Leitsatz

Der Wert der Bereicherung ist bei einer gemischten Schenkung durch Abzug der – ggf. kapitalisierten – Gegenleistung vom Steuerwert zu ermitteln. Das gilt auch dann, wenn im Einzelfall der nach dem Bewertungsgesetz ermittelte Steuerwert hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt.

 

Normenkette

§ 1 Abs. 1 Nr. 2, § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG, § 5 Abs. 2, § 6, § 14 Abs. 2 BewG, § 69 FGO

 

Sachverhalt

Der Antragsteller erhielt im Juli 2014 von seinem Onkel als "Übergeber" ein Grundstück. Als Gegenleistung für die Übertragung wurde eine Rente vereinbart sowie die Verpflichtung, den Übergeber zu pflegen. Darüber hinaus behielt sich der Übergeber ein lebenslanges Wohnrecht an einer Wohnung vor. Bereits im Dezember 2014 verstarb der Übergeber im Alter von 83 Jahren.

Das FA betrachtete die Grundstücksübertragung als gemischte Schenkung und setzte entsprechend Schenkungsteuer fest. Nach Abzug des Wertes der Gegenleistungen von dem festgestellten Wert des Grundbesitzes besteuerte das FA einen Erwerb i.H.v. ca. 223.000 EUR. Hiergegen legte der Antragsteller Einspruch ein und beantragte vergeblich eine AdV. Das angerufene Hessische FG (Hessisches FG, Beschluss vom 26.10.2017, 1 V 1165/17, Haufe-Index 11402638, EFG 2018, 60) gab dem Antrag auf AdV teilweise statt. Als Begründung gab das Gericht an, die gemischte Schenkung sei im Wege einer Verhältnismäßigkeitsrechnung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen Teil aufzuteilen. Die Bereicherung betrage lediglich ca. 172.000 EUR. Letztendlich setzte das FG den Schenkungsteuerbescheid i.H.v. ca. 10.000 EUR von der Vollziehung aus.

Hiergegen hat sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde gewandt. Er ist der Auffassung, bei der Übertragung handle es sich um einen voll entgeltlichen Vertrag, der keine Schenkungsteuer auslöse.

 

Entscheidung

Die Beschwerde ist unbegründet. Über die gewährte AdV hinaus bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Besteuerung; insbesondere hat das FA die Übertragung des Grundstücks zutreffend als gemischte Schenkung angesehen. Die Gegenleistung des Antragstellers unterschreitet im Streitfall eine angemessene Gegenleistung um ca. 30 %, sodass ein hinreichendes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt. Allerdings sind die Risiken einer erhöhten Pflegebedürftigkeit des Übergebers nicht in den Wert der Gegenleistungen einzubeziehen, da es sich insoweit um eine aufschiebend bedingte Leistungsauflage handelt.

Der Wert der Bereicherung bei der gemischten Schenkung ist unter Berücksichtigung des Grundstückswerts und Abzug des Kapitalwerts der Nutzung- und Leistungsauflagen zu ermitteln. Bei der gemischten Schenkung, für die die Steuer nach dem 31.12.2008 entsteht, ist keine gesonderte Berechnung des Verhältnisses zwischen dem Verkehrswert des zugewendeten Gegenstands und dem Wert der Gegenleistung mehr erforderlich. Der Gesetzgeber hat die Bewertungsvorschriften so gefasst, dass durch die Bewertungsmethoden alle Vermögensgegenstände in einem Annäherungswert an den gemeinen Wert erfasst werden. Eine Wertkorrektur ist somit überflüssig; dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall der Steuerwert hinter dem gemeinen Wert zurückbleibt.

Der Kapitalwert der Nutzungsauflagen ist der tatsächlichen Dauer der Last anzupassen und zu kürzen. Eine entsprechende Kürzung der Leistungsauflagen kann dahinstehen. Unter Berücksichtigung aller Belastungen ergäbe sich nur ein auszusetzender Betrag von ca. 9.000 EUR. Das FG hat bereits eine AdV i.H.v. ca. 10.000 EUR gewährt.

 

Hinweis

Der Besprechungsfall handelt von einem Überga­bevertrag. Ein Grundstück wird u.a. gegen Zahlung einer Rente und Einräumung eines Wohnrechtes übertragen. Die Besonderheit des Falles besteht in der ausdrücklichen Feststellung des BFH, dass seit 2009 auch bei einer gemischten Schenkung keine Wertanpassung mehr erfolgen muss.

Denn in der Vergangenheit war insbesondere wegen der Unterbewertung von Grundstücken bei gemischten Schenkungen mit Leistungsauflagen u. a. eine Wertanpassung durchzuführen. Erhielt der Zuwendungsempfänger ein Grundstück mit einem Verkehrswert von 200 und einem Steuerwert von 100 und wollte er eine Gegenleistung von 100 abziehen, so wurden ihm unter Umständen nur 50 zugebilligt. Ebenso kam es bei teilentgeltlichen Leistungen (gemischten Schenkungen) zu  einer Aufteilung und Kürzung von Gegenleistungen im Hinblick auf den unentgeltlichen Anteil.

Seitdem der Gesetzgeber jedoch den Verkehrswert zum Steuerwert erhoben hat, ist die Notwendigkeit für eine solche Anpassung grundsätzlich entfallen. Mit der Entscheidung des BVerfG vom 7.11.2006 (1 BvL 10/02, BFH/NV Beilage 2007, 237, BStBl II 2007, 192) und der dort festgestellten unzulässigen Ungleichbehandlung verschiedener Vermögensarten wurde eine Reform des Bewertungsgesetzes erforderlich, da das BVerfG eine Ausrichtung der Bewertung für die Erbschaftsteuer am gemeinen Wert (Verkehrswert) i.S.d. § 9 Abs. 2 BewG forderte. Der Gesetzgeber hat diese Forderung ab 1.1.2009 durch das Erbschaftsteuerreformgesetz (vom 24.12.2...

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