Entscheidungsstichwort (Thema)

Daytrading-Geschäfte einer GmbH keine „Termingeschäfte” i. S. d. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG, sondern Kassageschäfte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Von einer GmbH getätigte „Daytrading-Geschäfte” über Devisen sind keine Termingeschäfte i. S. d. § 15 Abs. 4 S. 3 EStG, sondern Kassageschäfte. Bei betrieblicher Veranlassung der Daytrading-Geschäfte mindern dadurch erzielte Verluste als Betriebsausgaben den Gewinn der GmbH.

2. Der Auffassung der Finanzverwaltung im BMF-Schreiben v. 27.11.2001, IV C 3 -S 2256 – 265/01, BStBl 2001 I 986, wonach unter einem Termingeschäft sämtliche als Options- oder Festgeschäft ausgestalteten Finanzinstrumente sowie Kombinationen zwischen Options- und Festgeschäften, deren Preis unmittelbar oder mittelbar vom Börsen- oder Marktpreis bestimmter Basiswerte, vom Kurs von Devisen oder Rechnungseinheiten oder von Zinssätzen oder anderen Erträgen abhängt, zu verstehen sind, wonach nur auf die Art der getätigten Geschäfte und nicht auf dessen zeitlichen Ablauf abzustellen ist und wonach zwischen Kassa- und Termingeschäften nicht zu unterscheiden ist, wird nicht gefolgt.

3. Nach dem Urteil des BGH v. 18.12.2001 (XI ZR 363/00, BGHZ 149, 294-302; NJW 2002, 892-894) handelt es sich bei Devisen-Daytrading-Geschäften um Kassageschäfte und nicht um Börsentermingeschäfte, weil sie binnen der für Kassageschäfte üblichen Frist von zwei Tagen zu erfüllen sind. Daytrading-Geschäfte werden teilweise mit Stop-loss-Order bzw. mit Take-profit-Order abgeschlossen und zumeist noch am selben Tag, spätestens aber binnen zwei Tagen durch Gegengeschäfte glattgestellt.

 

Normenkette

KStG § 8 Abs. 1 S. 1; EStG 2002 § 15 Abs. 4 S. 3, § 23 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, § 4 Abs. 4; WpHG § 2 Abs. 2 Nr. 1; KWG § 1 Abs. 11 S. 4 Nr. 1

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 21.02.2018; Aktenzeichen I R 60/16)

 

Tatbestand

Strittig ist, ob Verluste aus sog. Daytrading-Geschäften über Devisen als Betriebsausgaben den Gewinn einer GmbH mindern können.

Die Klägerin ist in der Rechtsform einer GmbH im Bereich der Planung und Durchführung von Bauvorhaben und Baureparaturen, als Bauträger und Baubetreuer, der Vermietung und Verpachtung, des Verkaufs von Grundstücken und Gebäuden sowie der Maklertätigkeit nach § 34c der Gewerbeordnung tätig. Ferner bietet sie Serviceleistungen für Immobilien wie Pflege von Datenbanken, Hausverwaltung, Wertgutachten, Hausmeisterdienste u. ä. an.

In ihrer Gewinnermittlung des Streitjahres hatte sie Verluste aus Geschäften bei der A Bank in B in Höhe von 1.440.541,00 Euro gewinnmindernd als Betriebsausgaben gebucht: Nach den Erläuterungen im Bericht über die Prüfung des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2007 durch die C Wirtschaftsprüfungs-GmbH vom 30. Oktober 2008 heißt es dazu unter Tz. B. I.1.3:

„Das Unternehmen hatte im Geschäftsjahr erhebliche Verluste durch Währungstermingeschäfte zu verzeichnen (TEUR 1.440,5). Über die A Bank wurden Finanzterminkontrakte durch die Geschäftsleitung abgebildet, speziell wurden Währungsswapgeschäfte eingegangen. Die Aktivitäten über die A Bank wurden zum 4. Quartal 2007 eingestellt.”

Nach den Feststellungen einer für die Veranlagungszeiträume 2006 bis 2009 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung unterhielt diese seit Mitte 2007 ein Konto bei der A Bank in B, worüber sie sog. Daytrading-Geschäfte über Devisen ausführte. Die im Streitjahr durchgeführten Transaktionen führten insgesamt zu einem Verlust von 1.440.541,17 Euro. In den nachfolgenden Jahren 2008 und 2009 ergaben sich Verluste von 55.159,65 Euro und 1.230.976,48 Euro.

Die Prüferin vertrat die Auffassung, dass die abgewickelten Transaktionen Termingeschäfte seien. Daraus entstehende Verluste würden unter die Verlustabzugsbeschränkung des § 15 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i.V.m. § 8 Abs. 1 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) fallen, so dass die gebuchten Verluste nicht gewinnmindernd anerkannt werden könnten.

Der Beklagte folgte dieser Ansicht und erließ in Auswertung des Betriebsprüfungsberichtes vom 19. Dezember 2013 unter dem Datum vom 29. Januar 2014 einen geänderten Bescheid über Körperschaftsteuer und Solidaritätszuschlag 2007 und setzte die Körperschaftsteuer mit 80.898,00 Euro fest. Zugleich hob er den bisherigen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Körperschaftsteuer auf den 31.12.2007 auf. Ferner erfolgte erstmals mit Bescheid vom gleichen Datum die gesonderte Feststellung der nicht abzugsfähigen Verluste nach § 15 Abs. 4 EStG i.V.m. § 8 Abs. 1 KStG zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2007 mit einem verbleibenden Verlust von 1.440.541 Euro.

Mit ihren dagegen erhobenen Einsprüchen machte die Klägerin zunächst sinngemäß geltend, dass eine außerbilanzielle Zurechnung der Verluste zum Gewinn nicht nach den Grundsätzen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) in Frage käme. Eine vGA könne nur dann anzunehmen sein, wenn die Gesellschaft nur im Interesse eines oder mehrerer Gesellschafter Geschäfte tätige und ihr aus diesem Anlass Ve...

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