Leitsatz

1. Bei einer Aufwärtsverschmelzung sind die Anteile an der übertragenden Körperschaft bei der übernehmenden Körperschaft nach § 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG zum steuerlichen Übertragungsstichtag mit dem Buchwert, erhöht um Abschreibungen, die in früheren Jahren steuerwirksam vorgenommen worden sind, sowie um Abzüge nach § 6b EStG und ähnliche Abzüge, höchstens mit dem gemeinen Wert, anzusetzen. Liegt der gemeine Wert der Anteile an der übertragenden Körperschaft unter dem Buchwert, muss hiernach vor der Verschmelzung eine Abstockung der Anteile vorgenommen werden. Der daraus errechnete Beteiligungskorrekturverlust ist bei der Ermittlung des Einkommens nach § 8b Abs. 3 Satz 3 (i.V.m. Abs. 2 Satz 1) KStG im Allgemeinen nicht zu berücksichtigen. Letzteres gilt nach § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG 2002 jedoch nicht für Anteile, die bei einem Lebensversicherungsunternehmen den Kapitalanlagen zuzurechnen sind (Abweichungen vom BMF-Schreiben vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, dort Tz. 12.03 Satz 4 i.V.m. Tz. 04.06 Satz 1).

2. Gem. § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG ist bei der ­Aufwärtsverschmelzung auf einen Übernahmege­winn i.S.d. § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG in dem Umfang, in dem die übernehmende Muttergesellschaft unmittelbar an der übertragenden Tochtergesellschaft beteiligt ist, § 8b KStG anzuwenden. Auf einen Übernahmeverlust findet § 12 Abs. 2 Satz 2 UmwStG hingegen keine Anwendung. Ein solcher Verlust bleibt vielmehr nach § 12 Abs. 2 Satz 1 UmwStG bei der übernehmenden Körperschaft außer Ansatz. So verhält es sich auch für Anteile, auf die bei einem Lebensversicherungsunternehmen § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG anzuwenden ist. Art. 7 Fusions-RL ändert daran nichts (Bestätigung des BMF-Schreibens vom 11.11.2011, BStBl I 2011, 1314, dort Tz. 12.06 Sätze 1 und 2).

 

Normenkette

§ 4 Abs. 1 Satz 2, § 12 Abs. 1 und Abs. 2 Sätze 1 und 2 UmwStG, § 8b Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 Satz 3 und Abs. 8 Satz 1 KStG 2002, Art. 7 Fusions-RL

 

Sachverhalt

Die Klägerin ist eine AG, die das Lebensversicherungsgeschäft betreibt. Sie war im Streitjahr 2006 an einem anderen Lebensversicherungsunternehmen, der X AG, beteiligt. Dem Beteiligungserwerb vorangegangen waren langwierige Auseinandersetzungen und Rechtsstreitigkeiten im Zusammenhang mit einem sog. Squeeze out (gemäß §§ 327a ff. AktG), die im Ergebnis bei der Klägerin zu hohen Anschaffungskosten für die Beteiligung führten. Anfang 2007 wurde die X AG rückwirkend zum 31.12.2006 im Wege der Verschmelzung durch Aufnahme nach § 2 Abs. 1 UmwG auf die Klägerin verschmolzen.

Die Klägerin erklärte aufgrund der – sich aus § 8b Abs. 8 Satz 1 KStG herleitenden – Steuerverstrickung der untergegangenen Beteiligung als Folge der Verschmelzung einen abzugsfähigen Verlust, den sie wie folgt errechnete: Der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 letzter Halbsatz UmwStG angesetzten gemeinen Wert der Anteile an der X AG einerseits und den (höheren) Anschaffungskosten andererseits ergab zunächst den sog. Abstockungsverlust. Dieser Verlust wurde sodann um den Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert der Beteiligung und dem nach Maßgabe von § 12 Abs. 1 Satz 1 UmwStG anzusetzenden Verschmelzungswert der übergegangenen Wirtschaftsgüter erhöht. Der so errechnete Verschmelzungsverlust belief sich auf besagten Gesamtverlust.

Das FA folgte dem nicht; es ließ den Abzug des gesamten Betrags unter Hinweis auf § 12 Abs. 2 ­Sätze 1 und 2 UmwStG nicht zu.

Die Klage gegen die hiernach ergangenen Steuerbescheide war erfolgreich (FG Baden-Württemberg, Urteil vom 9.7.2012, 6 K 5258/09).

 

Entscheidung

Der BFH hob das FG-Urteil auf. Er gab der Klage im Kern teilweise statt, nämlich bezogen auf den errechneten Abstockungsverlust. Diesbezüglich bedurfte es aber noch weitere Sachaufklärung zu den Beträgen und deswegen wurde die Sache an das FG zurückverwiesen. Bezogen auf die Berücksichtigung des Verschmelzungsverlustes als solchen wurde die Klage hingegen ohne Weiteres abgewiesen. Einzelheiten folgen aus den Praxis-Hinweisen.

 

Hinweis

1. Das Urteil betrifft die umwandlungsteuerrechtliche "Bewältigung" einer Aufwärtsverschmelzung von der Tochter- auf die Muttergesellschaft für den (Ausnahme-)Fall, dass die übernehmende Körperschaft einen Übernahmeverlust erleidet. Für diese Situation unterscheidet der BFH wie folgt:

Auf einer ersten Ermittlungsstufe ist der Übernahmewert nach § 12 Abs. 1 UmwStG zu errechnen. Der durch diese Vorschrift zur entsprechenden Anwendung in Bezug genommene § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwStG bestimmt den gemeinen Wert der übernommenen Anteile zum Ansatzhöchstwert. Liegt der gemeine Wert unter dem Buchwert, verlangt das in der Konsequenz zunächst eine Wertabstockung. Der Abstockungsbetrag unterfällt "allgemeinen" Rechtsregeln außerhalb der Besonderheiten des Umwandlungsteuerrechts. Anzuwenden ist folglich § 8b KStG. Für den betreffenden Verlust bedeutet das: Er ist nicht abziehbar. Das gebietet § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.

Auf einer zweiten Ermittlungsstufe ist sodann § 12 Abs. ...

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