Sachverhalt

Bei dem Vorabentscheidungsersuchen des FG Hamburg ging es um die Klärung einer Reihe unionsrechtlicher Fragen, die die Umsatzbesteuerung von Spielgerätebetreibern betrafen.

Die Besteuerung von Spielgeräten ist seit Jahren Gegenstand einer Vielzahl gerichtlicher Verfahren. Wiederholt ging es um die Rechtmäßigkeit von Spielgeräte- und ähnlichen Steuern, die von Städten und Gemeinden als kommunale Steuern in eigener Kompetenz von Spielhallenbetreibern erhoben werden - auch im Verhältnis zu den Spielbankabgaben, die von den Bundesländern geregelt und ausschließlich von staatlich konzessionierten Spiel-banken erhoben werden. Für die bundeseinheitlich und seit Mai 2006 auch für die Umsätze mit Geldspielautomaten erhobene Umsatzsteuer legte das FG Hamburg dem EuGH einen ganzen Katalog von Fragen zur Auslegung des Unionsrechts vor.

Die Klägerin betrieb im Streitjahr 2010 in Spielhallen "Geldspielgeräte mit Gewinnmöglichkeit" und wurde zu einer kommunalen Aufwandsteuer herangezogen. An jedem "Geldspielgerät mit Gewinnmöglichkeit" las die Klägerin monatlich die Kasseneinnahmen aus der Kontrolleinrichtung aus (Kasseneinnahmen = Saldo des Kasseninhalts von Monatsanfang und Monatsende = Geldeinwurf minus Geldauswurf plus Entnahmen minus Geräteauffüllungen). Die Jahressumme aller monatlichen Kasseneinnahmen aller ihrer Geldspielgeräte ("Bruttokasse"), abzüglich darin enthaltener MwSt in Höhe des deutschen Normalsatzes von 19 %, erklärte die Klägerin als Bemessungsgrundlage in ihrer Umsatzsteuerjahreserklärung 2010. Das Finanzamt setzte auf diese Bemessungsgrundlage USt in Höhe von 19 % fest. Die Umsätze aus den Geldspielgeräten unterlagen unstreitig nicht der Steuerbefreiung nach § 4 Nr. 9 Buchst. b UStG. Die Klägerin hatte jedoch Klage gegen die Umsatzsteuerfestsetzung 2010 erhoben. Sie vertrat die Auffassung, die Umsatzbesteuerung der Geldspielgeräteumsätze verstoße gegen Unionsrecht, insbesondere gegen die Grundsätze der Proportionalität, der Abwälzbarkeit und der Neutralität der MwSt.

Das FG Hamburg hielt es für fraglich, ob die Erhebung der Umsatzsteuer für Spielgeräte oder jedenfalls die Art ihrer Berechnung mit der vorrangig zu beachtenden MwStSystRL im Einklang steht. Dabei hatte das FG zwei Grundsätze des Mehrwertsteuersystems im Blick: Nach dem Proportionalitätsgrundsatz der MwStSystRL ist die Steuer genau proportional zum Preis der jeweiligen Gegenstände und Dienstleistungen; nach dem Grundsatz der Abwälzbarkeit ist für die MwSt kennzeichnend, dass sie vom Unternehmer auf den Endverbraucher abgewälzt wird. Das FG fragte, ob es richtig ist, den monatlichen Kasseninhalt des Spielgeräts zur Bemessungsgrundlage zu nehmen, ohne zu berücksichtigen, wie viel der einzelne Spieler gewonnen oder verloren hat. Fraglich sei auch, welche Bedeutung den Regelungen in der deutschen Spielgeräteverordnung für die Frage der Abwälzbarkeit zukommt, die die Höhe des möglichen Verlustes eines Spielers begrenzen und dem Spielgerätebetreiber damit nicht erlauben, die Umsatzsteuer über einen höheren "Preis" an den Spieler weiterzureichen.

Das FG problematisierte auch den Umstand, dass in Deutschland zwar inzwischen aufgrund einer Entscheidung des EuGH die Umsätze der mit den Spielhallen im Wettbewerb stehenden Spielbanken mit Glücksspielautomaten umsatzsteuerpflichtig geworden sind, ihre Umsatzsteuerschuld aber betragsgenau auf die von ihnen zu zahlende Spielbankabgabe angerechnet wird. Mehr am Rande nahm der Beschluss des FG eine Äußerung des Generalanwalts beim EuGH in einem anderen Glücksspielverfahren zum Anlass, den EuGH zu fragen, ob es das Mehrwertsteuersystem überhaupt erlaubt, auf Glücksspiele Umsatzsteuer und Sonderabgaben, wie etwa eine Spielgerätesteuer, nebeneinander zu erheben.

Das Vorabentscheidungsersuchen betraf die Auslegung der Art. 1 Abs. 2 Satz 1, Art. 73, Art. 135 Abs. 1 Buchst. i und 401 MwStSystRL. Die Steuerbefreiung des Art. 135 Abs. 1 Buchst. i MwStSystRL ist im UStG in § 4 Nr. 9 Buchst. b umgesetzt (Danach sind steuerfrei: die Umsätze, die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallen; nicht befreit sind die unter das Rennwett- und Lotteriegesetz fallenden Umsätze, die von der Rennwett- und Lotteriesteuer befreit sind oder von denen diese Steuer allgemein nicht erhoben wird).

Die Zulassung von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit ist auf Grundlage einer Durchführungsermächtigung gemäß § 33 f der Gewerbeordnung in der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit (Spielverordnung - in der Fassung der Bekanntmachung v. 27.1.2006, BGBl. 2006 I S. 280) geregelt (vgl. dazu insbesondere §§ 12 und 13 Spielverordnung).

Die Verordnung über öffentliche Spielbanken (v. 27.7.1938 in der Textfassung v. 1.1.1964) enthält in § 6 Abs. 1 eine Regelung, wonach Spielbankbetreiber für den Betrieb einer Spielbank u.a. von den laufenden Steuern, die vom Umsatz erhoben werden, befreit sind. Diese lediglich in der Rechtsverordnung enthaltene Umsatzsteuerbefreiung ist jedoch aufgrund des Gesetzesvorrangs des ...

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