1 Systematische Einordnung

Steueroasen sind Staaten oder Gebiete, die niedrige oder keine Ertragsteuern erheben und damit Stpfl. die Möglichkeit eröffnen, durch Verlagerung von Steuersubstrat die Steuerlast zu minimieren. International knüpfen Regelungen gegen Steueroasen aber nicht so sehr an niedrige oder fehlende Steuern an, sondern daran, dass diese Staaten oder Gebiete keine Vereinbarungen über einen grenzüberschreitenden Auskunftsverkehr abschließen oder tatsächlich an ausl. Finanzbehörden keine Auskünfte erteilen (sog. nicht kooperierende Staaten oder Gebiete). Von den Maßnahmen gegen diese international als "räuberisch" (predatory) bezeichneten Praktiken können daher auch Staaten oder Gebiete betroffen sein, deren Besteuerung nicht unbedeutend ist.[1]

Als Maßnahme gegen Verlagerung von Besteuerungssubstrat in niedrig besteuernde Gebiete hat die OECD den Art. 26 OECD-MA über den Informationsaustausch neu gefasst und für die Fälle, in denen kein DBA besteht, ein Musterabkommen über den Informationsaustausch in Steuersachen veröffentlicht (Tax Information Exchange Agreement –TIEA). Vgl. "Auskunftsverkehr". Deutschland ist gegenwärtig dabei, solche Abkommen über den Informationsaustausch mit einer Mehrzahl von Staaten zu vereinbaren, mit denen wegen der niedrigen Besteuerung kein DBA abgeschlossen werden soll.

Parallel hierzu hat Deutschland eine Reihe von nationalen steuerlichen Vorschriften für Wirtschaftsbeziehungen zu solchen Staaten und Gebieten eingeführt, die den steuerlichen Auskunftsverkehr ablehnen (nicht kooperierende Gebiete).

[1] BT-Drs. 16/12028.

2 Inhalt

Als nicht kooperierende Gebiete, bei denen Wirtschaftsbeziehungen besonderen steuerlichen Regeln unterliegen, werden Staaten und Gebiete bezeichnet, mit denen kein Abkommen besteht, das die Erteilung von Auskünften entsprechend Art. 26 OECD-MA 2005 vorsieht, die keine vergleichbaren Auskünfte erteilen oder keine Bereitschaft hierzu zeigen. Art. 26 OECD-MA enthält eine umfangreiche Neufassung der Auskunftsklausel, die die Staaten insbesondere verpflichtet, Auskünfte ohne Rücksicht auf ein etwaiges Bankgeheimnis zu erteilen; vgl. "Auskunftsverkehr".

Nach § 90 Abs. 2 S. 3 AO treffen den Stpfl. erweiterte Mitwirkungspflichten, wenn objektive Anzeichen dafür bestehen, dass der Stpfl. über Geschäftsbeziehungen zu Finanzinstituten in nicht kooperierenden Gebieten verfügt. In diesem Fall kann die Finanzbehörde verlangen, dass der Stpfl. die Richtigkeit seiner in der Steuererklärung gemachten Angaben an Eides statt versichert. Die Finanzbehörde kann auch verlangen, dass der Stpfl. sie bevollmächtigt, Auskunftsansprüche gegenüber dem Kreditinstitut in dem nicht kooperierenden Gebiet im Namen des Stpfl. außergerichtlich und gerichtlich geltend zu machen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, wird nach § 162 Abs. 2 S. 3 AO widerlegbar vermutet, dass Einkünfte aus den nicht kooperierenden Staaten vorhanden oder höher als erklärt sind. Außerdem kann ihn die Finanzverwaltung nach § 147a S. 6 AO zur Aufbewahrung von Unterlagen für 6 Jahre verpflichten und bei ihm Außenprüfungen nach § 193 Abs. 2 Nr. 3 AO durchführen.

Weitere Einschränkungen enthält die Steuerhinterziehungsbekämpfungsverordnung[1], die auf der Grundlage der Ermächtigungen in § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. f EStG, § 33 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. e KStG ergangen ist. Diese Einschränkungen gelten für natürliche Personen, Personengesellschaften und Körperschaften. Nach § 1 Abs. 1 VO können bei Einkünften aus nicht kooperierenden Staaten und Gebieten Betriebsausgaben und Werbungskosten nicht steuermindernd geltend gemacht werden. Einer ausl. Gesellschaft, die in einem nicht kooperierenden Gebiet ansässig ist, wird nach § 2 VO die Entlastung vom Steuerabzug versagt, wenn an ihr unmittelbar oder mittelbar natürliche Personen zu mehr als 10 % beteiligt sind; daneben gilt auch § 50d Abs. 3 EStG. Der Steuerabzug wird dann mit 25 % definitiv vorgenommen. Bei einem im Inland ansässigen Stpfl. sind nach §§ 3, 4 VO die §§ 3 Nr. 40, 32d Abs. 1, § 43 Abs. 5 EStG, § 8b Abs. 1, 2 KStG und vergleichbare Vorschriften eines DBA (internationales Schachtelprivileg) nicht anwendbar, soweit die Gewinnausschüttung über ein Kreditinstitut in einem nicht kooperierenden Gebiet erfolgt.

[1] SteuerHBekV v. 18.9.2009, BStBl I 2009, 1146.

3 Praxisfragen

Die Vorschriften über Besteuerung der Geschäftsbeziehungen zu nicht kooperierenden Gebieten sind so nachteilig für den Stpfl., dass diese Geschäftsbeziehungen wirtschaftlich unattraktiv werden können. Im Fokus der Finanzbehörden stehen dabei insbesondere Beziehungen zu Finanzinstituten in diesen Gebieten.

Deutschland hat mit einer Mehrzahl von niedrig besteuernden Staaten und Gebieten Auskunftsabkommen abgeschlossen oder ist darüber in Verhandlungen.[1] Entsprechende Auskunftsklauseln sind auch mit europäischen Staaten abgeschlossen worden, bei denen bisher der Auskunftsverkehr am Bankgeheimnis gescheitert war, wie Liechtenstein und Schweiz. Die Voraussetzungen für die Annahme eines nicht kooperierenden Gebietes liegen gegenwärtig bei ke...

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