Leitsatz

1. Eine GbR ist für die Einkommensteuer insoweit Steuerrechtssubjekt, als sie in der gesamthänderischen Verbundenheit ihrer Gesellschafter Merkmale eines Besteuerungstatbestands verwirklicht, welche den Gesellschaftern für deren Besteuerung zuzurechnen sind.

2. Entsteht einem Gesellschafter einer vermögensverwaltend tätigen GbR Aufwand für den Erwerb seiner Gesellschafterstellung, sind diese Anschaffungskosten in einer separaten Ergänzungsrechnung zur Überschussrechnung der Gesellschaft zu erfassen und auf die Wirtschaftsgüter des Gesamthandsvermögens zu verteilen. Die steuerrechtliche Bewertung der in einer solchen Ergänzungsrechnung ausgewiesenen Rechnungsposten ist grundsätzlich nicht von der Handhabung in der Gesamthandsbilanz abhängig.

3. Übernimmt der Erwerber mit einem Gesellschaftsanteil an einer vermögensverwaltenden Personengesellschaft auch das negative Kapitalkonto des Veräußerers, gehört der Betrag des Kapitalkontos nur insoweit zu den Anschaffungskosten des Erwerbers, als dieser durch die Übernahme tatsächlich wirtschaftlich belastet wird. Die bloße Übernahme einer in diesem Zusammenhang bestehenden unbeschränkten Haftung genügt hierfür nicht.

4. Ist für die Anschaffung (von Bruchteilen) eines zum Gesamthandsvermögen zählenden Grundstücks mit aufstehendem Gebäude ein Gesamtkaufpreis gezahlt worden, ist der Kaufpreis zur Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die AfA in Boden- und Gebäudewert aufzuteilen und ggf. auf seine Angemessenheit zu überprüfen. Ein von den Vertragsbeteiligten vereinbarter und bezahlter Kaufpreis ist grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde zu legen, sofern er zum einen nicht nur zum Schein getroffen wurde sowie keinen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zum anderen das FG auf der Grundlage einer Gesamtwürdigung von den das Grundstück und das Gebäude betreffenden Einzelumständen nicht zu dem Ergebnis gelangt, dass die vertragliche Kaufpreishöhe oder ‐aufteilung die realen Wertverhältnisse in grundsätzlicher Weise verfehlt und wirtschaftlich nicht haltbar erscheint.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 20 Abs. 1 Nr. 9, § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7, § 4 Abs. 3 EStG, § 255 HGB, § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a AO, § 60 Abs. 3 FGO.

 

Sachverhalt

Die 1997 gegründete GbR erwarb ein denkmalgeschütztes Mietwohngrundstück in einer größeren ostdeutschen Stadt, sanierte es aufwändig und vermietete es. Nach dem Auslaufen der Fördergebiets-AfA und mehr als 10 Jahre nach der Anschaffung des Objekts veräußerten die Gesellschafter ihre Anteile (bis auf den RETT-Blocker-Anteil) an eine von ihnen gegründete Familienstiftung. Auf den Kaufpreis wurden vorab die von der Familienstiftung übernommenen Darlehen der GbR (Freistellungsverpflichtung zugunsten der anderen Gesellschafter) sowie die (anteilige) übernommenen negativen Kapitalkonten angerechnet. Die Differenz entrichtete die GbR in bar und nahm dafür Bankdarlehen in Anspruch. In ihrer Feststellungserklärung machte die GbR u.a. im Rahmen einer Ergänzungsrechnung für die neu eingetretene Familienstiftung ermittelte AfA sowie Schuldzinsen geltend, deren Anerkennung das FA nach einer Betriebsprüfung ablehnte. Die Familienstiftung habe für die Anteile zu viel entrichtet. Das Vermögen der Gesellschaft (Immobilie) sei weniger wert gewesen. Das FG (FG Düsseldorf, Urteil vom 1.3.2017, 7 K 2053/14 F, Haufe-Index 1159139) hat die Klage abgewiesen und ist dem von ihm bestellten Sachverständigengutachten gefolgt, welches die Wertermittlung des FA bestätigt hat.

 

Entscheidung

Der BFH hat die unterbliebenen Beiladungen nachgeholt, das vom FG eingeholte Sachverständigengutachten aus verschiedenen Gründen verworfen, das angefochtene Urteil aufgehoben und über die Klage selbst entschieden. Er hat der Klage stattgegeben und ist in der Bewertung des Kaufpreises dem Vortrag der Klägerin und dem Vereinbarten gefolgt. Auch die Übernahme der negativen Kapitalkonten habe die Anschaffungskosten der Familienstiftung erhöht, da sie die Fehlbeträge ausgeglichen habe. Die Anschaffungskosten der Familienstiftung waren – wie schon ursprünglich geltend gemacht – in einer Ergänzungsrechnung auf die Vermögensgegenstände der GbR zu verteilen. Danach ergab sich die geltend gemachte AfA; anzuerkennen waren auch die geltend gemachten Schuldzinsen. Der BFH hat damit das im Besprechungsfall realisierte Aufstockungsmodell in vollem Umfang bestätigt.

Gutachten angeraten

Um das Bewertungsrisiko zu minimieren, sollte aber in jedem Fall vor der Veräußerung ein überzeugendes Verkehrswertgutachten eingeholt werden.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall wirft ein Schlaglicht auf viele bisher nicht hinreichend geklärte Fragen im Zusammenhang mit einem Gesellschafterwechsel bei einer vermögensverwaltenden (vermietenden) GbR. Da der BFH, anders als das FG, der Klage stattgegeben hat, enthält das Urteil hierzu viele grundlegende Ausführungen. Drei Problemkreise sind hier hervorzuheben:

1. Beiladung: An der klagenden GbR waren ursprünglich die Gesellschafter M, A und P zu jewe...

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