BMF, 28.9.2016, III C 3 - S 7170/11/10004

 

I. Grundsätze des BFH-Urteils vom 24.9.2014, V R 19/11

Mit Urteil vom 24.9.2014, V R 19/11, hat der BFH entschieden, dass die Verabreichung von Zytostatika im Rahmen einer ambulant in einem Krankenhaus durchgeführten ärztlichen Heilbehandlung, die dort individuell für den einzelnen Patienten in einer Apotheke dieses Krankenhauses hergestellt werden, als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG in der in den Streitjahren 2005 und 2006 geltenden Fassung steuerfrei ist.

Der Rechtsprechung des EuGH folgend handelt es sich bei den mit der Krankenhausbehandlung und der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsätzen im Sinne von Artikel 132 Abs. 1 Buchstabe b MwStSystRL um eigenständige Leistungen, die an den Empfänger einer erbrachten Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung erfolgen. Wesentlich ist hierbei jedoch, dass es sich um Leistungen handelt, die im Rahmen von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen erbracht werden und die zur Erreichung der verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich sind.

Nach den Urteilsgrundsätzen des BFH und der Rechtsprechung des EuGH stellt die Verabreichung von für den Patienten individuell hergestellten Arzneimitteln zur Durchführung einer ambulanten Heilbehandlung im Krankenhaus einen eng mit der Krankenhaus- oder Heilbehandlung verbundenen Umsatz dar, weil sich der eng verbundene Umsatz (maßgeblich) danach definiert, dass er zur Erreichung der damit verfolgten therapeutischen Ziele unentbehrlich ist.

Für das Vorliegen eines eng verbundenen Umsatzes bestehen darüber hinausgehend keine zeitlichen Erfordernisse. Der enge Zusammenhang zur Krankenhausbehandlung und zur ärztlichen Heilbehandlung setzt aber voraus, dass eine Krankenhausbehandlung und ärztliche Heilbehandlung zumindest begonnen hat oder geplant ist (vgl. EuGH-Urteile vom 1.12.2005, C-394/04, Ygeia, und vom 10.6.2010, C-262/08, Copy Gene).

Der Steuerfreiheit steht nicht entgegen, dass in der Krankenhausapotheke für einzelne Patienten individuell hergestellte Arzneimittel nicht nur zur ambulanten Krankenhausbehandlung durch das Krankenhaus selbst im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung gemäß § 116a SGB V, sowie zu ambulanten Behandlungen gemäß § 116b SGB V verwendet werden, sondern auch der ambulanten Krankenhausbehandlung durch gemäß § 116 SGB V zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ermächtigte Krankenhausärzte dienen. Denn für den mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundenen Umsatz kommt es nach der o.g. EuGH-Rechtsprechung nicht auf die Identität des Leistenden, sondern auf die Identität des Patienten an. Es muss sich folglich um eigenständige Leistungen handeln, die an den Empfänger einer Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung erbracht werden.

Unter Bezugnahme auf das Ergebnis der Erörterungen mit den obersten Finanzbehörden der Länder gilt Folgendes:

 

II. Sachlicher Anwendungsbereich

Der Entscheidung des BFH im Urteil vom 24.9.2014, V R 19/11, folgend, ist die Abgabe von individuell für den Patienten hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke für eine in diesem Krankenhaus erbrachte ärztliche Heilbehandlung als ein mit der ärztlichen Heilbehandlung eng verbundener Umsatz gemäß § 4 Nr. 14 Buchstabe b UStG (bis zum 31.12.2008: § 4 Nr. 16 Buchstabe b UStG) umsatzsteuerfrei. Für andere hiervon abzugrenzende Medikamentenlieferungen einer Krankenhausapotheke, z.B. an Ärzte oder an andere Krankenhäuser, gelten die Grundsätze des Abschnitts 4.14.6 Abs. 3 Nr. 3 UStAE unverändert fort.

Die Grundsätze des Urteils finden sowohl auf Zubereitungen Anwendung, die im Rahmen einer Krebstherapie verwendet werden, als auch auf andere Arzneimittel, die wie Zytostatika-Zubereitungen individuell für den Patienten hergestellt werden. Hiervon abzugrenzen und folglich umsatzsteuerpflichtig ist die Abgabe von nicht patientenindividuellen Zubereitungen und Fertigarzneimitteln, auch wenn diese als Begleitmedikamente verabreicht werden sowie die Abgabe von nicht in der Krankenhausapotheke selbst hergestellten patientenindividuellen Zubereitungen.

Für die Annahme eines mit einer Krankenhaus- oder Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes ist es unbeachtlich, aufgrund welcher sozialrechtlichen Ermächtigungsform die ambulante Behandlung im Krankenhaus erfolgt.

Entscheidend für die Annahme eines mit der Krankenhausbehandlung oder ärztlichen Heilbehandlung eng verbundenen Umsatzes ist hingegen, dass die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke des Krankenhauses erfolgt, in dem der Patient behandelt wird. Eine Behandlung im selben Gebäude ist nicht erforderlich. Für die Steuerbefreiung ist die Abgabe von patientenindividuell hergestellten Arzneimitteln durch die Krankenhausapotheke eines Krankenhauses zur Behandlung eines Patienten in einem Krankenhaus desselben Unternehmers an einem anderen Standort unschädlich.

 

III. Folgen d...

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