Sachverhalt

Bei den Vorabentscheidungsersuchen des BFH war streitig, ob die Kläger aus geleisteten und in Rechnung gestellten Anzahlungen für Blockheizkraftwerke, über deren Lieferung sie in dem Streitjahr 2010 jeweils einen Vertrag geschlossen hatten, zum Vorsteuerabzug nach den Art. 167 ff. MwStSystRL berechtigt waren, auch wenn die Lieferung der Blockheizkraftwerke letztlich nicht erfolgte. Der BFH hatte den EuGH zunächst nach den Anforderungen an die Sicherheit einer Leistungserbringung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung befragt und bezog sich dabei auf das Urteil des EuGH in der Rechtssache FIRIN.[1] Ferner fragte der BFH, ob Voraussetzung für die Berichtigung des Vorsteuerabzugs die Rückzahlung der geleisteten Anzahlung ist. Daneben ging es um die Berechtigung der Mitgliedstaaten, die Berichtigung von Steuer und Vorsteuerabzug gleichermaßen von einer Rückzahlung der Anzahlung abhängig zu machen. Der BFH wollte außerdem wissen, ob das für den Anzahlenden zuständige Finanzamt dem Anzahlenden die Umsatzsteuer erstatten muss, wenn er vom Anzahlungsempfänger die Anzahlung nicht zurückerhalten kann. In diesem Zusammenhang wurde zudem die Frage aufgeworfen, ob diese Erstattung im Festsetzungsverfahren zu erfolgen hat oder ob hierfür ein gesondertes Billigkeitsverfahren ausreichend ist.

In der Rs. C-660/16 bestellte der Kläger am 10.4.2010 bei einer G-GmbH die Lieferung eines Blockheizkraftwerkes. Nach Bestätigung des Auftrages durch die G-GmbH am 12.4.2010 erteilte sie für das Bockheizkraftwerk eine Vorausrechnung über 30.000 EUR mit einem gesonderten Steuerausweis über 5.700 EUR. Ausweislich der Entscheidungsgründe des Finanzgerichts[2] war der Kläger in ein betrügerisches Schneeballsystem eingebunden: Ihm und anderen Kunden wurden von der G-GmbH die Blockheizkraftwerke mit dem Versprechen einer Rendite verkauft, um die Anzahlung zu erhalten, obwohl bereits bei Abschluss der Verträge feststand, dass die geschuldeten Blockheizkraftwerke nicht alle geliefert werden können. Jedoch lagen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Kläger von diesem betrügerischen Schneeballsystem wusste oder hätte wissen müssen. Er ging in gutem Glauben davon aus, dass er die Verfügungsmacht über ein funktionierendes Blockheizkraftwerk erhalten werde. Eine Lieferung des Blockheizkraftwerkes erfolgte nicht.

Der Kläger machte für das Streitjahr 2010 den Vorsteuerabzug aus der geleisteten Anzahlung geltend. Nach Ansicht des Finanzgerichts war der Kläger zum Vorsteuerabzug aus der Anzahlung berechtigt. Er habe beabsichtigt, unternehmerisch tätig zu werden und es habe eine ordnungsgemäße Anzahlungsrechnung vorgelegen. Die Absicht der G-GmbH, die Kunden zu betrügen, stehe dem Vorsteuerabzug nicht entgegen. Nach dem EuGH-Urteil in der Rechtssache FIRIN liege kein unberechtigter Steuerausweise i. S. d. § 14c Abs. 2 UStG vor. Auch sah das Finanzgericht den Kläger nicht als zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 17 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 1 Satz 2 UStG verpflichtet an. Nach den für den BFH bindenden Feststellungen des Finanzgerichts war im Streitfall zwar davon auszugehen, dass der Kläger bereits im Streitjahr erfahren hatte, dass das Blockheizkraftwerk nicht mehr an ihn geliefert werde. Der Kläger habe aber keine Rückzahlung von der insolventen G-GmbH erhalten. Das Finanzgericht sah ihn deshalb nicht zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs verpflichtet an.

Der BFH fragte den EuGH, ob die Anforderungen an die Sicherheit einer Leistungserbringung als Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Anzahlung i. S. d. EuGH-Urteils FIRIN rein objektiv oder aus Sicht des Anzahlenden nach den für ihn erkennbaren Umständen zu bestimmen sind. Weiter fragte der BFH, ob die Mitgliedstaaten unter Berücksichtigung der zeitgleichen Entstehung des Steueranspruchs und des Rechts auf Vorsteuerabzug berechtigt sind, die Berichtigung von Steuer und Vorsteuerabzug gleichermaßen von einer Rückzahlung der Anzahlung abhängig zu machen. Schließlich fragte der BFH, ob das für den Anzahlenden zuständige Finanzamt dem Anzahlenden die Umsatzsteuer erstatten muss, wenn er vom Anzahlungsempfänger die Anzahlung nicht zurückerhalten kann (falls ja, ob dies im Festsetzungsverfahren zu erfolgen hat oder das Billigkeitsverfahren ausreicht).

In der Rs. C-661/16 bestellte der Kläger bei einer Gesellschaft A ein Blockheizkraftwerk zum Preis von 30.000 EUR zzgl. 5.700 EUR USt, dessen Lieferung voraussichtlich 14 Wochen nach Geldeingang vorgesehen war. Am 27.8.2010 überwies der Kläger die von der A angeforderte Zahlung i. H. v. 37.500 EUR und erhielt hierfür eine Rechnung über die Lieferung eines Blockheizkraftwerkes, datierend vom 28.8.2010. Ausweislich der Steuerakten handelt es sich bei der A um die gleiche Gesellschaft, die in der Rs. C-660/16 als G-GmbH bezeichnet wurde. Zur Lieferung des Blockheizkraftwerkes kam es nicht.

Das Finanzamt ließ den vom Kläger geltend gemachten Vorsteuerabzug aus der Anzahlung für das Blockheizkraftwerk nicht zu. Das FG[3] gab...

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