Leitsatz

Da einen Versandhandel nur derjenige betreibt, der Kaffee "aus einem anderen Mitgliedstaat" an nichtgewerbliche Endverwender im Steuergebiet liefert, muss der Versandhändler zwar nicht unbedingt seinen (juristischen) Sitz in dem anderen Mitgliedstaat haben, er darf jedoch nicht im Steuergebiet niedergelassen sein.

 

Normenkette

§ 11 Abs. 1 und 2 KaffeeStG , § 12 KaffeeStG , § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO , § 115 Abs. 2 Nr. 2 FGO , § 116 Abs. 3 Satz 3 FGO , § 126 Abs. 4 FGO

 

Sachverhalt

Eine Firma erwarb in der Bundesrepublik Kaffee aus dem zoll- und einfuhrumsatzsteuerrechtlich freien Verkehr, brachte ihn unter Befreiung von der Kaffeesteuer nach Österreich und ließ ihn dort zwischenlagern. Kunden aus der Bundesrepublik konnten bei einer in München ansässigen Firma den Kaffee für sich bestellen; in diesem Fall wurden die Bestellungen nach Österreich übermittelt, die bestellten Waren dort zusammengestellt und versandfertig verpackt. Diese Sendungen wurden dann von der Post in Österreich abgeholt oder in Deutschland bei ihr eingeliefert.

Das HZA setzte deshalb Kaffeesteuer fest, weil die Firma aus dem zollrechtlich freien Verkehr Österreichs Kaffee zu gewerblichen Zwecken bezogen habe.

 

Entscheidung

Ein Versandhandel scheidet nach Ansicht des BFH aus, weil der Kaffee nicht aus einem anderen Mitgliedstaat an nichtgewerbliche Endverwender in das Steuergebiet geliefert worden ist. Ein Händler, der im Steuergebiet niedergelassen ist und Kaffee aus einem anderen Mitgliedstaat in das Steuergebiet verbringen lässt, werde nach § 11 Abs. 1 Satz 2 bzw. nach§ 11 Abs. 2 Satz 2 KaffeeStG Steuerschuldner.

 

Hinweis

1. Die Kaffeesteuer ist keine gemeinschaftsrechtlich harmonisierte Verbrauchsteuer (vgl. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 92/12/EWG über das allgemeine System, den Besitz, die Beförderung und die Kontrolle verbrauchsteuerpflichtiger Waren). Weder die Richtlinie Nr. 76/308/EWG über die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung von Forderungen in Bezug auf bestimmte Abgaben, Zölle, Steuern und sonstige Maßnahmen noch die Richtlinie Nr. 77/799/EWG über die gegenseitige Amtshilfe zwischen den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten im Bereich der direkten Steuern und indirekten Steuern findet auf sie Anwendung. Eine Beitreibung in Deutschland entstandener Kaffeesteuer bei einem in einem anderen Mitgliedstaat niedergelassenen Verkäufer, der von dort aus den Kaffee in das Steuergebiet versendet, ist deshalb nicht möglich.

2. Versandhandel im Sinn des § 12 Abs. 1 KaffeeStG setzt nur voraus, dass der Versand von einem anderen Mitgliedstaat aus durch den Händler selbst oder durch einen von ihm beauftragten Dritten erfolgt, nicht dass das Versandgut als Einzelsendung in dem anderen Staat an die Abnehmer im Steuergebiet aufgegeben wird. § 12 Abs. 1 KaffeeStG setzt hingegen – anders als andere Verbrauchsteuergesetze (z.B. § 18 Abs. 1 Satz 1 BierStG) – nicht voraus, dass der Versandhändler seinen Sitz in dem Mitgliedstaat hat, aus dem der Kaffee geliefert wird. Ist er indes im Steuergebiet niedergelassen, kann er in der Regel nicht "aus" einem anderen Mitgliedstaat liefern.

3. Beachten Sie in verfahrensrechtlicher Hinsicht, dass eine Rechtssache grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO nur dann hat, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage im Revisionsverfahren voraussichtlich geklärt werden kann. Das ist dann nicht der Fall, wenn die Entscheidung des FG die betreffende Frage zwar möglicherweise falsch beantwortet hat, aber aus anderen Gründen als richtig zu bestätigen ist (§ 126 Abs. 4 FGO).

4. Nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 FGO kann die Revision auch dann zugelassen werden, wenn das Urteil des FG "willkürlich und unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt vertretbar" erscheint (vgl. BFH, Beschluss vom 7.8.2002, VII B 214/01, BFH/NV 2002, 1606, 1607; BFH, Beschluss vom 23.8.2002, IV B 89/01, BFH/NV 2003, 177, 178). Das ist aber ebenfalls in der Beschwerdebegründung darzulegen; die bloße Rüge von Rechtsanwendungsfehlern der Vorinstanz genügt dafür nicht.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Beschluss vom 14.4.2003, VII B 267/02

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