Leitsatz

1. Bei den Einkünften aus Land- und Fortwirtschaft hat die Bestellung eines Nießbrauchs zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).

2. Die Rechtsprechung zur unentgeltlichen Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Nießbrauchsvorbehalt gilt auch für die Übertragung eines Verpachtungsbetriebs.

3. Zahlungen für die Entlassung des Grundbesitzes aus der Pfandhaft eines zum Betriebsvermögen gehörenden Nießbrauchsrechts sind betrieblich veranlasst und erhöhen ihrerseits das Betriebsvermögen.

 

Normenkette

§ 6 Abs. 3 Satz 1, § 13 EStG

 

Sachverhalt

Der Ehemann (E) der Klägerin war Inhaber eines landwirtschaftlichen Betriebs, den er an fremde Dritte verpachtet hatte. Aus der Betriebsverpachtung erzielte er Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Im November 2002 übertrug E den Hof unentgeltlich an seinen Sohn (S). E behielt sich auf seine Lebensdauer das Nießbrauchsrecht an dem überlassenen Grundbesitz vor. Nach seinem Tod sollte die Klägerin nießbrauchsberechtigt sein. E verstarb im Jahr 2006. Mit seinem Tod wurde die Klägerin Nießbrauchsberechtigte. Auch sie erklärte aus der Verpachtung Einkünfte aus § 13 EStG.

Im Dezember 2008 veräußerte S die Hofstelle sowie einen Teil des Grund und Bodens an H. Der Erwerber löste zudem gegen Zahlung eines Geldbetrags das Nießbrauchsrecht der Klägerin ab.

Die Klägerin erfasste die Zahlung in ihrer Gewinnermittlung nicht als Betriebseinnahme. Sie vertrat die Auffassung, es handele sich bei der Ablösung des Nießbrauchs um ein privates Veräußerungsgeschäft, das nicht zu Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft führe. Das FA setzte die streitige Zahlung hingegen als Betriebseinnahme an und erhöhte den Gewinn der Klägerin entsprechend.

Das FG wies die hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobene Klage ab (Schleswig-Holsteinisches FG, Urteil vom 11.5.2016, 5 K 207/13, Haufe-Index 11236244, EFG 2017, 1643).

 

Entscheidung

Die Revision der Klägerin hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Wird ein land- und forstwirtschaftlicher Betrieb unentgeltlich (im Wege der vorweggenommenen Erbfolge) übertragen, so liegt weder eine Entnahme noch eine Betriebsaufgabe vor. Der Betrieb wird vielmehr steuerrechtlich unverändert durch den Rechtsnachfolger fortgeführt. Der ist an die Buchwerte des Rechtsvorgängers gebunden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 EStG). Auch ein ruhender, verpachteter und noch nicht aufgegebener Betrieb kann Übertragungsgegenstand i.S.d. § 6 Abs. 3 Satz 1 EStG sein (BFH, Urteil vom 25.1.2017, X R 59/15, BFH/NV 2017, 1077, m.w.N.).

2. Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft hat die Bestellung eines Nießbrauchs nach ständiger Rechtsprechung des BFH zur Folge, dass zwei Betriebe entstehen, nämlich ein ruhender Betrieb in der Hand des nunmehrigen Eigentümers (des Nießbrauchsverpflichteten) und ein wirtschaftender Betrieb in der Hand des Nießbrauchsberechtigten und bisherigen Eigentümers (z.B. BFH, Urteil vom 23.10.2018, VI R 5/17, BFH/NV 2019, 225; BFH, Urteil vom 7.4.2016, IV R 38/13, BFH/NV 2016, 1365, Rz. 26, m.w.N.).

3. Die Rechtsprechung des IV. und des erkennenden Senats zur (unentgeltlichen) Übertragung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unter Vorbehalt des Nießbrauchs ist auch bei der Übertragung eines Verpachtungsbetriebs anwendbar. Es ist insoweit unerheblich, ob ein aktiv betriebener oder ein ruhender Betrieb übertragen wird. Eine Zwangsbetriebsaufgabe tritt auch bei Übertragung eines Verpachtungsbetriebs unter Nießbrauchsvorbehalt nicht ein.

a) Der Steuerpflichtige hat nach ständiger Rechtsprechung im Fall der Verpachtung seines Betriebs ein Wahlrecht, ob er den Vorgang als Betriebsaufgabe i.S.d. § 16 Abs. 3 EStG behandeln und damit die Wirtschaftsgüter seines Betriebs unter Auflösung der stillen Reserven in sein Privatvermögen überführen oder (ob und wie lange er) das Betriebsvermögen während der Verpachtung fortführen und daraus betriebliche Einkünfte erzielen will. Geht ein verpachteter Betrieb unter Fortbestand des Pachtvertrags im Wege der vorweggenommenen Erbfolge auf den Rechtsnachfolger über, so tritt dieser hinsichtlich des Wahlrechts, die Betriebsaufgabe zu erklären, in die Rechtsstellung des bisherigen Verpächters ein, selbst wenn der Rechtsnachfolger den Betrieb zu keiner Zeit selbst bewirtschaftet hat.

Anerkennung der Betriebsverpachtung zwischenzeitig normiert

Der Gesetzgeber hat mit – dem im Streitfall allerdings noch nicht anwendbaren – § 16 Abs. 3b EStG die Betriebsverpachtung ebenfalls anerkannt.

b) Die Grundsätze der Betriebsverpachtung sind auch bei unter Vorbehalt des Nießbrauchs übertragenen ruhenden Verpachtungsbetrieben anwendbar. Entsprechend hat der IV. Senat des BFH anerkannt, dass die Hofübergabe unter Vorbehaltsnießbrauch und gleichz...

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