Zusammenfassung

 
Begriff

Um einer rechtsformneutralen Besteuerung näher zu kommen und die Eigenkapitalausstattung zu stärken, wurde eine Steuerbegünstigung für von Einzelunternehmern und Gesellschaftern von Personengesellschaften thesaurierte Gewinne eingeführt (Gesetz v. 14.8.2007, BGBl 2007 I S. 1912). Bestimmte Gewinne werden danach einmal im Jahr der Thesaurierung und ein zweites Mal bei späterer Entnahme sowie in gleichgestellten Fällen versteuert.

 
Gesetze, Vorschriften und Rechtsprechung

Die "Begünstigung der nicht entnommenen Gewinne" ist in § 34a EStG geregelt; die Vorschrift wurde durch die Gesetze v. 18.7.2016 (BGBl 2016 I S. 1679) und v. 27.6.2017 (BGBl 2017 I S. 2074) geändert. Die ursprüngliche Fassung der Regelung warnach § 52 Abs. 34 EStG erstmals für den Veranlagungszeitraum 2008 anzuwenden. Das BMF hat zu § 34a EStG in einem Anwendungsschreiben (BMF, Schreiben v. 11.8.2008, IV C 6 – S 2290-A/07/10001, BStBl 2008 I S. 838) Stellung bezogen.

1 Funktionsweise der Regelung

Nicht entnommene Gewinne von Einzelunternehmern, Gesellschaftern von Personengesellschaften und persönlich haftenden Gesellschaftern von KGaA können unter bestimmten Voraussetzungen mit 28,25 % Einkommensteuer zuzüglich 5,5 % Solidaritätszuschlag besteuert werden. Werden diese Gewinne später entnommen, erfolgt eine Nachversteuerung mit 25 %, wiederum zuzüglich Solidaritätszuschlag.[1]

Bemessungsgrundlage für die Nachsteuer ist der nicht entnommene Gewinn abzüglich der darauf bei der Thesaurierung angefallenen Steuerbelastung.

 
Praxis-Beispiel

Beispiel 1: Vergleich Thesaurierung – Sofortversteuerung

Ein bilanzierender Unternehmer weist einen nicht entnommenen Gewinn i. H. v. 100.000 EUR aus, den er im Fall 1 zunächst thesauriert, später entnimmt, und im Fall 2 sofort versteuert. Dabei wird zur Verdeutlichung unterstellt, dass der Gewinn in vollem Umfang dem Spitzensteuersatz von 45 % unterliegt.

 
Fall 1 Fall 2
Nicht entnommener Gewinn 100.000 EUR Gewinn 100.000 EUR
./. Einkommensteuer (28,25 %) ./. 28.250 EUR ./. Einkommensteuer (45,00 %) ./.45.000 EUR
./. Solidaritätszuschlag (5,50 %) ./. 1.554 EUR ./. Solidaritätszuschlag (5,50 %) ./. 2.475 EUR
Nachzuversteuernder Betrag 70.196 EUR    
./. Einkommensteuer (25,00 %) ./. 17.549 EUR    
./. Solidaritätszuschlag (5,50 %) ./. 965 EUR    
Verbleiben nach Steuern 51.682 EUR Verbleiben nach Steuern 52.525 EUR
Gesamtsteuerbelastung 48.318 EUR Gesamtsteuerbelastung 47.475 EUR

Wie Beispiel 1 zeigt, ist die Gesamtsteuerbelastung bei Thesaurierung und späterer Entnahme höher als im Fall der sofortigen Besteuerung. Zu beachten ist jedoch, dass bei Thesaurierung Eigenkapital i. H. v. 70.196 EUR zur Verfügung steht, bei der Sofortbesteuerung dagegen nur 52.525 EUR verbleiben. Vorteilhaft wird die Thesaurierung erst durch die Investition des Differenzbetrags. Allerdings dürfte die in Beispiel 1 getroffene Annahme, dass der zur Steuerzahlung benötigte Betrag nicht aus Entnahmen bestritten wird, in der Praxis meist nicht aufrechtzuerhalten sein. Vielmehr wird regelmäßig nur der nach Abzug der Einkommen- und Gewerbesteuerbelastung verbleibende Gewinn thesauriert werden.

[1] Hinzu kommt außerdem u. U. Kirchensteuer, die im Folgenden jedoch vereinfachend nicht berücksichtigt wird. Die teilweise Abschaffung des Solidaritätszuschlags ab dem Veranlagungszeitraum 2021 betrifft letztlich auch den auf die Nachsteuer entfallenden Solidaritätszuschlag, so dass dieser in Abhängigkeit von der Höhe des zu versteuernden Einkommens auch bei einer Nachversteuerung vollständig oder teilweise entfallen kann. Da die Thesaurierung jedoch nur bei Steuerpflichtigen im Bereich des Spitzensteuersatzes sinnvoll ist, wird im Folgenden davon ausgegangen, dass die Nachsteuer stets 5,5 % Solidaritätszuschlag auslöst.

2 Anwendungsvoraussetzungen

Die Begünstigung nicht entnommener Gewinne gilt nach § 34a Abs. 1 EStG nur für Gewinne, die

  • aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb oder selbstständiger Arbeit stammen,
  • durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 oder § 5 EStG ermittelt werden und
  • von Einzelunternehmern, natürlichen Personen als Gesellschaftern von Mitunternehmerschaften sowie von persönlich haftenden Gesellschaftern von KGaA erzielt werden.

Die Thesaurierungsbegünstigung kann betriebs- bzw. gesellschafterbezogen beantragt werden. Sie gilt für unbeschränkt und beschränkt Steuerpflichtige. Unterhält ein Steuerpflichtiger mehrere bilanzierende Einzelunternehmen bzw. Beteiligungen an bilanzierenden Personengesellschaften, kann er mit Blick auf den Gewinn jedes Unternehmens bzw. jeder Mitunternehmerschaft entscheiden, ob er hierfür die Steuerbegünstigung beantragen will. Dabei kann sich der Antrag auf den gesamten nicht entnommenen Gewinn oder nur auf einen Teil dieses Gewinns beziehen.

Damit kann jeder Mitunternehmer das Wahlrecht unabhängig von seinen Mitgesellschaftern ausüben. Allerdings ist hierbei die Einschränkung in § 34a Abs. 1 Satz 3 EStG zu beachten: Die Thesaurierungsbegünstigung kann nur beantragt werden, wenn der Anteil des Mitunternehmers am Gewinn mehr als 10 % oder mehr als 10.000 EUR b...

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