Leitsatz

Übernimmt der Arbeitgeber, der mit dem Arbeitnehmer unter Abtretung der Steuererstattungsansprüche eine Nettolohnvereinbarung abgeschlossen hat, die Steuerberatungskosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen des Arbeitnehmers, wendet er damit keinen Arbeitslohn zu (Aufgabe des BFH-Urteils vom 21.01.2010 – VI R 2/08, BFHE 228, 80, BStBl II 2010, 639).

 

Normenkette

§ 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, § 38 Abs. 1 Satz 2, Abs. 3 Satz 1, § 39b, § 40 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, § 41a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist ein Tochterunternehmen eines weltweit tätigen ausländischen Konzerns. Sie hat mit den nach Deutschland entsandten Arbeitnehmern des Konzerns Nettolohnvereinbarungen abgeschlossen. Im Rahmen dieser übernahm die Klägerin die Kosten für die Erstellung der Einkommensteuererklärungen der entsandten Arbeitnehmer durch eine vom Konzern beauftragte Steuerberatungsgesellschaft. Die Arbeitnehmer traten ihre Steuererstattungsansprüche an die Klägerin ab. Das FA war der Auffassung, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten zu steuerpflichtigem Arbeitslohn führte und setzte gegenüber dem Arbeitgeber pauschale Lohnsteuer fest. Der hiergegen erhobene Einspruch blieb erfolglos. Das FG gab der Klage hingegen statt. Die Übernahme der Steuerberatungskosten sei kein Arbeitslohn, da die Klägerin diese Kosten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse getragen habe (FG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21.12.2016, 1 K 1605/14, Haufe-Index 10894575, EFG 2017, 1205).

 

Entscheidung

Die Revision des FA hat der BFH aus den in den Praxis-Hinweisen genannten Gründen als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, sind nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Arbeitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitge­bers gewährt werden.

2. Das ist der Fall, wenn sich aus den Begleitumständen wie Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie oder nur gebundene Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann (ständige Rechtsprechung, z.B. BFH, Urteil vom 14.11.2013, VI R 36/12, BFH/NV 2014, 417 und BFH, Urteil vom 10.3.2016, VI R 58/14, BFH/NV 2016, 1099).

3. Ob sich eine unentgeltlich oder verbilligt überlassene Sachzuwendung als geldwerter Vorteil oder als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung des Arbeitgebers erweist, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab.

a) Ergibt die Würdigung aller Umstände, dass ­sich die Zuwendung nahezu ausschließlich als ­notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung darstellt und daher im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des ­Arbeitgebers gewährt wird, liegt insgesamt kein steuerpflichtiger Arbeitslohn vor. Dies gilt auch, wenn die Zuwendung für den Arbeitnehmer mit angenehmen Begleitumständen verbunden ist (BFH, Urteil vom 21.11.2018, VI R 10/17, BFH/NV 2019, 453 und BFH, Urteil vom 11.3.2010, VI R 7/08, BFH/NV 2010, 1332).

b) Liegt ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers nicht vor und ist die Zuwendung nach Würdigung aller Umstände des Einzelfalls durch das Dienstverhältnis und nicht durch ein Sonderrechtsverhältnis veranlasst, ist der geldwerte Vorteil hingegen regelmäßig in vollem Umfang Arbeitslohn (vgl. BFH, Urteil vom 25.4.2018, VI R 34/16, BFH/NV 2018, 1004 und BFH, Urteil vom 1.9.2016, VI R 67/14, BFH/NV 2017, 106, jeweils m .w. N.).

4. Nach diesen Maßstäben ist die Würdigung des FG, die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin stelle keinen Arbeitslohn der entsandten Arbeitnehmer dar, nicht zu beanstanden. Denn diese Gesamtwürdigung ist revisionsrechtlich nur begrenzt überprüfbar. Sie ist unter den im Streitfall vorliegenden Umständen nicht nur möglich, sondern naheliegend und lässt keinen Rechtsfehler erkennen.

a) Denn das FG hat zwar zutreffend darauf erkannt, dass die Übernahme der Steuerberatungskosten durch die Klägerin insofern im Interesse der entsendeten Arbeitnehmer lag, als sie nach dem EStGzur Abgabe von Einkommensteuererklärungen im Inland und/oder in ihren jeweiligen Heimatländern nach dem dort geltenden Steuerrecht verpflichtet waren.

b) Gleichwohl durfte es davon ausgehen, dass der Arbeitgeber die Steuerberatungskosten nicht zur Entlohnung der Arbeitnehmer, sondern in seinem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse übernommen hatte. Der Arbeitgeber war aufgrund der mit den Arbeitnehmern abgeschlossenen Nettolohnvereinbarungen verpflichtet, die Einkommensteuer der Arbeitnehmer wirtschaftlich zu tragen. Durch d...

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