FinMin Schleswig-Holstein, 23.3.2011, VI 303 - S 2225 - 033

Auswirkungen des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 17.12.2007 (GrS 2/04; BStBl 2008 II S. 608) auf den Verlustausgleich; Übertragbarkeit des Beschlusses auf andere Verlustverrechnungskreise

Mit dem Beschluss vom 17.12.2007 hat der Große Senat des BFH (GrS) entschieden, dass der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug gemäß § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen kann. Der Verlustabzug umfasst nach den Formulierungen des § 10d Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 EStG den Verlustrücktrag und Verlustvortrag. Das mit der Veröffentlichung des Beschlusses im Bundessteuerblatt einhergehende BMF-Schreiben vom 24.7.2008 (BStBl 2008 I S. 809 ; ESt-Kartei, Karte 3 zu § 10d EStG) übernimmt die begriffliche Festlegung des GrS und äußert sich hinsichtlich der Anwendung des Beschlusses nur zum Verlustabzug nach § 10d EStG. Ausführungen zum Verlustausgleich, insbesondere zur Frage der Übertragbarkeit der Rechtsgrundsätze der Entscheidung auf den Verlustausgleich bei Ehegatten und auf andere Verlustverrechnungskreise, enthält das BMF-Schreiben nicht.

In derartigen Fällen ist daher wie folgt zu verfahren:

Im Todeszeitpunkt noch nicht ausgeglichene Verluste des Erblassers können im Todesjahr grundsätzlich nur mit positiven Einkünften des Erblassers ausgeglichen werden. Darüber hinausgehende nicht ausgeglichene Verluste können grundsätzlich nicht im Rahmen des Verlustausgleiches bei der Veranlagung der Erben Berücksichtigung finden.

Verlustausgleich und Verlustabzug bei Ehegatten

Etwas anderes gilt jedoch bei der Veranlagung von Ehegatten. Hier können im Todesjahr, soweit der überlebende Ehegatte Erbe ist und die Ehegatten nach §§ 26, 26b EStG zusammen veranlagt werden, die Verluste des verstorbenen Ehegatten mit positiven Einkünften des überlebenden Ehegatten ausgeglichen werden.

Werden die Ehegatten für das Todesjahr zusammen veranlagt und erfolgt für das Vorjahr ebenfalls eine Zusammenveranlagung, ist ein Rücktrag des nicht ausgeglichenen Verlustes des Erblassers in das Vorjahr möglich.

Werden die Ehegatten für das Todesjahr zusammen veranlagt und erfolgt für das Vorjahr eine getrennte Veranlagung, ist ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlustes des Erblassers nur bei der getrennten Veranlagung des Erblassers zu berücksichtigen (§ 62d Abs. 1 EStDV).

Im Fall der getrennten Veranlagung im Todesjahr und einer Zusammenveranlagung im Vorjahr ist der Verlust aus dem Todesjahr des Erblassers nach § 10d Abs. 1 EStG i.V.m. § 62d Abs. 2 EStDV zurück zu tragen.

Bei getrennter Veranlagung in beiden Jahren kommt ein Rücktrag des noch nicht ausgeglichenen Verlustes des Erblassers nur in dessen Veranlagung des Vorjahres in Betracht.

Anwendung des Beschlusses des Großen Senats auf besondere Verlustverrechnungskreise

Negative ausländische Einkünfte gem. § 2a Abs. 1 EStG

Die Rechtsprechungsgrundsätze des Großen Senats zur Nichtvererblichkeit von Verlusten sind auch auf die Regelungen des § 2a Abs. 1 EStG anzuwenden, da diese wie § 10d EStG an das Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit anknüpfen und insoweit vergleichbar sind. Eine Differenzierung der einzelnen in § 2a Abs. 1 EStG genannten Tatbestände kommt nicht in Betracht.

Hinzurechnung zuvor abgezogener ausländischer Betriebstättenverluste nach § 2 AuslInvG bzw. § 2a Abs. 3 EStG a. F.

Beim Erben ist gem. § 2a Abs. 3 EStG a. F. eine Hinzurechnung der vom Erblasser erzielten Verluste vorzunehmen (Nachversteuerungsregelung). Auch bei erzielten Verlusten nach § 2 AuslInvG – der Vorgängervorschrift des § 2a Abs. 3 EStG a.F. – ist eine Hinzurechnung der vom Erblasser erzielten Verluste beim Erben durchzuführen (s. auch Beschluss des BFH vom 25.8.2010, I R 13/09, BStBl 2011 II S. 113).

Verluste aus bestimmten Einkunftsarten und Quellen, § 15 Abs. 4, §§ 15a und 15b EStG

In den Fällen, in denen ein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil nach § 6 Abs. 3 EStG auf den Erben übergeht, geht auch der nach § 15 Abs. 4 Satz 1 und 2 EStG (Verluste aus gewerblicher Tierzucht) festgestellte Verlust über. In Fällen, in denen der Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil durch den Erblasser aufgegeben oder veräußert wurde, und in den Fällen des § 15 Abs. 4 Satz 3 bis 5 EStG (Verluste aus Termingeschäften) findet die Rechtsprechung des Großen Senats jedoch Anwendung, da kein Betrieb, Teilbetrieb oder Mitunternehmeranteil mehr vorhanden ist, mit dem der Verlust untrennbar verknüpft werden kann.

Im Rahmen der §§ 15a und 15b EStG gilt die Entscheidung des Großen Senats – durch die Einkunfts- bzw. Quellenbezogenheit der Verluste – nicht.

Verluste aus Kapitalvermögen gem. § 20 Abs. 6 EStG (ab Veranlagungszeitraum 2009)

Der Beschluss ist mit der Folge der Nichtübertragbarkeit der Verluste auf den Erben entsprechend anzuwenden.

Private Veräußerungsgeschäfte gem. § 22 Nr. 2i. V. m. § 23 Abs. 3 Satz 7 bis 10 EStG

Die Rechtsprechungsgrundsätze sind auch auf Verluste, die nach § ...

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