Leitsatz

Schwimmunterricht kann als von Privatlehrern erteilter Schulunterricht steuerfrei sein.

 

Normenkette

§ 4 Nr. 21 UStG, , Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL, , Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j 6.EG-RL

 

Sachverhalt

Der Kläger führte in den Streitjahren 2005 bis 2007 im Rahmen seiner "Schwimmschule" Kurse zum Baby- und Kleinkindschwimmen sowie für Aqua-Jogging und Aqua-Fitness durch. Das Finanzamt sah hierin steuerpflichtige Leistungen und gewährte die Steuerfreiheit nur für andere Kurse des Klägers. Das Finanzgericht (FG Münster, Urteil vom 13.12.2011, 15 K 1041/08 U, Haufe-Index 2905727, EFG 2012, 985) bestätigte die Auffassung des Finanzamts.

 

Entscheidung

Auf die Revision des Klägers hob der BFH das Urteil der Vorinstanz auf, da die Kurse für das Kleinkindschwimmen nach dem Unionsrecht steuerfrei sein können. Hierzu sind im zweiten Rechtsgang weitere Feststellungen zu treffen.

 

Hinweis

1. Das nationale Recht enthält nur eingeschränkte Steuerbefreiungen für Unterrichtsleistungen.

a) Handelt es sich bei dem Unternehmer nicht um eine staatlich genehmigte oder landesrechtlich erlaubte Schule, sind die unmittelbar dem Schul- und Bildungszweck dienenden Leistungen nach § 4 Nr. 21 Buchst. a UStG nur steuerfrei, wenn die zuständige Landesbehörde bescheinigt, dass diese Leistungen auf einen Beruf oder eine vor einer juristischen Person des öffentlichen Rechts abzulegende Prüfung ordnungsgemäß vorbereiten.
b) Nach § 4 Nr. 22 Buchst. a UStG sind Vorträge, Kurse und anderen Veranstaltungen wissenschaftlicher oder belehrender Art nur steuerfrei, wenn sie von bestimmten Unternehmern wie juristischen Personen des öffentlichen Rechts, von Verwaltungs- und Wirtschaftsakademien, von Volkshochschulen oder von Einrichtungen, die gemeinnützigen Zwecken oder dem Zweck eines Berufsverbandes dienen, durchgeführt werden.

2. Die Steuerbefreiungen des Unionsrechts gehen weiter.

a) Steuerfrei ist nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. j MwStSystRL (zuvor Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. j der 6.EG-RL) der von Privatlehrern erteilte Schul- und Hochschulunterricht.
b) Hierfür kommt es auf Unterrichtseinheiten an, die sich auf Schul- und Hochschulunterricht beziehen. Dies erfasst nicht nur Unterricht, der zu einer Abschlussprüfung zur Erlangung einer Qualifikation führt oder eine Ausbildung im Hinblick auf die Ausübung einer Berufstätigkeit vermittelt, sondern schließt andere Tätigkeiten ein, bei denen die Unterweisung in Schulen und Hochschulen erteilt wird, um die Kenntnisse und Fähigkeiten von Schülern oder Studenten zu entwickeln, sofern diese Tätigkeiten nicht den Charakter bloßer Freizeitgestaltung haben.
c) Danach können Schwimmkurse als Schulunterricht eines Privatlehrers steuerfrei sein. Dies gilt auch für das Kleinkindschwimmen, da an der Erlernung der Fähigkeit, schwimmen zu können, zum einen ein hohes Gemeinwohlinteresse besteht und zum anderen die Erlangung dieser Fähigkeit auch in öffentlichen Schulen unterrichtet wird. Anders ist es bei Kursen wie Babyschwimmen, Aqua-Jogging und Aqua-Fitness, bei denen der Charakter bloßer Freizeitgestaltung nicht zu vernachlässigen ist.

3. Die Erteilung von Schwimmunterricht ist kein unmittelbar mit dem Betrieb eines Schwimmbads verbundener Umsatz i.S.v. § 12 Abs. 2 Nr. 9 Satz 1 UStG.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 5.6.2014 – V R 19/13

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