Entscheidungsstichwort (Thema)

Von einer Rechtsanwaltskanzlei für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung gezahlte Versicherungsbeiträge auch bei einem die Mindestversicherungssumme übersteigenden und sich ausdrücklich auf die angestellten Rechtsanwälte erstreckenden Versicherungsschutz kein Arbeitslohn für ihre angestellten Rechtsanwälte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Zahlung der Beiträge zur im eigenen Namen und auf eigene Rechnung abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherung (Vermögensschadenshaftpflichtversicherung) einer Rechtsanwalts-GbR für ihre eigene „Tätigkeit als Rechtsanwalt” ist auch dann kein Arbeitslohn für die von der GbR angestellten Rechtsanwälte, wenn die GbR als Arbeitgeberin einen die Mindestversicherungssumme (§ 51 BRAO) übersteigenden Versicherungsschutz gewählt hat und sich der Versicherungsschutz auch auf die in der Anlage zum Versicherungsschein namentlich aufgeführten angestellten Rechtsanwälte erstreckt (Abgrenzung zum BFH, Urteil v. 26.7.2007, VI R 64/06; Anschluss an BFH, Urteil v. 10.3.2016, VI R 58/14); insoweit ist unerheblich, ob die angestellten Rechtsanwälte zusätzlich zur versicherungsrechtlichen Absicherung für die Tätigkeit in der Kanzlei des Arbeitgebers auch noch im eigenen Namen eine Vermögensschadenshaftpflichtversicherung i. S. v. § 51 BRAO abgeschlossen haben.

2. Die früherer Rechtsprechung, wonach die Übernahme der Beiträge für eine Berufshaftpflichtversicherung durch den Arbeitgeber eines angestellten Rechtsanwalts unabhängig davon steuerpflichtiger Arbeitslohn sein soll, ob der Arbeitgeber selbst Versicherungsnehmer der Berufshaftpflichtversicherung ist oder ob er nur die Beiträge aus einer Versicherung des Arbeitnehmers trägt und ob der Arbeitgeber im Hinblick auf die Haftungsrisiken aller weiteren Sozien ein Interesse an einer die Mindestsumme übersteigenden Versicherungssumme für den angestellten Rechtsanwalt hat, ist spätestens durch das BFH-Urteil v. 10.3.2016 (Az.: VI R 58/14) überholt.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 2, § 42d Abs. 1 Nr. 1; BRAO § 51

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 01.10.2020; Aktenzeichen VI R 12/18)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob und ggf. in welchem Umfang die durch die Klägerin gezahlten Versicherungsbeiträge für ihre eigene Berufshaftpflichtversicherung (Vermögenschadenshaftpflichtversicherung) Werbungskostenersatz zugunsten ihrer angestellten Rechtsanwältinnen und Rechtsanwälte darstellen und diese Beiträge somit als Lohn zu werten sind.

Die Klägerin, eine GbR, betreibt eine Rechtsanwaltskanzlei, bei welcher zwischen 15 und 20 Rechtsanwälte angestellt sind. Zusätzlich gibt es 5 Partner.

Ausweislich des Versicherungsscheines vom 20.06.2011 der A-Versicherung mit der Versicherungsnummer 01 wurde eine Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung abgeschlossen, wonach als Versicherungsnehmer die Klägerin und die „Tätigkeit als Rechtsanwalt” als versichertes Risiko bezeichnet wurden. Der Versicherungsschein enthält eine Liste mit Namen der versicherten Rechtsanwälte, nach der neben den Gesellschaftern der Klägerin auch die in einem Dienstverhältnis mit der Klägerin stehenden Rechtsanwälte versichert sind.

In § 7 der Anlage zum Versicherungsschein ist Folgendes geregelt :

„1. Soweit sich die Versicherung auf Haftpflichtansprüche gegen andere Personen als den Versicherungsnehmer selbst erstreckt, finden alle in dem Versicherungsvertrag bezüglich des Versicherungsnehmers getroffenen Bestimmungen auch auf diese Personen sinngemäße Anwendung. Die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag steht ausschließlich dem Versicherungsnehmer zu, dieser bleibt neben dem Versicherten für die Erfüllung der Obliegenheiten verantwortlich.

2. Mitversicherte Personen können ihre Versicherungsansprüche selbständig geltend machen. Dasselbe gilt für Sozien, die im Versicherungsschein oder in einem Nachtrag zum Versicherungsschein namentlich genannt sind.”

Es ist nicht bekannt, ob und wie viele der angestellten Rechtsanwälte im Streitzeitraum eine eigene Versicherung abgeschlossen hatten. Ursprünglich hatte jeder Rechtsanwalt eine eigene Versicherung und die Beiträge wurden erstattet. Dieses Modell wurde sodann auf die streitgegenständliche Sozietätsversicherung umgestellt. Inzwischen sind alle Rechtsanwälte zusätzlich zur sozietätsübergreifenden Versicherung über eine eigene Versicherung bei derselben Gesellschaft abgesichert.

In dem 20jährigen Bestehen der Kanzlei wurde noch nicht ein einziges Mal ein Rechtsanwalt allein in Anspruch genommen. Es wurde jeweils die Klage gegen die Gesellschafter gerichtet. Die Angestellten wurden nie mit verklagt. Vertragspartner der streitigen Vermögensschadenshaftpflichtversicherung ist die GbR. Die Versicherungssumme ist abgestimmt auf die Höhe der Versicherung bei Wirtschaftsprüfern.

Die bestehende Versicherung ist wesentlich höher als die gesetzliche Mindestversicherung von 250.000 EUR. Die Mindestversicherung ist gedeckelt auf 1 Mio. EUR Gesamtschaden pro Jahr. Die Kanzlei hat für jeden Einzelfall eine Höchstgrenze von 1 Mio...

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