Leitsatz

Bei einer Organschaft bezieht der Organträger die Eingangsleistung, so dass es für § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG auf die Außenumsätze des Organkreises ankommt.

 

Normenkette

§ 2 Abs. 2 Nr. 2, § 13b UStG

 

Sachverhalt

Der Kläger, ein Einzelunternehmer, war Mehrheitsgesellschafter der X-GmbH (GmbH). Die GmbH erbrachte Bauleistungen an Schwestergesellschaften für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Umsätze im Rahmen von Bauträgertätigkeiten. Die GmbH beauftragte ihrerseits andere Unternehmer (Drittunternehmer), an denen der Kläger nicht beteiligt war, mit der Erbringung von Bauleistungen. Die Drittunternehmer und die GmbH gingen dabei von einer Steuerschuldnerschaft der GmbH aus.

Das FA ging im Anschluss an Außenprüfungen davon aus, dass zwischen dem Kläger als Organträger sowie der GmbH und ihren Schwestergesellschaften als Organgesellschaften eine Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG gegeben sei. Es ergingen Änderungsbescheide, in denen das FA die Organschaft für alle Streitjahre anerkannte und die Steuerschuld für die von der GmbH bezogenen Bauleistungen beim Kläger erfasste. Im Einspruchsverfahren machte der Kläger hiergegen geltend, dass die Voraussetzungen für eine Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers auf der Grundlage des BFH-Urteils vom 22.8.2013, V R 37/10, BStBl II 2014, 128, BFH/NV 2014, 130, nicht gegeben seien. Zwar habe die GmbH die von den Drittunternehmern bezogenen Bauleistungen dazu verwendet, gegenüber ihren Schwestergesellschaften Bauleistungen zu erbringen. Aufgrund der Organschaft sei dies aber als Innenumsatz unbeachtlich. Maßgeblich sei daher, dass die von der GmbH als Organgesellschaft bezogenen Bauleistungen vom Organkreis für nach § 4 Nr. 9 Buchst. a UStG steuerfreie Grundstückslieferungen verwendet worden seien. Mit Einspruchsentscheidung vom 13.6.2016 wies das FA den Einspruch insoweit als unbegründet zurück. Demgegenüber hatte die Klage zum FG (FG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 12.9.2019, 2 K 2161/16, Haufe-Index 13475475, EFG 2019, 1802) Erfolg.

 

Entscheidung

Der BFH bestätigte die Entscheidung der Vorinstanz.

 

Hinweis

1. Der BFH setzt seine ständige Rechtsprechung fort, nach der Organträger und Organgesellschaft als ein Unternehmen und damit im Ergebnis wie Stammhaus und Betriebsstätte zu behandeln sind.

Dies begründet sich daraus, dass die durch § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG angeordnete Unselbstständigkeit der Organgesellschaft dazu führt, dass deren Tätigkeit dem Organträger zuzurechnen ist. Im Rahmen der Organschaft kommt der in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 3 UStG angeordneten Behandlung der inländischen Unternehmensteile als ein Unternehmen Vorrang gegenüber der sich aus § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 UStG ergebenden Beschränkung der Organschaft auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen des Organkreises zu. Daraus folgt nicht nur die Nichtsteuerbarkeit von sog. ­Innenumsätzen zwischen den Mitgliedern des ­Organkreises; vielmehr hat der Organträger auch die Umsätze der Organgesellschaften als Außenumsätze zu versteuern. Damit wirkt sich die or­ganschaftliche Verbindung nicht nur im Innenverhältnis aus z.B. bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs, der sich nach der Verwendung von Eingangsleistungen für Außenumsätze des Organkreises (und nicht nach der Verwendung für Innenumsätze) richtet, sondern auch auf die dem Organträger zuzuordnenden Außenumsätze und deren umsatzsteuerrechtliche Qualifikation.

2. Dies ist auch beim reverse charge nach § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG zu beachten. Für die Frage der Verwendung einer von der Organgesellschaft bezogenen Leistung kommt es daher auf die dem Organträger zuzuordnenden Außenumsätze und nicht auf nichtsteuerbare Innenumsätze der Unternehmen des Organkreises an.

Bestätigt wird dies durch den Wortlaut von § 13b Abs. 5 Satz 2 i.V.m. Abs. 2 Nr. 4 UStG. Danach ist Steuerschuldner der Leistungsempfänger, wenn er ein Unternehmer ist, der die dort beschriebenen Bauleistungen erbringt. Die Unternehmereigenschaft richtet sich dabei nach der allgemeinen Unternehmerdefinition in § 2 UStG. Mithin ist auch insoweit die Sonderregelung zur Organschaft nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG zu beachten. Unternehmer im Rahmen der Organschaft ist nur der Organträger, da die Organgesellschaften ihre Tätigkeiten nicht selbstständig ausüben.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 23.7.2020 – V R 32/19

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