Rz. 88

Wie sich schon aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG ergibt, setzt der Tatbestand der Vorschrift voraus, dass zum Vermögen der Gesellschaft ein inländisches Grundstück gehört. Besteuerungsgegenstand ist das jeweilige der Gesellschaft gehörende Grundstück (vgl. BFH v. 8.11.1978, BStBl II 1979, 153). Ob ein Grundstück zum Vermögen der Gesellschaft gehört, bestimmt sich allein nach spezifischen grunderwerbsteuerrechtlichen Gesichtspunkten. Danach gehört ein Grundstück dann zum Vermögen der Gesellschaft, wenn es ihr bei Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund eines Erwerbsvorgangs nach § 1 Abs. 1, Abs. 2 oder Abs. 3 GrEStG zuzurechnen ist (vgl. BFH v. 16.3.1966, BStBl III 1966, 378, BFH v. 30.3.1988, BStBl II 1988, 550 und BFH v. 20.12.2000, II R 26/99, BFH/NV 2001, 1040 m. w. N.). Dies ist z. B. der Fall, wenn die Gesellschaft vor der Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 GrEStG einen Kaufvertrag abgeschlossen hat, der den Anspruch auf Übereignung eines inländischen Grundstücks auf sie begründet (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) oder ihr die Verwertungsbefugnis an einem Grundstück eingeräumt worden ist (§ 1 Abs. 2 GrEStG). Dies gilt auch, wenn im Ausland eine formwirksame Vereinbarung getroffen worden ist, die eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Eigentumsübertragung bewirkt, sofern sich die Anteilsvereinigung danach vollzieht (FG Münster v. 26.4.2007, 8 K 1069/04 GrE rechtskräftig, EFG 2007, 1895). Sind in ein und derselben notariellen Urkunde mehrere Rechtsvorgänge (z. B. Einbringungsvorgang sowie Anteilsübertragungen) geregelt, ist bei verständiger Würdigung der Gesamtheit der getroffenen Vereinbarungen festzustellen, ob der Anspruch auf Eigentumsverschaffung an dem betreffenden Grundstück vor dem Zeitpunkt des Anteilserwerbs erworben wurde oder erst danach. Es ist also darauf abzustellen, ob eine wertmäßige Einbeziehung des Grundstücks stattgefunden hat (vgl. BFH v. 20.12.2000, II R 26/99, BFH/NV 2001, 1040). Andererseits ist der Gesellschaft ein Grundstück nicht mehr zuzurechnen, das sie vor der Verwirklichung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 GrEStG veräußert hat. Dementsprechend gehört ein zivilrechtlich im Eigentum der Gesellschaft stehendes und ihr auch bewertungsrechtlich zugerechnetes Grundstück dann nicht mehr zum Vermögen der Gesellschaft, wenn sich die Gesellschaft vor Entstehung der Steuerschuld als Verkäuferin des Grundstücks an einem Verkaufsgeschäft beteiligt und sich zur Übereignung des Grundstücks an einen Dritten verpflichtet hat (vgl. BFH v. 17.7.1985, II S 5/85, BFH/NV 1986, 115, und BFH v. 29.9.2004, II R 14/02 BStBl II 2005, 148). Allein die Stellung als Gesellschafter einer Gesellschaft mit Grundbesitz erlaubt keine Zurechnung der Grundstücke (FG München v. 24.10.2018, 4 K 1101/15, EFG 2019, 65). Im Falle des aufschiebend bedingten Erwerbs eines Grundstücks ist dieses dem Erwerber erst ab Eintritt der aufschiebenden Bedingung zuzurechnen. Unter aufschiebenden Wirksamkeitsbedingungen erworbene Grundstücke sind einer Gesellschaft auch dann nicht zuzurechnen, wenn die Vertragsparteien die zivilrechtlich schwebend unwirksamen Kaufverträge in der Weise durchführen, dass sie die Auflassungen erklären und die für die Eigentumsumschreibung notwendigen Anträge stellen. Denn damit wird der Tatbestand des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG i. V. m. § 41 S. 1 AO nicht verwirklicht. Erfolgt nach Abschluss eines schwebend unwirksamen Kaufvertrags über Grundstücke eine Anteilsvereinigung i. S. d. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG, sind daher die betreffenden Grundstücke bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer nicht zu berücksichtigen. Bis zum Eintritt der Bedingung besteht ein Schwebezustand, währenddessen dem Käufer noch kein durchsetzbarer Anspruch auf Übereignung der Grundstücke zusteht (vgl. BFH v. 10.2.2005, II B 115/04, BFH/NV 2005, 1139; Grieser, DStR 2012, 2216). Aus § 41 Abs. 1 S. 1 AO lässt sich nichts anderes entnehmen. Die dort getroffene Aussage, dass ein unwirksames Rechtsgeschäft für die Besteuerung unerheblich ist, soweit und solange die Beteiligten das wirtschaftliche Ergebnis dieses Rechtsgeschäfts gleichwohl eintreten und bestehen lassen, gilt gem. § 41 Abs. 1 S. 2 AO nicht, soweit sich aus den Steuergesetzen etwas anderes ergibt. Diese Ausnahme von der Regel des § 41 Abs. 1 S. 1 AO ist aufgrund der ausdrücklich angeordneten Subsidiarität des § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG gegenüber § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG und der in § 14 Nr. 1 GrEStG getroffenen Regelung über die Steuerentstehung bei aufschiebend bedingten Erwerbsvorgängen einschlägig und schließt die Anwendung des § 41 Abs. 1 S. 1 AO aus. Die Ausführungen in BFH v. 10.2.2005, II B 115/04, BFH/NV 2005, 1139, nach denen durch die wirksame Begründung eines aufschiebend bedingten Übereignungsanspruchs das Grundstück in den grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnungsbereich des Erwerbers gelangt, betreffen nur das Verhältnis des § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG zu Nr. 1 der Vorschrift und nicht die Frage, ab welchem Zeitpunkt ein unter einer aufs...

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