Leitsatz

Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Kautionsrückversicherung ist nicht nach § 4 Nr. 1 VersStG von der Versicherungsteuer befreit, wenn durch die Versicherung die Gefahr aus einem Vertrag übernommen wird, der nach § 2 Abs. 2 VersStGnicht als Versicherungsvertrag gilt. Eine Rückversicherung i.S.d. § 4 Nr. 1 VersStG setzt eine andere steuerbare Versicherung voraus, deren Risiko abgesichert wird.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 2, § 4 Nr. VersStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin, ein Rückversicherer, verpflichtete sich gegenüber W, für deren Geschäftsbereich W‐Garantie innerhalb gewisser Grenzen zur Übernahme derjenigen Vermögensschäden, die W als endgültiger Verlust aus den von ihr abgeschlossenen Kautionsversicherungen entstehen. In den Kautionsversicherungen verpflichtete sich W, gegen Prämienzahlung Bürgschaften gegenüber den Auftraggebern der Versicherungsnehmer zu übernehmen. Die Bürgschaften dienten der Absicherung von Kautionen oder Garantien, die von den Versicherungsnehmern an ihre Auftraggeber zu erbringen waren. Die Klägerin meldete für die mit W abgeschlossene Kautionsrückversicherung Versicherungsteuer beim FA an und erhob gegen die Festsetzung der Versicherung-steuer Sprungklage. Diese hatte keinen Erfolg. Das FG bejahte die Versicherungsteuerpflicht des von W gezahlten Entgelts (FG München, Urteil vom 23.3.2011, 4 K 1008/08, Haufe-Index 2703822, EFG 2011, 1480).

 

Hinweis

Die Problematik der Versicherungsteuerpflicht der Kautionsversicherung bewegt sich an der Schnittstelle zweier – scheinbar – nicht aufeinander abgestimmter Bestimmungen des VersStG: Nach § 2 Abs. 2 VersStG "gilt" ein Vertrag, durch den sich der Versicherer verpflichtet, für den Versicherungsnehmer Bürgschaft oder sonstige Sicherheit zu leisten, nicht als ein zur Versicherungsteuer führender Versicherungsvertrag. Nach § 4 Nr. 1 VersStG ist die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Rückversicherung versicherungsteuerfrei.

1.Der Versicherungsteuer unterliegt auch eine vertraglich vereinbarte Rückversicherung. Durch eine solche lässt sich ein Erst-(Versicherer) für die gegenüber dem Versicherungsnehmer übernommene Gefahr und die daraus resultierende Zahlungsverpflichtung gegen Prämienzahlung vom anderen Versicherer (Rückversicherer) wegen des übernommenen Risikos Deckung versprechen. Dies ist bei Kautionsversicherung der Fall; das hierfür gezahlte Versicherungsentgelt unterliegt der Versicherungsteuer.

2. Die Steuerbarkeit der Kautionsrückversicherung wird durch § 2 Abs. 2 VersStG nicht ausgeschlossen. Diese Bestimmung fingiert für die Kautionsversicherung ein nicht steuerbares Versicherungsverhältnis. Damit soll u.a. eine Gleichstellung mit der nicht versicherungsmäßig betriebenen Bürgschaftsübernahme z.B. durch Großbanken hergestellt werden. Aus diesem Grund unterliegt das Versicherungsentgelt für eine Kautionsversicherung nicht der Versicherungsteuer.

§ 2 Abs. 2 VersStG gilt aber nicht für die Kautionsrückversicherung. Diese unterliegt der Versicherungsteuer, weil sie ausschließlich Risiken des Erstversicherers (aus den von ihm geschlossenen Kautionsversicherungen) betrifft. Kautionsversicherung und Kautionsrückversicherung sind steuerrechtlich getrennt zu behandeln

3. Die Zahlung des Versicherungsentgelts für eine Kautionsrückversicherung ist nicht als "Rückversicherung" nach § 4 Nr. 1 VersStG steuerbefreit. Der Begriff "Rückversicherung" ist nicht versicherungsrechtlich, sondern versicherungsteuerrechtlich zu bestimmen und setzt eine andere steuerbare Versicherung voraus, deren Risiko abgesichert wird. An diesem Erfordernis fehlt es bei der Kautionsrückversicherung deshalb, weil die Kautionsversicherung nach § 2 Abs. 2 VersStG nicht als Versicherungsvertrag gilt.

Versicherungsteuerrechtlich ist die "Kautionsrückversicherung" eine Erstversicherung. Die Versagung der Steuerbefreiung aus § 4 Nr. 1 VersStG entspricht auch dem Zweck dieser Vorschrift, eine Doppelbelastung mit Versicherungsteuer sowohl der Erst- als auch der Rückversicherung auszuschließen. Bei einer nicht steuerbaren Kautionsversicherung kann deren "Rückversicherung" zu keiner Doppelbelastung führen.

4. Die Entscheidung des BFH lässt deutlich die Tendenz erkennen, Auslegungsfragen des VersStG ­möglichst nach ihrem (versicherung-)steuerrechtlichen Bedeutungszusammenhang zu entscheiden. Den Vorstellungen und Begrifflichkeiten des Versicherungsrechts oder Versicherungsaufsichtsrechts kommt keine ausschlaggebende Bedeutung zu.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 19.6.2013 – II R 26/11

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