Entscheidungsstichwort (Thema)

Erweiterung des Kassenstaatsprinzips gemäß Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien bei nichtselbstständigen Einkünften entsandter Fachkräfte in Entwicklungshilfeprogrammen nur bei ausschließlicher Finanzierung des Gehalts aus Mitteln der BRD oder ihrer Gebietskörperschaften

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Doppelbesteuerungsabkommen (DBA) haben das Ziel, bereits die virtuelle, d. h. die denkbare Doppelbesteuerung zu vermeiden. Eine Prüfung der Ausnutzung des ausländischen Besteuerungsrechts ist danach nicht zulässig.

2. Die Regelung des Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien beinhaltet unter bestimmten Voraussetzungen eine Erweiterung der Besteuerungszuordnung im Sinne des Kassenstaatsprinzips auf bestimmte Entwicklungshilfemaßnahmen der Bundesrepublik Deutschland (BRD) dahingehend, dass der BRD auch dann das Besteuerungsrecht zusteht, wenn sie die Vergütungen nicht selbst zahlt, sondern lediglich die Mittel dafür bereitstellt. Es ist insoweit nicht erforderlich, dass die öffentliche Kasse Vergütungsschuldner oder Dienstherr ist.

3. Die von einer entsandten Fachkraft aus ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit in Indonesien erzielten Einkünfte unterliegen nur dann gemäß Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien dem Besteuerungsrecht der BRD, wenn das Gehalt ausschließlich aus Mitteln der BRD oder deren Gebietskörperschaften finanziert wird.

4. Wird die entsandte Fachkraft im Rahmen ihrer nichtselbstständigen Tätigkeit in verschiedenen Entwicklungshilfeprojekten tätig, von denen einige ausschließlich aus Mitteln der BRD oder ihrer Gebietskörperschaften, andere hingegen auch aus Mitteln anderer Zuschussgeber bezahlt werden, kommt eine Aufteilung der Vergütung nicht in Betracht.

 

Normenkette

DBA Indonesien Art. 19 Abs. 3; EStG § 1 Abs. 1, §§ 32b, 50d

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 07.07.2015; Aktenzeichen I R 42/13)

 

Tenor

1. Der Einkommensteuerbescheid 2008 vom 24.03.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 25.08.2010 wird dahingehend geändert, dass von den im Zeitraum 28.01.2008 bis zum 31.12.2008 erzielten ausländischen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit weitere 44.183,00 EUR nicht dem deutschen Besteuerungsrecht unterworfen werden. Die Berechnung der Steuer wird dem Beklagten aufgegeben.

2. Die Kosten des Rechtsstreits, einschließlich der Kosten des erledigten Teils, trägt der Beklagte.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der erstattungsfähigen Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festzusetzenden Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vo r der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Die Zuziehung des Bevollmächtigten für das Vorverfahren wird für notwendig erklärt.

5. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um die Besteuerung der Einkünfte, die der Kläger im Jahr 2008 für eine Tätigkeit als entsandte Fachkraft im Büro der XYZ GmbH in Jakarta, Indonesien erzielt hat. Streitig ist zwischen den Beteiligten, unter welchen Voraussetzungen ein Entwicklungshilfeprogramm des Bundes im Sinne von Art. 19 Abs. 3 DBA Indonesien anzunehmen ist und ob die Gesamtvergütung des Klägers nach der Mittelherkunft- und -verwendung aufzuteilen ist.

Die XYZ GmbH war ein weltweit tätiges bundeseigenes Unternehmen der internationalen Zusammenarbeit für nachhaltige Entwicklung. Sie wurde 1975 als privatwirtschaftliches Unternehmen gegründet. Ihr Hauptauftraggeber war das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ). Darüber hinaus war sie tätig für andere Bundesressorts, für Regierungen anderer Länder, für internationale Auftraggeber wie die Europäische Kommission, die Vereinten Nationen oder die Weltbank sowie für Unternehmen der privaten Wirtschaft. Die XYZ GmbH war in 130 Ländern aktiv und unterhielt in 87 Ländern Büros (u.a. in Indonesien/Jakarta). Sie nahm ihre Aufgaben gemeinnützig wahr. Zum 01.01.2011 ist die XYZ GmbH in der Deutschen Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgegangen.

Der Kläger war im Streitjahr Angestellter der XYZ GmbH und vom 28.01.2008 bis zum 31.12.2008 im Rahmen der Technischen Zusammenarbeit zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Indonesien im XYZ GmbH in Jakarta, Indonesien als „Ländermanager Ausland” tätig. Auf die Gehaltszahlungen nahm die XYZ GmbH keinen Lohnsteuerabzug vor, da das Finanzamt A-Stadt auf Antrag der XYZ GmbH nach Prüfung des Sachverhaltes eine Bescheinigung über die Freistellung des Arbeitslohns vom Steuerabzug auf Grund eines Abkommens zur Vermeidung der Doppelbesteuerung erteilt hatte (Bescheinigung vom 27.02.2008, Anlage 2, Bl. 53 d. A.). Ein Arbeits- oder Vertragsverhältnis des Klägers zum BMZ bestand nicht.

Aufgabe des Klägers war die Unterstützung der Büroleitung beim sog. Portfolio Management, d.h. Betreuung des gesamten Projektzyklus von Vorbereitung, Angebotserstellung über Implementierung bis hin zu den Schlussberichten und der Abrechnung. Weitere Aufgabe des Klägers war u.a. die Betreuung des Büroumzuges in Jakarta. Di...

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