Umwandlungen, an denen als übertragende, übernehmende oder neue Gesellschaften ausschließlich Kapitalgesellschaften i. S. d. Art. 2 Nr. 1 der Richtlinie 2005/56 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25.10.2005 über die Verschmelzung von Kapitalgesellschaften aus verschiedenen Mitgliedstaaten (ABl. EU L 310, 1) beteiligt sind, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) gegründet worden sind und ihren satzungsgemäßen Sitz, ihre Hauptverwaltung oder ihre Hauptniederlassung in einem Mitgliedstaat der EU oder einem Vertragsstaat des EWR-Abkommens haben. Ebenfalls erfasst von § 6 a S. 1 GrEStG werden Umwandlungen i. S. v. Art. 17 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 der VO (EG) 2157/2001 (ABl. Nr. L 294, 1) i. V. m. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 78/855/EWG des Rates (ABl. Nr. L 295, 36).

§ 6 a S. 2 GrEStG spricht zwar nicht wie das Umwandlungsteuergesetz von "vergleichbaren ausländischen Vorgängen", sondern von "entsprechenden Umwandlungen"; es muss jedoch davon ausgegangen werden, dass sich der dogmatische Inhalt dieser Formulierungen im Wesentlichen nicht voneinander unterscheidet. Eine Umwandlung auf der Basis fremden Rechts lässt sich allerdings nur dann als eine "entsprechende Umwandlung" qualifizieren, wenn die Umwandlung nach ausländischem Recht rechtstechnischen Regelungen unterliegt, die den diesbezüglichen Regelungen des UmwG vergleichbar sind bzw. diesen entsprechen. Notwendig für die Herstellung einer solchen Vergleichbarkeit ist insbesondere, dass das fremde Recht die Möglichkeit vorsieht, eine Sachgesamtheit im Wege der Gesamtrechtsnachfolge oder der partiellen Gesamtrechtsnachfolge (das UmwG kennt im Gegensatz zum UmwStG keine Einzelrechtsnachfolge) gegen Anteilsgewährung durch nur einen Rechtsakt – Eintragung der Verschmelzung, Spaltung oder Vermögensübertragung in das jeweilige Register – übergehen zu lassen (vgl. Hofmann, GrEStG, 10. Aufl. 2014, § 6 a Rz. 25). Zur Konstellation der Stiftung nach niederländischem Recht: FG Düsseldorf v. 4.5.2023, 11 K 2851/21GE, EFG 2023, 941, Revsion: II R 14/23.

In diesem Zusammenhang ist auf Tz. 3.2. der gleich lautenden Ländererlasse zur Anwendung des § 6 a GrEStG vom 19.6.2012, BStBl I 2012, 662, hinzuweisen. Nach dem dortigen Abs. 2 gilt als entsprechende Umwandlung i. S. d. § 6 a S. 2 GrEStG, wenn die Regelung inhaltlich den Umwandlungen gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UmwG entspricht:

  • Eine entsprechende Verschmelzung liegt vor, wenn im Wege der Gesamtrechtsnachfolge Anteile an die Anteilsinhaber des oder der übertragenden Rechtsträger gewährt werden.
  • Eine entsprechende Aufspaltung oder Abspaltung liegt vor, wenn im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge Anteile der übernehmenden Rechtsträger an die Anteilsinhaber des übertragenden Rechtsträgers gewährt werden.
  • Eine entsprechende Ausgliederung liegt vor, wenn im Wege der partiellen Gesamtrechtsnachfolge Teile des Vermögens eines Rechtsträgers als Gesamtheit auf übernehmende Rechtsträger übertragen und Anteile an dem übernehmenden Rechtsträger gewährt werden.

Mit dem Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) wurde der Binnenmarkt der Europäischen Gemeinschaft um die Mitgliedstaaten der Europäischen Freihandelszone (EFTA) mit Ausnahme der Schweiz, also lediglich um Island, Liechtenstein und Norwegen erweitert. Die Schwe...

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