A. Bedingte und befristete Rechtsgeschäfte; Allgemeines

 

Rz. 1

[Autor/Stand] Rechtsgeschäfte werden oft mit dem Vorbehalt geschlossen, dass ihre Rechtswirkung erst eintreten bzw. wieder wegfallen soll, wenn ein bestimmtes Ereignis eintritt, von dem ungewiss ist, ob es eintritt. Soll die Rechtswirkung erst mit dem Eintritt des Ereignisses beginnen, so liegt eine aufschiebende Bedingung vor. Soll die Rechtswirkung dagegen sofort beginnen, aber mit dem Eintritt des Ereignisses beendet sein, so liegt eine auflösende Bedingung vor. Von der Bedingung zu unterscheiden ist einmal die Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt (vgl. unten Rz. 23). Bei ihr steht das Rechtsgeschäft unter dem Vorbehalt, dass für seine Rechtswirkung ein Anfangstermin oder ein Endtermin – Zeitbestimmung – festgelegt wird, wobei zwar gewiss ist, dass der festgelegte Zeitpunkt als künftiges Ereignis eintritt, aber ungewiss ist, wann dieser Zeitpunkt eintritt. Wird durch die Zeitbestimmung wie bei der Bedingung die Wirkung des Rechtsgeschäfts von dem Eintritt der Zeitbestimmung abhängig gemacht, so wird diese Befristung wie eine Bedingung – aufschiebende bzw. auflösende – behandelt.

 

Rz. 2

[Autor/Stand] Von der Bedingung und der Befristung zu unterscheiden ist zum anderen die Betagung einer Forderung oder Schuld. Die betagte Forderung oder Schuld entsteht sofort mit Abschluss des Rechtsgeschäfts, ihre Fälligkeit ist aber hinausgeschoben (z.B. die gestundete Kaufpreisforderung). Die Betagung hindert zwar nicht den Ansatz der Forderung oder Schuld, sie kann aber Einfluss auf die Bewertung haben (vgl. § 12 BewG Rz. 170 f. und § 8 BewG Rz. 24).[3]

 

Rz. 3

[Autor/Stand] Im bürgerlichen Recht gelten für die Bedingung und die Zeitbestimmung die Vorschriften der §§ 158163 BGB. Für das Bewertungsgesetz sind die §§ 48 BewG maßgebend. Die §§ 47 BewG behandeln die bedingten Rechtsgeschäfte (aufschiebende und auflösende Bedingung), und § 8 BewG regelt die Befristung auf einen unbestimmten Zeitpunkt. Die Begriffe "Bedingung" und "Befristung" in den §§ 48 BewG sind dem bürgerlichen Recht entnommen.[5] Deshalb ist auch für das Steuerrecht die Auslegung anzuerkennen, die diese Begriffe in der Rechtsprechung des BGH zum bürgerlichen Recht gefunden haben.

[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021
[Autor/Stand] Autor: Götz, Stand: 01.03.2021

B. Begriffsbestimmungen

I. Bedingte Rechtsgeschäfte i.S.d. bürgerlichen Rechts und des Bewertungsrechts

 

Rz. 4

[Autor/Stand] Bedingung i.S.d. bürgerlichen Rechts ist die einem Rechtsgeschäft beigefügte Bestimmung, durch die seine Rechtswirkungen von einem zukünftigen ungewisen Ereignis abhängig gemacht werden. Aus dieser Begriffsbestimmung ergibt sich, dass unter dem Begriff der Bedingung im bürgerlichen Recht nur die rechtsgeschäftliche Bedingung zu verstehen ist. Das gilt auch für das Bewertungsrecht.[2] Im Urteil v. 10.5.1972[3] vertrat der BFH zwar die Auffassung, dass der Begriff der Bedingung im Steuerrecht sich nicht nur auf rechtsgeschäftliche Vereinbarungen beschränken könne; denn sonst wären bedingte Steuerschulden undenkbar, weil in Bezug auf öffentlich-rechtliche Abgaben rechtsgeschäftliche Vereinbarungen über ihre Wirkung nicht in Betracht kommen. Daran ist zutreffend, dass es im Steuerrecht nicht nur rechtsgeschäftliche Bedingungen gibt, wie sich z.B. aus § 120 Abs. 2 Nr. 2 AO ergibt. Eine andere Frage ist, ob in §§ 48 BewG nur rechtsgeschäftliche Bedingungen bzw. Befristungen gemeint sind. Das wird man angesichts der Verbindung mit §§ 158 ff. BGB wohl bejahen müssen. Es ist aber nicht ausgeschlossen, §§ 48 BewG auf gesetzliche oder durch Verwaltungsakt gesetzte Bedingungen entsprechend anzuwenden, wenn die Sachverhalte mit rechtsgeschäftlichen Bedingungen bzw. Befristungen vergleichbar sind.

 

Rz. 5

[Autor/Stand] Der Zeitpunkt für den Eintritt der zukünftigen Ereignisse kann gewiss (z.B. Erlangung der Volljährigkeit) oder ungewiss (z.B. Verheiratung) sein. Das die Bedingung darstellende künftige Ereignis können Handlungen, Unterlassungen, und zwar der Parteien selbst oder Dritter, und auch sonstige Begebenheiten rein tatsächlicher oder rechtsgeschäftlicher Art sein.[5] Dieses Ereignis kann von dem Willen einer Vertragspartei (Potestativbedingung), vom Lauf der Dinge, auch dem Willen eines Dritten (zufällige Bedingung) oder von beiden (gemischte Bedingung) abhängig sein.

Eine Potestativbedingung ist z.B. die Ausübung einer Option (Ankaufsrecht) im Rahmen eines Erbbauvertrags[6] oder die Kündigung[7]. Eine Potestativbedingung ist allerdings nur dann eine Bedingung im Rechtssinn, wenn nicht die Entstehung des Rechtsgeschäfts, sondern seine Wirksamkeit von einer noch ungewissen Entschließung eines der Beteiligten abhängt. So handelt es sich z.B. auch um eine Potestativbedingung bei der Abrede, dass eine bestimmte Rechtswirkung davon abhängen soll, dass bestimmte Schulden getilgt werden.[8]

 

Rz. 6

[Autor/Stand] Zur Untersch...

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