Leitsatz

Der Antrag auf Vorsteuervergütung eines im Drittland ansässigen Unternehmers erfordert anders als der eines im Unionsgebiet ansässigen Unternehmens dessen eigenhändige Unterschrift (Abgrenzung zum EuGH-Urteil C-433/08, Yaesu Europe BV, Slg. 2009, I 11487).

 

Normenkette

§ 18 Abs. 9 UStG 2005, Art. 6 8 EG Richtlinie 79/1072/EWG, Art. 2, Art. 3, Art. 4 13 EG-Richtlinie 86/560/EWG, § 79, § 89, § 110, § 150 Abs. 3 AO, Art. 3, Art. 19 Abs. 3 GG, Art. 1 Abs. 1 GATT 1994, Art. 2 Abs. 2 GATS

 

Sachverhalt

Die Klägerin beantragte als in der Schweiz ansässiges Unternehmen am 31.1.2007 eine Vorsteuervergütung. Der Antrag enthielt die Unterschrift "H.B.". In einem Begleitschreiben gab die Klägerin an, dass sie das Original des Antrags am 20.4.2006 beim BZSt eingereicht habe. Nachdem das BZSt der Klägerin am 23.4.2007 mitgeteilt hatte, dass kein Antrag vom 20.4.2006 vorliege und auf die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hingewiesen hatte, reichte die Klägerin mit einem am 3.5.2007 beim BZSt eingegangenen Schreiben vom 30.4.2007 eine weitere Kopie des Antragsformulars vom 20.4.2006 sowie Rechnungskopien ein. Zum Antrag vom 20.4.2006 trug die Klägerin vor, dass dieser mit normaler Post versandt worden und ein Postabsendevermerk nicht erstellt worden sei.

Mit Bescheid vom 17.10.2007 lehnte das BZSt die beantragte Vergütung ab und verwies zur Begründung darauf, dass der Vergütungsantrag erst nach Ablauf der Antragsfrist eingegangen sei und die Voraussetzungen für eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht vorlägen. Außerdem sei der Antrag nicht eigenhändig vom Unternehmer, sondern von der Prokuristin des Unternehmens (H.B.) unterschrieben worden. Hiergegen legte die Klägerin am 6.11.2007 Einspruch ein. Mit dem am 20.3.2008 beim BZSt eingegangenen Schreiben vom 18.3.2008 reichte die Klägerin weitere Unterlagen ein und beantragte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Dem Schreiben war nunmehr ein vom gesetzlichen Vertreter der Klägerin (Verwaltungsrat T.M.) eigenhändig unterschriebener Vergütungsantrag beigefügt.

Das BZSt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21.5.2008 als unbegründet zurück, weil der Vergütungsantrag verspätet eingegangen sei. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand könne nicht gewährt werden, denn die versäumte Handlung ("eigenständig vom gesetzlichen Vertreter unterschriebener Antrag") sei erst am 18.3.2008 und damit nach Ablauf der Monatsfrist des § 110 der Abgabenordnung (AO) beim BZSt eingegangen. Auch die Klage zum FG hatte keinen Erfolg (FG Köln, Urteil vom 9.11.2010, 2 K 2047/08, Haufe-Index 2604248, EFG 2011, 841).

 

Entscheidung

Auch die Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Der BFH sah das Erfordernis einer eigenhändigen Unterschrift in Bezug auf Unternehmer aus Drittstaaten nicht als unionsrechtswidrig an. Zudem sei die Differenzierung zwischen Unternehmern aus dem übrigen Gemeinschaftsgebiet und aus Drittstaaten nicht diskriminierend. Auch die von der Klägerin gestellten Wiedereinsetzungsanträge blieben erfolglos, da sie nicht vom gesetzlichen Vertreter der Klägerin oder einem besonders Beauftragten, sondern nur von einem Prokuristen unterschrieben waren.

 

Hinweis

1. Der Antrag auf Vergütung von Vorsteuerbeträgen ist nach § 18 Abs. 9 Satz 3 UStG binnen sechs Monaten nach Ablauf des Kalenderjahres zu stellen, in dem der Vergütungsanspruch entstanden ist. Bei dieser Frist handelt es sich um eine nicht verlängerbare Ausschlussfrist. Unionsrechtlich besteht für diese Vorschrift eine doppelte Grundlage. Für die Vorsteuervergütung an im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässige Unternehmer ist es die 8. EG-Richtlinie, für die Vorsteuervergütung an nicht in Drittstaaten ansässige Unternehmer ist es die 13.EG-Richtlinie.

2. Der EuGH hat in seinem Urteil C-433/08, Yaesu Europe BV, Slg. 2009, I 11487 entschieden, dass das Erfordernis einer "eigenhändigen Unterschrift" nach § 18 Abs. 9 Satz 5 UStG gegen Art. 6 i.V.m. Anhang A der 8. EG-Richtlinie verstoße. Die Unterschrift eines Bevollmächtigten sei ausreichend, weil der Begriff der Unterschrift in der 8. EG-Richtlinie nicht definiert und daher gemeinschaftsrechtlich einheitlich auszulegen sei. Da in der 8. EG-Richtlinie lediglich eine nicht näher spezifizierte "Unterschrift" gefordert werde, die Mitgliedstaaten aber keine über die Richtlinie hinausgehenden Erfordernisse aufstellen dürften, seien sie nicht berechtigt, eine "eigenhändige" Unterschrift des Unternehmers zu fordern.

3. Fraglich war, ob damit auch das Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei der Vorsteuervergütung an in Drittstaaten ansässige Unternehmer nach der 13. EG-Richtlinie unionsrechtswidrig ist.

a) Gegen eine derartige Unionsrechtwidrigkeit spricht, dass die Mitgliedstaaten nach der 8. EG-Richtlinie den Steuerpflichtigen außer den in Art. 3 und 4 bezeichneten Pflichten keine anderen Pflichten auferlegen dürfen. Anders ist es nach der 13. EG-Richtlinie. Nach Art. 4 Abs. 2 der 13. EG-Richtlinie können die Mitgliedstaaten den Ausschluss bestimmter Ausg...

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