1 Systematische Einordnung

Nach Art. 9 Abs. 1 OECD-MA kann jeder Staat den Gewinn einer Konzerngesellschaft, also eines verbundenen Unternehmens, besteuern, den diese erzielt hätte, wenn sie ein selbstständiges Unternehmen wäre. Hierfür wird mit dem Fremdvergleichsgrundsatz ein Aufteilungsmaßstab definiert. Eine solche Vorgehensweise setzt voraus, dass bestimmt wird, unter welchen Voraussetzungen eine Beeinträchtigung der konzerninternen Entgeltverrechnung als möglich angesehen wird. Zu diesem Zweck definiert Art. 9 Abs. 1 OECD den Begriff des verbundenen Unternehmens. Der deutsche Gesetzgeber folgt dieser Definition nicht. Er hat mit dem Begriff "nahestehende Person" in § 1 Abs. 2 AStG ein eigenes Begriffsverständnis entwickelt.

2 Inhalt

2.1 Überblick

Das OECD-MA enthält 2 alternative Anknüpfungspunkte für das Vorliegen von verbundenen Unternehmen. Diese sind

  • gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. a OECD-MA die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens im anderen Vertragsstaat durch ein Unternehmen (1. Alternative) oder
  • gem. Art. 9 Abs. 1 Buchst. b OECD-MA die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung derselben Person an der Geschäftsleitung, der Kontrolle oder dem Kapital eines Unternehmens eines Vertragsstaats und eines Unternehmens eines anderen Vertragsstaats (2. Alternative).

Den Hauptanwendungsfall der ersten Alternative bilden Mutter-Tochter-Beziehungen, den der zweiten Alternative Schwestergesellschaften.

2.2 Unternehmensbegriff

Das Abkommen stellt auf den Unternehmensbegriff ab. Hierbei werden keine Einschränkungen hinsichtlich der Rechtsform gemacht, in der die unternehmerische Tätigkeit ausgeübt wird. Allerdings scheidet eine Anwendung des Art. 9 OECD-MA aus, wenn eine der Vertragsparteien kein Unternehmer ist oder das Geschäft nicht im Rahmen eines Unternehmens durchgeführt wird.

2.3 Beteiligungen

Das OECD-MA nennt keine Grenzen für die Höhe für das Vorliegen einer Beteiligung. Damit sind weder Mindestbeteiligungs- noch Höchstbeteiligungsquoten erforderlich. Insbesondere ist es für die Anwendung des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA irrelevant, ob eine Schachtelbeteiligung vorliegt. Außerdem folgt m. E. aus der wirtschaftlichen Betrachtungsweise, dass eine zusammenfassende Würdigung vorzunehmen ist. Entscheidend ist, ob die tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme besteht. Hieraus ergibt sich, dass eine Zurechnung der Einflussmöglichkeit nach tatsächlichen Gegebenheiten zu erfolgen hat. Folglich ist bei den unterschiedlich möglichen Beteiligungsformen darauf abzustellen, inwieweit eine solche Einflussnahme erfolgen kann. Dieses Kriterium trägt auch dem Umstand Rechnung, dass bei der Verrechnungspreisbestimmung eine durch das Gesellschaftsverhältnis bedingte Beeinflussung der Preise eliminiert werden soll.

Das OECD-MA stellt mittelbare und unmittelbare Beteiligungen einander gleich. Daraus wird der Wille der Verfasser des OECD-MA erkennbar, eine möglichst weite Auslegung vorzunehmen. Folglich ist jede Mittelbarkeit ausreichend, die dem Stpfl. eine entsprechende Einwirkung ermöglicht. Dies gilt insbesondere für eine gesamthänderisch gehaltene Beteiligung. Hieraus folgt, dass trotz der im Abkommen verwendeten Formulierung "unmittelbare oder mittelbare" ggf. auch eine Zusammenfassung von unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen zu erfolgen hat, folglich in diesen Fällen das "oder" als "und" zu interpretieren ist. Bei mittelbaren Beteiligungen ist auf jeder Ebene das Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 9 Abs. 1 OECD-MA gesondert zu prüfen.

2.4 Geschäftsleitung, Kontrolle, Kapital

Die Definition der Kriterien für eine Verbundbeziehung im OECD-MA ist vage.[1] Die Begriffe "Geschäftsleitung", "Kontrolle", "Kapital", "gesellschaftsrechtliche Verflechtung" und "Einflussnahme" werden ebenso wenig definiert wie die Möglichkeiten der unmittelbaren und mittelbaren Beteiligung. Die OECD vertrat in ihren Verrechnungspreis-Richtlinien die Auffassung, dass eine solche Definition nicht notwendig sei, weil es hierüber eine breite Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten gebe.[2] Hingegen ist i. d. F. v. 22.7.2011 unter Ziff. 11 keine Begründung aufgeführt, und es wird nicht mehr von einer breiten Übereinstimmung zwischen den Mitgliedstaaten gesprochen.

Das OECD-MA nennt als alternative Kriterien für das Vorliegen der Verbundenheit die Geschäftsleitung, die Kontrolle und das Kapital. Diese Tatbestandsmerkmale sind sehr weit gefasst. Allerdings ergibt sich aus dem Rechtscharakter des Art. 9 OECD-MA, dass eine Verrechnungspreisberichtigung ausschließlich nach einer nationalen Rechtsgrundlage erfolgen kann. Nach deutschem Recht wird regelmäßig an eine Kapitalbeteiligung angeknüpft. Ferner wird die Beteiligung an der Geschäftsleitung als Bedingung genannt, woraus sich ergibt, dass keine Alleingeschäftsführung oder dgl. erforderlich ist. Ein Mindestumfang für die Beteiligung ergibt sich nur aus folgender Überlegung: Da ein Veranlassungszusammenhang bestehen muss, setzt dies ein Mindestmaß an Einflussnahme voraus. Ein solcher Einfluss muss durch das Gesellschaftsverhältnis begründet sein. Hingegen...

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