Leitsatz

1. Die im Zusammenhang mit dem Erwerb von Anteilen an einem Investmentfonds gezahlten Zwischengewinne sind auch hinsichtlich geleisteter Ertragsausgleichsbeträge negative Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S. des § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG 2004 in der im Streitjahr 2008 anzuwendenden Fassung.

2. Leistet der Anleger bei Eintritt in den Investmentfonds über im Ausgabepreis enthaltene Ertragsausgleichsbeträge wirtschaftlich betrachtet eine Vorauszahlung auf Erträge, die Zwischengewinne i.S. des § 1 Abs. 4 InvStG sind, entfällt der Charakter der erbrachten Vorauszahlung nicht rückwirkend dadurch, dass der Ertragsausgleich zum Geschäftsjahresende nicht auch in Bezug auf die ausgeschütteten oder ausschüttungsgleichen Erträge durchgeführt wird und die geleisteten Ertragsausgleichsbeträge stattdessen erst bei der Berechnung der aus der Rückgabe der Fondsanteile vereinnahmten Zwischengewinne berücksichtigt werden.

 

Normenkette

§ 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG, § 1 Abs. 4, § 2 Abs. 1 Satz 1, § 9 InvStG

 

Sachverhalt

Der Kläger erwarb Ende des Jahres 2008 Anteile an einem luxemburgischen Investmentfonds. Ausweislich des Platzierungsmemorandums des thesaurierenden Fonds sollte ein Ertragsausgleich durchgeführt werden. Der Ausgabepreis je Anteil wurde unter Einbeziehung der bisherigen Fondserträge aus einem Bond-Stripping ermittelt. Bei dem Erwerb der Anteile zahlte der Kläger Zwischengewinne i.S.d. § 1 Abs. 4 InvStG.

Für die Jahre 2009 und 2010 wurden dem Kläger ausschüttungsgleiche Erträge und nach der Auflösung des Fonds im Jahr 2010 erhaltene Zwischengewinne aus der Rückgabe der Fondsanteile als Einnahmen aus Kapitalvermögen zugewiesen.

Das Bundeszentralamt für Steuern prüfte nach der Auflösung des Fonds die Besteuerungsgrundlagen. Hierbei stellte es fest, dass bei der Ermittlung der ausschüttungsgleichen Erträge des Geschäftsjahres 2008/2009 keine Ertragsausgleichsbeträge berücksichtigt worden waren. Daraufhin wurden die Ertragsausgleichsbeträge bei der Ermittlung der ausschüttungsgleichen Erträge des Geschäftsjahres 2009/2010 nacherfasst.

In seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 2008 machte der Kläger die bei dem Erwerb der Fondsanteile gezahlten Zwischengewinne als negative Einnahmen bei den Einkünften aus Kapitalvermögen des Klägers geltend. Das FA lehnte dies ab, da das Ertragsausgleichsverfahren auf der Fondsebene nicht für die ausgeschütteten und ausschüttungsgleichen Erträge, sondern nur für die Zwischengewinne gerechnet worden war. Damit habe der Fonds die für die Anerkennung negativer Einnahmen formulierten Anforderungen des BMF-Schreibens vom 9.3.2010, IV C 1‐S 1980‐1/09/10001 (HI 2308379) sowie des mit dem Jahressteuergesetz (JStG) 2010 vom 8.12.2010 (BGBl I 2010, 1768) eingefügten § 2 Abs. 5 InvStG nicht erfüllt.

Auf die von den Klägern erhobene Klage erließ das FG ein Zwischenurteil (FG Köln, Urteil vom 30.1.2018, 1 K 2992/13, Haufe-Index 11907680, EFG 2018, 1672). Mit diesem berücksichtigte es die bei dem Erwerb der Fondsanteile gezahlten Zwischengewinne im Streitjahr als negative Einnahmen bei den Einkünften des Klägers aus Kapitalvermögen. Es war der Auffassung, dass es für die Anerkennung negativer Einnahmen unschädlich sei, dass die ausschüttungsgleichen Erträge der Anleger für das Geschäftsjahr 2008/2009 auf der Fondsebene zunächst ohne Ertragsausgleichsbeträge ermittelt und bekanntgemacht worden seien. Dies führe zwar zu einem fehlerhaften Ansatz im Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2009, habe aber für die Anerkennung negativer Einnahmen des Klägers im Streitjahr keine Auswirkung.

 

Entscheidung

Der BFH hat die Revision des FA gegen das Zwischenurteil als unbegründet zurückgewiesen.

 

Hinweis

1. Der BFH hat auch in diesem Verfahren das Zwischenurteil des FG bestätigt. Danach sind die bei Erwerb der Fondsanteile gezahlten Zwischengewinne negative Kapitaleinkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 InvStG i.V.m. § 20 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Die Erläuterungen zu den Ausführungen des BFH sind identisch mit der vorstehend abgedruckten Kommentierung des taggleichen Zwischenurteils (BFH, Urteil vom 4.8.2020, VIII R 13/17, BFH/PR 2021, 104), so dass auf die dortigen Praxis-Hinweise verwiesen wird.

2. Das FG muss nach der Bestätigung des Zwischenurteils durch den BFH gemäß § 74 FGO das Verfahren aussetzen, um dem FA die Gelegenheit zu geben, darüber zu entscheiden, ob ein Steuerstundungsmodell nach § 15b EStG vorliegt. Es kann darüber nicht selbst entscheiden, da das Feststellungsverfahren nach § 15 Abs. 4 EStG vorgreiflich gegenüber der Einkommensteuerfestsetzung ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 4.8.2020 – VIII R 13/18

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