Leitsatz

1. Der verbilligte Erwerb von Aktien vom Arbeitgeber (oder einem Dritten) kann zu Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG führen, wenn der Vorteil dem Arbeitnehmer "für" seine Arbeitsleistung gewährt wird.

2. Ein lohnsteuerbarer Vorteil liegt jedoch nur insoweit vor, als der Arbeitgeber die Aktien tatsächlich verbilligt an den Arbeitnehmer veräußert, mithin der Wert der Aktien den vereinbarten Kaufpreis übersteigt.

3. Ob der Arbeitnehmer das Wirtschaftsgut verbilligt erwirbt oder sich Leistung und Gegenleistung entsprechen, ist grundsätzlich anhand der Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide Seiten verbindlichen Veräußerungsgeschäfts zu bestimmen.

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1 und Abs. 2 EStG, § 11 BewG, § 84 Abs. 1 AktG

 

Sachverhalt

K war 1997 im Vorstand der A AG tätig. Ks Ehefrau erwarb vom Hauptaktionär und Vorstandsvorsitzenden der A AG aus dessen Privatvermögen Aktien der A AG. Mit Eingang des Kaufpreises wurden die Aktien übertragen und blieben bis Ablauf einer Sperrfrist im Treuhanddepot eines Notars. Die Aktie wurde seit August 1997 an der Börse gehandelt. Das FA nahm einen im September 1997 erfolgten Aktienerwerb an und setzte einen von K als Arbeitslohn zu versteuernden Vorteil an. K wandte ein, die Aktien seien schon im August 1997 veräußert und damals noch nicht an der Börse gehandelt worden. Der tatsächliche Aktienwert habe auch nicht über dem Nennwert gelegen, sodass kein verbilligter Aktienerwerb durch seine Ehefrau vorliege. Das FG wies die Klage ab (FG Köln, Urteil vom 29.2.2012, 14 K 3408/08, Haufe-Index 3642433, EFG 2013, 683).

 

Entscheidung

Wie in den Praxis-Hinweisen erläutert, ist noch einiges aufzuklären. Deshalb hob der BFH die Vorentscheidung auf und wies die Sache an das FG zurück.

 

Hinweis

1. Lohnsteuerliche Vorteile setzen voraus, dass sie "für" eine Beschäftigung gewährt werden. Dies gilt zwar auch bei einer Zuwendung eines Dritten, denn auch Drittlohn ist Entgelt "für" eine Leistung. Gerade da ist aber der Rechtsgrund der Zuwendung zu prüfen. Denn Arbeitslohn liegt nicht vor, wenn die Zuwendung zwischen dem Arbeitnehmer und dem Dritten auf anderen Rechtsbeziehungen gründet. Im Fall hier waren sogar nicht nur drei, sondern vier Personen beteiligt: der Arbeitnehmer K, sein Arbeitgeber, der Hauptaktionär sowie Ks Ehefrau. Nicht der Arbeitgeber, sondern der Dritte (Hauptaktionär) hatte einen vermeintlichen Vorteil (verbilligte Aktien) zugewandt; aber nicht dem Arbeitnehmer, sondern dessen Ehefrau (die Vierte). Aber auch solche Zahlungen "an" Dritte können Lohn sein (z.B. Lohnverwendungsabreden, Abtretungen, Zessionen); auch Zuwendungen an Angehörige bei Betriebsveranstaltungen gehören dazu (Urteil vom 16.5.2013, VI R 7/11, BFH/NV 2013, 1848, BFH/PR 2013, 448). Ob die Zuwendung ihren Rechtsgrund in dem Dienstverhältnis hatte, entscheidet primär der Tatrichter im Rahmen der Würdigung aller wesentlichen tatsächlichen Umstände.

2. Daran fehlte es hier. So war schon nicht hinreichend geklärt, ob die Aktien tatsächlich verbilligt veräußert worden waren, also ihr Wert den vereinbarten Kaufpreis überstieg. Denn entsprechen sich Leistung und Gegenleistung, liegt kein Vorteil vor. Entscheidend sind die Wertverhältnisse bei Abschluss des für beide verbindlichen Veräußerungsgeschäfts. Wertschwankungen zum späteren Zeitpunkt des Zuflusses (Erfüllungsgeschäft) sind unbeachtlich, da diese in der nicht einkommensteuerbaren Vermögenssphäre stattfinden. Auch die Frage, ob der vorteilhafte Erwerb durch die Ehefrau Prämie/Belohnung für K sein sollte oder auf ganz anderen Rechtsgründen beruhte, war nicht hinreichend geklärt. Weder der Kaufvertrag selbst noch der Umstand, dass die Aktien vom Hauptaktionär stammten, schließen andere Rechtsgründe aus. Deshalb sind hier weiter die Begleitumstände des Aktienerwerbs aufzuklären, zumal Aktien auch noch an andere Personen veräußert worden waren. Sollte sich tatsächlich erweisen, dass die Zuwendung im Arbeitsverhältnis gründet, ist der Vorteil nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG (der um übliche Preisnachlässe geminderte übliche Endpreis) zu bestimmen. Fehlen Börsenkurse, ist nach § 11 Abs. 2 BewG der gemeine Wert von Aktien unter Berücksichtigung des Vermögens und der Ertragsaussichten der Gesellschaft zu schätzen (dazu BFH, Urteil vom 29.7.2010, VI R 30/07, BFH/NV 2010, 2333, BFH/PR 2011, 12).

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 7.5.2014 – VI R 73/12

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